Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Kapitel 1
D ie goldene Lockenpracht ihrer Haare über das Kopfkissen verteilt, schimmert ihre Haut hell im Wetterleuchten, das hinter den Pecanobäumen vor dem Schlafzimmerfenster über den Himmel zuckt. Die Nacht ist heiß und drückend, Wolken wie mit Pferdeschweifen ans Firmament gepinselt; das Grollen des draußen über dem Golf rollenden Donners erinnert an einen Apfel, der über den Boden eines leeren Holzfasses kullert, und gegen den Ventilator am Fenster klatschen die ersten Regentropfen. Sie schläft auf der Seite, das Laken betont die Form ihrer Schenkel, den Schwung ihrer Hüfte, ihre Brust. Im Wetterleuchten wirken die Sommersprossen auf ihrer Schulter wie braune Sprünge an einer Marmorskulptur.
Plötzlich birst die Vordertür unter einem Brecheisen und fliegt aus den Angeln; zwei Männer in schweren Stiefeln stürmen ins Haus, die Vorderschaftrepetierer nach unten gerichtet. Der eine ist ein baumlanger Haitianer, der andere ein Latino, dessen Haar in öligen Locken vom Kopf hängt. Ohne ein Wort bauen sie sich am Fußende des Doppelbetts auf, in dem sie alleine schläft. Sie erwacht mit geöffnetem Mund, die Augen weit aufgerissen und ausdruckslos. Ihr Gesicht ist noch traumwarm, und sie kann die beiden Gestalten, die sie nur stumm anstarren, nicht von ihren Schlafbildern unterscheiden. Dann sieht sie, wie die beiden einen Blick austauschen und mit den Schrotflinten aus nächster Nähe auf ihre Brust zielen. Als sie meinen Namen herausschreit, trüben sich ihre Augen, und der Schrei erstirbt wie eine Luftblase, die an der Wasseroberfläche zerplatzt, in ihrer Kehle. Sie wickelt das Laken um ihre Hände, sie preßt es vor die Brüste, als ob es sie vor den zwölfkalibrigen Rotwildgeschossen und den groben Rehposten schützen könnte.
Sie schießen los, und der Raum explodiert förmlich im Rauch und Mündungsfeuer ihrer Schrotflinten, ist erfüllt mit Patronenfetzen, zerrissener Matratzenfüllung, Holzspänen vom Bettgestell, zertrümmerten Lampenschirmen und herumwirbelnden Glassplittern. Die beiden Killer überlassen nichts dem Zufall. Sie haben die Jagdflinten aller Sicherheitsvorkehrungen entledigt, so daß jetzt fünf Schuß ins Magazin passen, und sie hören nicht auf zu feuern und rauchende Hülsen auf den Fußboden auszuwerfen, bis die Schlagbolzen auf leere Kammern klicken. Dann laden sie mit der Gelassenheit von Waidmännern, die gerade aus der Deckung getreten sind und auf einen Schwarm Enten anlegen, ihre Waffen nach.
Das Laken ist zerfetzt, mit ihrem Blut durchtränkt, in ihre Wunden eingedrungen. Die Männer sind nun fort, und ich sinke neben meiner Frau auf die Knie, küsse die Augen, die nie mehr sehen werden, streichele durch ihr Haar und über ihr fahles Gesicht, führe ihre Finger an meinen Mund.
Ein einzelner Blutstropfen rinnt vom zertrümmerten Kopfbrett des Bettes hinunter und gerinnt auf meiner Haut. Ein Blitzstrahl schlägt in das abgeerntete Feld hinter dem Haus. Mein Kopf ist erfüllt mit feuchtem Schwefelgestank, und wieder höre ich jemanden meinen Namen schreien, wie eingeschlossene Luft, die vom sandigen Grund eines Teiches aufsteigt.
Es war vier Uhr in der Frühe, und es regnete heftig, als ich in einem Motel am westlichen Stadtrand von Baton Rouge aus meinem Traum erwachte. Nur in Unterwäsche saß ich auf dem Bettrand und versuchte, mir den Schlaf aus den Augen zu reiben, ging dann auf die Toilette, kehrte ins Schlafzimmer zurück und ließ mich in der Dunkelheit wieder auf dem Bett nieder.
Bis zum ersten Tageslicht waren es noch zwei Stunden hin, aber ich wußte, daß ich keinen Schlaf mehr finden würde. Ich zog mir Regenmantel und Hut über und fuhr mit meinem Pick-up zu einem Nachtcafé, das sich im Seitentrakt einer schindelgedeckten Straßenraststätte befand. Der Regen trommelte auf das Kabinendach des Lieferwagens, und der Wind blies kräftig von den Atchafalaya-Sümpfen im Südwesten und peitschte auf die Palmen und Eichen am Highway ein. Das westliche Baton Rouge, das jenseits des Mississippi beginnt, war schon immer eine zwielichtige Gegend, voller Fernfahrerspelunken, Zockertreffs, in denen kaum mal richtiges Geld auf dem Tisch liegt, und Pinten, in denen nur Schwarze und Malocher verkehren. Gen Osten hat man einen guten Blick auf die hellerleuchteten Stahlträger der Earl-K.-Long-Brücke, die Rauchwolken über den Ölraffinerien und das sich gegen den Regen abhebende Regierungsgebäude unseres Bundesstaates. Baton Rouge zählt zu den grünen Städten
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