Kautschuk
schon benutzt. Manches, was er in der Weinlaune gesprochen, war zweifellos von Interesse. Auf diese Weise erfuhr ich ja auch, daß er in einer gewissen Gegnerschaft zu Fortuyn steht.«
»So versuchen Sie es doch mal an der anderen schwachen Position ›Weib‹!« warf Bronker ein. »Ich erinnere mich, daß Sie damit während Ihrer Tätigkeit als Leiter unseres Nachrichtenbüros schon ganz gut operiert haben.«
Boffin kniff die Augen zusammen, als käme ihm plötzlich eine Idee. »Ich glaube, meine Herren ... vielleicht ... es wäre durchaus möglich, wenn mir ein geeignetes Objekt zur Verfügung stünde ... worüber ich mir im Augenblick nicht klar bin ...«
»Nun gut! Überlegen Sie sich die Sache gründlich!« fuhr Bronker fort. »Haben Sie sich übrigens unsern Chemiker Smith unten im Büro angesehen, auf den ich Sie aufmerksam machte?«
»Ja, Herr Bronker. Es ist ausgeschlossen, den Mann nach Deutschland zu bringen. Er spricht zwar korrektes Deutsch, aber sein Akzent würde ihn sofort verraten. Das ist, wie schon früher gesagt, die größte Schwierigkeit: ausgebildete Chemiker zu bekommen, die geeignet sind, für uns bei den MEA-Werken zu arbeiten. Es ist nicht nur die Angst vor Strafe. Sie scheuen auch das entbehrungsreiche Leben dort. Nur als gewöhnliche Arbeiter kann man sie reinbringen – und wie solche müssen sie auch leben, um sich nicht zu verraten. Das paßt nicht jedem.«
»Hm!« Hopkins stieß es durch die Zähne. »Da hätte ich ...«
»Was meinen Sie?« fragte Boffin.
»Schon gut! Ich dachte eben an etwas. Später davon!«
»Noch eine Frage«, wandte sich Bronker an Boffin. »Wissen Sie Näheres über die Gegnerschaft dieses Direktors Düsterloh gegen Fortuyn?«
Boffin machte eine zweifelnde Handbewegung. »Darüber kann ich nicht mal Vermutungen aussprechen.«
»Es wäre wichtig, Herr Boffin, ob außer Düsterloh etwa noch andere Mitglieder des Direktoriums persönliche Gegner Fortuyns sind. Bitte, merken Sie sich diesen Punkt genau und geben Sie uns darüber sobald wie möglich Bericht!«
Hopkins stand auf. »Ich muß jetzt fort. Kommen Sie morgen um diese Zeit noch einmal hierher, Herr Boffin! Vielleicht, daß ich Ihnen noch etwas zu sagen hätte.«
Er verließ mit kühlem Gruß den Raum. Ein kurzes Telefongespräch noch, bei dem eine weibliche Stimme ihm antwortete; dann stand er auf der Straße. Blieb plötzlich stehen, sah auf die Uhr. »Ah, Teufel! Hätte ja bald mein ›Paket‹ vergessen!« Er ging in das Gebäude zurück und trat nochmals in die Telefonzelle. Wieder war’s eine Frauenstimme, die ihm antwortete; doch jene andere als vorher.
»Unmöglich, teuerste Dolly!« sagte Hopkins. »Ich habe noch eine wichtige Konferenz. In zwei Stunden spätestens sehen Sie mich zu Ihren Füßen ... Werden wir allein sein? Wie? Nein? Maud Russel wird da sein? O – schade ... Wie meinen Sie, Dolly? Aber gewiß doch! Warum soll ich lügen? Ich kann ihr langweiliges Milchgesicht nicht ausstehn. Nun, vielleicht geht sie bald ... Auf Wiedersehen in zwei Stunden!«
Er eilte zu seinem Wagen. »Erst mal zu Juliette!« Er nannte dem Chauffeur eine Adresse, sprang in den Wagen. »Damned – wenn ich Dolly vergessen hätte!«
Dolly, Dolly Farley – Schwergewicht an Körper und Aktien – war die nächste Position, die Hopkins auf seinem Eroberungsplan vorgemerkt hatte. An dem Tag, an dem sie die Seine würde, konnte er in der Generalversammlung ihre vereinigten Aktienpakete in die Waagschale werfen. Wer Dollys Bild sah, hätte allerdings an Hopkins gutem Geschmack zweifeln können. Aber dem war nicht so: Hopkins war sogar ein Mann von feinstem Geschmack. Doch er konnte den auch verleugnen – wie er es eben getan, als er Maud Rüssel, deren Schönheit er bewunderte, ein langweiliges Milchgesicht nannte ... »Zu Juliette!« sagte er nochmals vor sich hin. »Möglich, daß ich’s mit ihrer Hilfe schaffe. Wird ja nicht ganz einfach sein, aber es muß versucht werden!« —
Juliette Hartlaub lag noch zu Bett, als der Telefonanruf Hopkins sie weckte. Sie überlegte kurz: Sollte sie ihn im Bett empfangen oder sollte sie sich schnell ankleiden? Ehe sein Auto durch das Gewühl des Straßenverkehrs hierherkäme, mochte eine gute Viertelstunde verstreichen.
Da fiel ihr das neue Negligé ein, in dem Steve sie noch nicht gesehen hatte. Sie eilte zu einem Schrank und warf es über. Trat vor den Toilettenspiegel, drehte und beschaute sich von allen Seiten. Je länger sie stand, um so heiterer ward ihre
Weitere Kostenlose Bücher