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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Geld, das wohlverwahrt in seiner Brusttasche ruhte, die Fahrkarte ... von wem stammten sie? Wer war der unbekannte Wohltäter? Kaum daß er sich von der ersten Überraschung erholt, war es ihm klar geworden: Nur von Juliette konnte das kommen. Von ihr allein – oder auf Hopkins Veranlassung? Einerlei: aus seiner Tasche kam es jedenfalls!
    Im ersten Augenblick der Erkenntnis hatte er es trotzig zurückschicken wollen. Doch da gaukelten ihm wieder die alten Träume durch den Sinn. Schicksalsfügung! Nicht anders konnte, durfte er es auffassen. Hopkins indirekt der Verführer, als er in der schlimmsten Nachkriegszeit seine Stellung in Ludwigshafen bei Nacht und Nebel verließ, um seine dort erworbenen Kenntnisse im Ausland in Devisen umzumünzen. Hopkins wieder war es, der ihn auf die Straße warf, als er alles gegeben, was er besaß; auch Juliette, sein Teuerstes. Berufsehre – Mannesehre – alles hatte er ihm genommen!
    Sich rächen! Wenn möglich, wieder gutmachen, was er gefehlt! Das war ihm in den Elendsnächten der letzten Monate als höchstes Lebensziel erschienen. Er war verzweifelt bei dem Gedanken, daß diese Pläne nur immer Träume bleiben, wohl nie verwirklicht werden könnten. Jetzt ... eine höhere Macht mußte es sein, die ihm durch den Verführer selbst die Mittel und Wege bot, alles das zur Tat werden zu lassen.
    Er wußte, wie wichtig für Hopkins, als den Leiter des großen United-Chemiekonzerns, die Ergebnisse gerade der mitteleuropäischen Werke waren. Dem Paroli bieten, dabei seine Ehre wiedergewinnen – jetzt konnte er’s! Alle Schwierigkeiten dabei hatte er schon bedacht. Zunächst natürlich mußte er sich falsche Papiere besorgen. Denn als Chemiker Hartlaub stand er seit seinem fluchtartigen Abgang von Ludwigshafen auf der schwarzen Liste. Nur unter anderem Namen und in anderer Stellung durfte er es wagen, in einem großen Werk Anstellung zu suchen.

Prüfend hielt Dr. Rudolf Wendt im Laboratorium der MEAWerke in Langenau ein Reagenzglas gegen das Licht. Kopfschüttelnd betrachtete er die Flüssigkeit darin, während seine Rechte mechanisch im Versuchsprotokoll blätterte. »Verflucht und dreimal zugenäht! Wieder nichts! Es klappt nicht! Wie Fortuyn sich das denkt, möcht’ ich wissen. Was meinen Sie, Kollege Lehnert?«
    Der andere Assistent neben ihm zuckte die Achseln und brummte vor sich hin: »Wer weiß, ob sich Fortuyn bei diesem ganzen Kram sehr viel gedacht hat. Ich halte sowieso nichts von der Heptansynthese. Die Butadien-Kohlenwasserstoffe haben sich doch als glänzende Ausgangsbasen für synthetischen Kautschuk erwiesen. Seit Jahren wird Buna S, Perbunan und Neoprene auf diese Weise hergestellt. Gerade das letztere hat sich doch als vorzüglicher Isolationsstoff erwiesen ...«
    »Aber nicht ausreichend für den starken und hochgespannten Atomstrom«, wandte Dr. Wendt ein.
    »Ja, aber warum arbeitet Fortuyn dann nicht auf dieser Linie, vor allem mit dem Grundstoff Azetylen, weiter?« rief Dr. Lehnert. »Hier liegt meiner Meinung nach die Zukunft.«
    »Aber nicht nach Doktor Fortuyns Meinung«, erwiderte Wendt. »Er hat doch die Heptansynthese in der Theorie einwandfrei bewiesen. Es kommt eben lediglich auf den Katalysator an, um die geeignete Isolationsfähigkeit zu erreichen.«
    »Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, sagte schon der alte Goethe!« gab Lehnert bissig zurück. Sein abweisendes Gesicht ließ Wendt eine weitere Frage unterdrücken. Er wandte sich einem jungen Mädchen zu, das an einer anderen Stelle des Raumes arbeitete. »Einen Augenblick mal, geliebte Ottilie!«
    Die Angeredete drehte sich mit einem Ruck um. »H 2 SO 4 gefällig? Sie Frechdachs!« Sie hielt ihm drohend eine Schwefelsäureflasche entgegen. »Wenn Sie mich schon aus Mangel an Respekt nicht ›Fräulein Doktor Gerland‹ nennen, dann«, – sie lachte – »dann wenigstens ›Tilly‹! Im übrigen: Machen Sie ihren Kram ohne mich!«
    »Haben Sie mir schon oft genug gesagt! Soll meinen Dreck alleene machen! Aber, Tillychen, dies eine Mal noch: Nur ‘ne kurze Frage! Die Sache klappt absolut nicht bei mir. Soll ich zu Fortuyn reingehen und es ihm sagen?«

»Das würde ich mir an Ihrer Stelle reiflich überlegen, Rudi!« Sie strich sich das blonde Haar aus der Stirn und ging mit ihm zu seinem Platz. »Was haben Sie denn da? Zeigen Sie mal das Protokoll! Reaktionsversuch Heptan, mit Katalysator B 4876! Hm! Die Reaktion scheint tatsächlich nicht da zu sein.« Sie hob das Reagenzglas und beroch die

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