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Kayankaya 4 - Kismet

Kayankaya 4 - Kismet

Titel: Kayankaya 4 - Kismet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Ich entsicherte meine Pistole. Slibulsky nahm, soweit das im Schrank möglich war, eine Art 1oo-Meter-Startposition ein, bereit zum Sprung, sein Schrotgewehr im Anschlag. Durch ein zweites Loch im Schrank, das wir extra gebohrt hatten, erkannte ich zwei junge Männer in cremefarbenen Leinenanzügen, die stumm das Lokal betraten. Beide hatten glattrasierte, bleiche Gesichter und blonde, dichte Haare im Fassonschnitt. Auf den ersten Blick sahen sie so deutsch aus wie junge Leute auf Deutsche-Post-Werbeplakaten, und der naheliegende Schluß, daß sie kein Wort sagten, weil sie kein Wort Deutsch konnten, schien der falsche gewesen zu sein.
    Der eine reichte Romario einen Zettel. Romario las ihn und winkte sie zur Theke. In ihren Händen glänzten schwarze Automatics. Wir hatten gehofft, sie würden die Pistolen im Halfter lassen - so mußten Slibulsky und ich mit unserem Auftritt warten, bis Romario aus der Schußlinie war. Romario wußte das.
    »Wollen Sie etwas trinken?« hörte ich seine leicht zittrige Stimme und sah, wie die beiden den Kopf schüttelten. Der eine deutete nachdrücklich auf den Zettel in Romarios Hand.
    »Selbstverständlich, sofort. Ich würde nur noch gerne wissen, ob mit dieser monatlichen Spende auch wirklich alles abgegolten ist?«
    Sie nickten.
    »Und wenn… Na ja, Sie wissen ja, daß es noch andere Organisationen gibt, die um Spenden, äh, bitten … Ich meine, ist mit dieser Zahlung irgendeine Art Schutz Ihrerseits verbunden?«
    Wieder nickten sie und hoben lächelnd ihre Pistolen.
    »Schön, und wo erreiche ich Sie in so einem Fall?«
    Der eine deutete mit dem Pistolenlauf auf sein Ohr und seine Augen, was wohl heißen sollte: Wir kriegen mit, was in der Stadt läuft, uns muß man nicht rufen, wir sind von alleine zur Stelle.
    Woher kamen diese Typen? Ich kannte deutsche Schutzgelderpresser, türkische, italienische, albanische, russische, chinesische - sprachlose waren mir neu.
    »… Okay«, sagte Romario, »dann wolln wir mal…«
    Wolln-wir-mal war unser Zeichen. Während Romario mit einem Satz hinter der Theke auf dem Boden war und zur Küchentür robbte, sprengten Slibulsky und ich die Schranktür und brüllten: »Hände hoch, Knarren fallen lassen!«
    Doch sie taten weder das eine noch das andere, und hätte ich uns nicht kugelsichere Westen besorgt, wäre das unsere letzte laue Frühlingsnacht gewesen. Sie schossen sofort. Ich spürte die Schläge gegen die Brust, warf mich zur Seite und feuerte zurück. Wir hatten vorher ausgemacht, bei einer Schießerei auf die Köpfe zu zielen, schließlich waren wir nicht die einzigen, die sich kugelsichere Westen besorgen konnten. Den einen erwischte ich unterm Kinn. Blut spritzte über seinen cremefarbenen Anzug, er ließ die Waffe fallen und umklammerte mit beiden Händen seinen Hals, als wollte er sich erwürgen. Er taumelte kurz, kippte nach hinten und schlug am Boden auf. Dem anderen schoß Slibulsky mit dem Schrotgewehr die Stirn weg. Es klatschte und hagelte gegen die Holzvertäfelung. Während der Mann ohne Stirn noch fiel, sauste ich hinter die Theke und knipste sämtliche Lichter aus.
    Im Dunkeln rief ich: »Romario?!«
    »Hier«, kam es aus der Küche. »Slibulsky?«
    »Eine Scheiße!«
    Ich ging zum Fenster und linste am Vorhang vorbei auf die Straße und zu den gegenüberliegenden Häusern. Keine Fußgänger, kein Licht ging an, alles ruhig. Hinter mir röchelte es leise.
    Ich schnippte mein Feuerzeug an und beugte mich über den Mann, der immer noch seinen Hals umklammerte. Blut rann ihm durch die Finger. Seine großen hellen Augen blickten mich fassungslos an.
    »Wer schickt euch?« Er reagierte nicht.
    »Ich kann einen Arzt rufen oder es bleiben lassen! Den Namen deines Chefs!«
    Doch er hörte mich schon nicht mehr. Seine Hände lösten sich vom Hals, der Kopf kippte zur Seite, und er machte ein letztes ersticktes, schlürfendes Geräusch. Dann war nur noch das Zischen meines Feuerzeugs zu hören. Die Flamme warf ihren gelben Schein über das Gesicht des Toten. Es war geschminkt oder gepudert, darum hatte er vorhin so bleich gewirkt. An den Ohren und an den Fetzen, die vom Hals übrig waren, wurde die Haut dunkler. Ich drückte ihm die Augen zu. Ein junges, hübsches Gesicht mit langen Wimpern und vollen Lippen. Ich ließ das Feuerzeug ausgehen und starrte ins Schwarze. Es war nicht die erste Leiche, die vor mir lag, und ich hatte auch nicht zum ersten Mal bei einer Schießerei mit tödlichem Ausgang mitgemischt - aber dies war

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