Keeva McCullen 4 - Tödliche Fesseln (German Edition)
konnte auch daher kommen, dass sie so krampfhaft in Theobald Truax‘ Augen starrte.
Sie versuchte, sich ein wenig zu entspannen, ohne jedoch allzu unaufmerksam zu werden – und plötzlich merkte sie es! Erstaunt nahm sie wahr, wie ein fremder Geist sich in ihr Bewusstsein schob. Es fühlte sich an wie ... ja, wie ein mentales Kratzen. Ein ganz leichtes, kaum spürbares Schaben, aber in ihrem Kopf .
Sofort konzentrierte sie sich darauf, den Eindringling wieder aus ihrem Geist zu verdrängen. Sie bildete sich sogar ein, genau lokalisieren zu können, in welchem Teil ihrer Gedanken er sich gerade herumtrieb - und stellte voller Verlegenheit fest, dass Theobald Truax soeben ihre verwirrenden Gefühle für Shane entdeckt haben musste. Am Ausdruck seines Gesichtes konnte sie jedoch erkennen, dass er es für sich behalten würde. Er senkte kurz entschuldigend die Augenlider, öffnete sie wieder und zog seine tastenden geistigen Finger in weniger sensible Bereiche zurück. Sie lächelte ihn dankbar an.
Gleich darauf begann der eigentliche Zweikampf.
Keeva stellte fest, dass es ihr Freude bereitete, sich gegen die Übernahmeversuche ihres Gegenübers zu wehren. Sie durchschaute genau, wann der Geist des alten Dämons versuchte, ihre Willensbarriere zu überwinden. In solchen Momenten konzentrierte sie sich einfach – und schon scheiterte er an ihrer inneren Stärke.
Ha, dachte sie voll glücklicher Selbstüberschätzung, ich bin von Natur aus immun gegen die Kontrollversuche von Dämonen!
Sie überlegte, ob es in den letzten Jahrhunderten vielleicht Mutationen bei Frauen gegeben haben könnte. Möglicherweise war das auch der Grund, warum bereits Shanes Versuch fehlgeschlagen war ... eventuell gehörte sie ja einer neuen Spezies von Frauen an und ihr Geist konnte überhaupt nicht mehr kontrolliert werden ...
Als sie wieder aufwachte, stand sie zwei Meter neben dem Tisch inmitten des Raumes und jonglierte mit drei Äpfeln – die sie vor Schreck natürlich sofort fallen ließ.
Grimmig hob sie das Obst vom Boden auf und marschierte zurück zum Tisch, neben dem Shane vor Lachen fast erstickte. Sie warf ihm einen giftigen Blick zu, doch er ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern wischte sich nur die Tränen von den Wangen und schüttelte, nach Luft japsend, den Kopf.
Theobald Truax saß noch genauso da wie vorhin.
Nur: wann war dieses ‚Vorhin‘ gewesen? Wie lange hatte er sie in seiner Gewalt gehabt?
Hilflos sah sie sich nach einer Uhr um, fand aber keine. Der alte Dämon neigte sanft den Kopf.
„Das waren gerade mal eine, höchstens zwei Minuten“, sagte er beruhigend – und für einen kurzen Moment hegte Keeva den Verdacht, dass er sich noch immer ihren Gedanken befand. Sie sah ihn misstrauisch an, nahm schnell ihr Amulett vom Tisch und legte es sich um.
Endlich entspannte sie sich ein wenig.
„Das war...“, sagte sie leise, „... ganz furchtbar schrecklich.“
„Ach, ich fand‘s ziemlich lustig“, meinte Shane und grinste breit.
Keeva warf ihm einen weiteren wütenden Blick zu – den er erneut ignorierte. Dann fiel ihr etwas ein.
„Ist es...“ - sie zögerte, da sie nicht wusste, wie sie es ausdrücken sollte, ohne dass dieser immer noch vor sich hin glucksende Wicht neben ihr mitbekam, wovon sie sprach.
„Ist es normal, dass der eindringende Dämon auch meine Gedanken lesen kann?“
Ja, das war neutral genug ausgedrückt, fand sie. Trotzdem wurde Shane natürlich sofort hellhörig.
„Du hast ihre Gedanken lesen können?“, fragte er seinen Großvater. „Sag schon, was geht vor in diesem wirren Kopf!“
Theobald Truax lachte.
„Mein lieber Enkel, das musst du schon ganz alleine herausfinden“, erwiderte er – und an Keeva gewandt: „Mach dir keine Sorgen. Das ist nur möglich, wenn der Dämon von der Frau dazu aufgefordert, also quasi eingeladen wird. Ansonsten beschränkt sich die Macht eines Dämons ausschließlich auf die rein mechanische Kontrolle des Körpers. Es können also auch keine gut gehüteten Geheimnisse aus dem Gedächtnis des Opfers ausgelesen werden.“ Er schmunzelte und lehnte sich zurück. „Ansonsten hätten einige Dämonen es in den Geheimdiensten dieser Welt ganz schön weit bringen können.“
Keeva hatte sich langsam ein wenig von der erschütternden Erfahrung erholt. Sie nahm einen Schluck Tee.
„Nun“, sagte sie dann. „Im Grunde ist es auch so schon schlimm genug.“
Dann seufzte sie und fügte in bitterem Tonfall hinzu:
„Allmählich
Weitere Kostenlose Bücher