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Küsse auf Eis - True Love and other Disasters

Titel: Küsse auf Eis - True Love and other Disasters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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EINS
    In der Nacht vor Virgil Duffys Beerdigung prasselte ein heftiger Gewitterregen auf den Pugetsund. Am nächsten Morgen waren die grauen Wolken verschwunden und gaben den Blick auf die atemberaubende Skyline der Innenstadt von Seattle frei.
    Sonnenlicht fiel über die Anlagen seines Anwesens auf Bainbridge Island und durch die gewaltigen Fenster. Unter den Gästen, die ihm beim Leichenschmaus die Ehre erwiesen, gab es so einige, die sich fragten, ob er vom Himmel aus das notorisch graue Aprilwetter steuerte. Sie fragten sich, ob er seine junge Ehefrau unter Kontrolle gehabt hatte, und vor allem, was sie mit dem Vermögen und der Profi-Eishockeymannschaft anstellen würde, die sie gerade geerbt hatte.
    Das fragte sich Tyson Savage auch. Die Stimmen, die aus dem vornehmen Wohnzimmer drangen, übertönten das Geräusch seiner Anzugschuhe von Hugo Boss, als er über den Parkettboden im Eingangsbereich lief. Ihn quälte ein ungutes Gefühl, dass die Witwe Duffy ihm seine Chancen auf den Pokalgewinn vermasseln würde. Die üble Vorahnung zwackte ihn im Nacken und veranlasste ihn, seinen engen Krawattenknoten zu lockern.
    Ty trat durch die Flügeltür in einen riesigen Raum, der nach polierten Holzmöbeln und altem Geld stank. Er entdeckte mehrere Teamkameraden, die sich für ihre Verhältnisse ganz
schön in Schale geworfen hatten und sich im Kreise der High Society von Seattle leicht unbehaglich zu fühlen schienen. Verteidiger Sam Leclaire lief mit einem blauen Auge herum, das er sich letzte Woche im Spiel gegen die Colorado Avalanche zugezogen hatte - eine Aktion, die ihm zudem eine fünfminütige Bankstrafe eingebrockt hatte. Nicht, dass Ty irgendwem eine Keilerei in der Spielfeldecke verübelt hätte. Er selbst war berüchtigt dafür, seine Handschuhe aufs Eis zu werfen, doch im Gegensatz zu Sam war er kein Hitzkopf. Mit nur noch drei Tagen bis zum ersten Play-off-Spiel würde das Veilchen zwangsläufig noch viel schlimmer werden.
    Ty verharrte in der Tür, und sein Blick schweifte durch den Raum und blieb an Virgils Witwe hängen, die im Sonnenlicht stand, das durch die Fenster fiel. Selbst wenn die Sonne nicht auf ihr langes blondes Haar geschienen hätte, wäre Mrs Duffy aus den Trauergästen hervorgestochen. Sie trug ein schwarzes Kleid mit Ärmeln, die bis knapp über die Ellbogen reichten, und mit einem Saum, der ihre Knie gerade noch bedeckte. Es war ein dezentes Kleid, das alles andere als dezent wirkte, weil es sich so eng an ihren unglaublichen Körper schmiegte.
    Ty kannte Mrs Duffy nicht. Nur wenige Stunden zuvor in der St. James Church hatte er sie zum ersten Mal gesehen. Aber gehört hatte er schon von ihr. Jeder hatte schon von dem Milliardär und dem Playmate gehört. Er hatte gehört, dass die Witwe, bevor sie sich einen reichen, alten Mann angelte, jahrelang in Las Vegas an der Stripperstange getanzt hatte. Dem Klatsch zufolge war eines Abends, während sie mit ihren hochhackigen Acrylschuhen die Bühne gerockt hatte, Hugh Hefner höchstpersönlich in den Club spaziert und hatte sie entdeckt. Er hatte sie in sein Magazin gebracht und zwölf
Monate später zu seinem Playmate des Jahres ernannt. Wie es zu der Bekanntschaft mit Virgil kam, wusste Ty nicht, und wie sich die beiden kennengelernt hatten, spielte auch keine Rolle. Dass der Alte abgekratzt war und sein Eishockeyteam einer Goldgräberin hinterlassen hatte, schon. Und zwar eine große.
    In der Spielerkabine der Key Arena munkelte man, dass Virgil einen massiven Herzinfarkt erlitten hatte, während er sich abmühte, seine junge Frau im Bett zufriedenzustellen. Es kursierte das Gerücht, dass dem Alten eine Herzklappe geplatzt wäre und er mit einem zufriedenen, breiten Grinsen im Gesicht starb, das der Bestattungsunternehmer nicht mehr hatte entfernen können. Und so wäre der alte Mann mit einem Steifen und einem Lächeln auf den Lippen in den Kremationsofen geschoben worden.
    Ty gab nichts auf Klatsch und Tratsch, und ihm war egal, was die Leute trieben oder mit wem. Ob es geil, mies oder irgendwo dazwischen war. Bisher jedenfalls. Er hatte erst vor drei Monaten seinen Vertrag bei der »Seattle Chinooks«-Organisation unterschrieben, zum Teil wegen des Geldes, das der Alte ihm geboten hatte, aber vor allem, weil er ihn zum Mannschaftskapitän machte und ihm die Chance bot, den Stanley Cup zu gewinnen. Sie wollten beide diese Eishockeytrophäe, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Virgil hatte seinen reichen Freunden etwas beweisen

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