Kein Augenblick zu früh (German Edition)
Gefangenen und Rachel zu Demos zurückkehrten?«
»Sie tauschten die Gefangenen aus. Demos verlangte, dass sie ihm auch Rachel übergeben sollten. Jack und Alex wollten das nicht, aber Demos nahm sie einfach. Dann kam die Einheit und wir gerieten in eine gewaltige Schießerei. Das war wirklich … grauenhaft.« In meinen eigenen Ohren klang ich wie die schlechteste Lügnerin aller Zeiten. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie anfingen, sich für mich zu schämen.
Sara schämte sich nicht, sie nickte nur. Ich schluckte. Sie legte ihre Hand auf meine. »Jack und Alex haben auf ihre eigenen Leute geschossen. Hat Demos sie dazu gezwungen?«
Es passte mir überhaupt nicht, Demos dafür die Schuld zuschieben zu müssen, aber es würde ihm wohl nichts ausmachen. Die Einheit hatte ihn ohnehin schon zum Tode verurteilt. Was konnten da ein paar weitere angebliche Gewalttaten noch anrichten? Und mit dieser Lüge schützte ich Jack und Alex.
»Ja«, antwortete ich.
Sara lehnte sich abrupt zurück.
»Aber versteh doch – sie hatten keine andere Wahl!«, fuhr ich schnell fort. »Sie standen unter Demos’ Kontrolle. Demos hat wirklich enorme Macht. Wie gesagt, er kann einen dazu bringen, alles zu tun, wirklich alles! «
»Wie hast du es dann geschafft zu fliehen?«, fragte Dr. Pendegast scharf.
»Nachdem Ryder erschossen wurde und Jack …« Ich schloss die Augen und drängte das Bild aus meinen Gedanken. »Danach herrschte das reine Chaos. Ich glaube, Demos muss irgendwie die Kontrolle verloren haben oder so, jedenfalls stieß mich Alex plötzlich ins Auto und wir rasten davon.«
Wieder herrschte eine Weile Schweigen. Beide schauten mich an und nickten nachdenklich.
»Und Rachel? Was passierte mit ihr? Hast du das noch mitbekommen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich hab nur gesehen, wie Demos Rachel ins Wohnmobil brachte. Aber was dann mit ihr passierte, weiß ich nicht.«
»Mir will da einiges nicht in den Kopf, Lila.« Dr. Pendegast beugte sich vor. »Wir begreifen nicht, warum du Jack allein zurückgelassen hast und warum ihr beide, Alex und du, nicht auf dem schnellsten Weg ins Camp zurückgekehrt seid. Stattdessen warst du jetzt über eine Woche lang auf der Flucht. Wann immer dich unsere Leute aufspürten, um dich zu deiner eigenen Sicherheit hierher zurückzubringen, bist du wieder geflohen. Kannst du mir mal erklären warum?«
Das Labyrinth der Lügen wurde immer komplizierter, ich hatte keine Ahnung, ob ich da jemals wieder herausfinden würde. Ich holte tief Luft. »Alex glaubte, dass er auf keinen Fall ins Camp zurück durfte. Nicht nach allem, was passiert war. Er wusste, dass ihr wirklich wütend sein würdet, weil er die Gefangenen herausgeholt hatte. Ich versuchte, ihn zu überreden, sagte ihm immer wieder, dass wir ins Camp zurückfahren sollten. Ich war sicher, man würde ihm glauben, dass er keine andere Wahl gehabt hatte, aber er wollte nicht auf mich hören. Als uns dann die Einheit in Mexico City aufspürte und fast gefangen genommen hätte, sagte er mir, dass es jetzt zu gefährlich würde und er mich nicht mehr bei sich haben wolle. Inzwischen glaube ich, dass er mich überhaupt nie bei sich haben wollte, aber nicht wusste, wie er mir das sagen sollte.« Ich blickte auf meine Hände, die sich wie von selbst auf meinem Schoß ineinander verschränkten und zuckten. Dann zwang ich mich, Sara anzublicken. »Und deshalb bin ich jetzt hier.«
»Und warum hast du so lange gebraucht, dich dazu zu entscheiden?«, flüsterte Sara.
Ich spürte einen Kloß im Hals, der sich zu einem Schluchzen entwickelte, und plötzlich weinte ich. Ich weinte total echt. Dicke Tränen rollten mir über die Wangen. »Weil ich bei Alex bleiben wollte. Ich liebe ihn.« Und zumindest das war die reine Wahrheit.
Sara reichte mir ein Papiertaschentuch, verrückte ihren Stuhl und setzte sich neben mich. Sie legte mir den Arm um die Schultern. »Du armes Kind. Tut mir leid, dass wir dir all diese Fragen stellen müssen. Aber wir versuchen nur zu begreifen, was wirklich geschah.«
Ich nickte durch meine Tränen.
»Da ist nur noch eine Sache, Lila«, fuhr Sara fort. »Weißt du, wo sich Alex jetzt aufhält? Ich weiß, dass du uns das wahrscheinlich nicht erzählen willst, dass du ihn schützen willst, aber wir müssen wirklich dringend mit ihm reden. Wenn du uns sagen kannst, wo er ist, würde uns das enorm helfen.« Sie drückte leicht meinen Arm.
Kannst du vergessen , dachte ich. Ihr könnt tausendmal eure
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