Kein Schwein bringt mich um
dir?«, fragte ich voller Hoffnung.
»Ja klar, ist doch mein Patenkind. Der ist wirklich ein Goldjunge, oder?«
»Aber so was von. Kommst du gleich noch vorbei?«
»Vielleicht ist es ratsamer, wenn du den ersten Abend allein mit deiner künftigen Verwandtschaft verbringst. Da lernt ihr euch gleich intensiv kennen.«
»Eine spitzenmäÃige Idee, warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen? Jochen schicke ich dir aber rüber, klar?«
»Tu das. In zehn Minuten bin ich zu Hause. Schön, dass du alles mitmachst. Und morgen frühstücken wir gemeinsam bei dir?«
»Oh, ich weià nicht, ob ich das hinkriege. Der neue Fall ist komplexer als gedacht«, schwindelte ich ohne den Hauch eines schlechten Gewissens.
Nach einem für meinen Geschmack zu langen Schweigen antwortete Schumann: »Na gut, lass uns morgen drüber quatschen. Ich liebe dich übrigens.«
»Ich dich auch.«
Wir legten auf. Dann zu Jochen: »So, du schläfst bei deiner Patentante. Kannst sofort rüberlatschen, sie erwartet dich bereits sehnsüchtig.«
»Was soll ich denn bei der Alten? Bei der ist es krass unchillig, da sterbe ich vor Langeweile.«
»Hör genau zu, Freundchen«, schnauzte ich und ging einen Schritt auf ihn zu. »Du bewegst deinen Arsch sofort hier weg. Karins Hof ist der nächste auf der rechten Seite. Und wenn mir nur die klitzekleinste Beschwerde über dein Benehmen zu Ohren kommt, gibt es richtig Ãrger. Kapiert?«
»Keine Beschwerden, kann ich mir merken«, nuschelte er und zog gruÃlos mit Trudi und einem Trolley von dannen.
»Das hast du gut gemacht«, seufzte Rosi. »Jochen ist ein Nachzügler. Eigentlich sind wir schon zu alt für ein pubertierendes Kind, und da lässt man manchmal mehr durchgehen, als für den Jungen gut ist.«
Auch Günter klopfte mir anerkennend auf die Schulter: »Bist kein Schlechter.«
In diesem Moment glaubte ich, dass die Heisterkamps und ich doch Freunde werden könnten.
Dieser Glaube erhielt neue Nahrung, als wir meine Räumlichkeiten betraten.
»Sehr apart«, lobte Rosi meine antiken Eichenmöbel.
»Nett, durchaus«, lieà sich auch Günter zu einem positiven Statement herab.
Ich verfrachtete meinen Besuch in die Küche, hastete zum Gästezimmer und bezog das Doppelbett. Zurück in der Kombüse befreite ich Hirsch und Rotkohl aus der Tiefkühltruhe sowie Kartoffeln aus dem Netz und positionierte alles auf der Arbeitsplatte.
»Darf ich euch etwas zu trinken anbieten?«
»Zwei Wasser bitte.«
Bei mir wird seit jeher Salvus getrunken, ein bekömmliches Wässerchen aus Emsdetten. Noch kein Gast hatte sich darüber beschwert, bis zu diesem Tag.
»Das ist doch wohl nicht dein Ernst«, polterte Günter, als hätte ich ihm ein unsittliches Angebot gemacht.
Ich blickte ihn nur baff erstaunt an.
»Jedes im Handel erhältliche Mineralwasser wird radioaktiv bestrahlt. Das weià doch jedes Kind!«
»Ist mir neu. Und was trinkt man stattdessen?«
Der Landwirt schlug die Hände zusammen ob so viel Unwissenheit.
»Mit einem Partikel- und Aktivkohlefilter gereinigtes Leitungswasser. Das weià doch jedes Kind«, wiederholte er die Phrase.
»Ich bin ein gut informierter Bürger, aber von Wasserkranken ist mir bisher noch nichts zu Ohren gekommen.«
»Das hat eine Langzeitwirkung«, schaltete sich Rosi ein. »Wir haben ein Seminar bei einem Körpercoach besucht. Menschen, die herkömmliches Mineralwasser trinken, sterben einen unmerklich langsamen Tod. Wie oft verabschieden sich Leute aus dem Leben, ohne dass die Ãrzte wissen, woran sie verschieden sind? Des Rätsels Lösung: das falsche Wasser!«
»Wasser!«, echote Günter.
Da hatte Karin mir aber schöne Gäste einquartiert. Militante Hardcore-Ãkos. Und das ohne Vorwarnung!
»Was anderes habe ich nicht, tut mir leid.«
Günter und Rosi sahen sich an und hoben synchron die Augenbrauen.
»Kann man nicht ändern«, sprach Günter schlieÃlich die erlösenden Worte. »Wat mutt, dat mutt. Bitte.«
Ich schenkte ein. Während sie vorsichtig in kleinen Schlückchen tranken, machte ich mich ans Kartoffelschälen.
»Sind das Biokartoffeln?« Günter, ich liebe dich.
»Leider nein«, verteidigte ich mich reflexartig. »Karins Vorräte sind schon seit Tagen ausverkauft. Da habe ich auf
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