Keiner wie er (German Edition)
Stille.
Zunächst bezweifelte er sogar, das Tina überhaupt anwesend war. Bis er ihr Lachen hörte.
Es klang verdammt amüsiert und hell – so natürlich. Soweit Daniel wusste, lachte Tina nicht auf diese Art, wenn sie einen ihrer Pseudoliebhaber abschleppte. Da verlernte sie das nämlich ganz schnell wieder. Doch Harakiri -Tina kicherte heute derart, dass einem übel werden konnte, wenn man sich nicht unter Kontrolle hatte, versteht sich.
Hinzu kam die zweite, tiefe, äußerst maskuline Stimme. Auch die hörte man mehr lachen, als alles andere. Was gesprochen wurde, konnte Daniel nicht verstehen. Leider waren die Wände hier bedeutend dicker, als in ihrem alten Appartement damals in Ithaka.
Verdammt!
Auf dieses Detail hatte er nicht geachtet, als er das Teil kaufte. Aber zu diesem Zeitpunkt konnte er auch doch auch nicht ahnen, dass die Heimsuchung wieder über ihn hereinbrechen würde!
Nur halb bei der Sache brühte er sich seinen Kaffee, den Kopf immer lauschend erhoben. Okay, schätzungsweise lag er mit seiner Vermutung am Morgen nicht einmal falsch. Offenbar hatte sie den Tag tatsächlich für die andere Arbeitsform genutzt. Schließlich galt es, den Kerl erst mal aufzureißen, bevor sie ihn hier anbringen konnte, um ihn stolz Daniel zu präsentieren.
Das Lachen hielt an, weshalb er in der Zwischenzeit vorsichtig mutmaßte, man schaute wohl eine unglaublich lustige Komödie. Kein Mensch hatte Grund, auf diese dämliche Art dauerhaft vor sich hin zu grölen. Mit der Zeit ging es ihm ziemlich auf die Nerven und er überlegte ernsthaft, einmal auf die Regeln des Zusammenlebens in einer WG hinzuweisen.
Gegenseitige Rücksichtnahme stand da an oberster Stelle. Es hätte ja durchaus sein können, dass ihm heute ein Patient unter den Händen weggestorben war – also, in der Theorie.
Was dann?
Bevor er sich jedoch ausgiebiger mit diesen absolut lächerlichen Gedanken abgeben konnte, runzelte er die Stirn. Da wäre er doch fast in die Falle getappt!
Fast!
Aber da musste Tina schon früher aufstehen. Gut möglich, dass in ihrem Zimmer überhaupt niemand war und sie das aufgesetzte Gelächter irgendwo mitgeschnitten hatte, um ihn zu verwirren.
Kopfschüttelnd trank er seinen Kaffee.
Wirklich, der ganze Bullshit ging ihm inzwischen sogar extrem auf die Nerven! Schon, weil er mittlerweile starke Tendenzen zeigte, sich tatsächlich davon vereinnahmen zu lassen.
Als unvermittelt Tinas Zimmertür geöffnet wurde, fuhr er zusammen, richtete sich eilig auf und konzentrierte sich dann auf seine Zeitung, die noch immer dort lag, wo er sie am Morgen zurückließ. Kurz darauf erschien eine begeistert strahlende Heimsuchung in der Tür, wie er aus den Augenwinkeln bemerkte.
„Daniel! Du wirst nicht glauben, wer mich heute besucht hat!“
Stirnrunzelnd sah er auf. „Hey, erst mal. Wie war dein Tag? Anstrengend?“
„Atemberaubend! Um noch mal auf meine Frage zurück ...“
„Ich platze fast vor Spannung“, versicherte er mit einem geduldigen Lächeln, das man im Allgemeinen für Kleinkinder erübrigt, wenn die mehr oder weniger sinnfrei vor sich hin plappern.
Ihre Augen wurden groß – vor lauter Begeisterung, natürlich. Sie hielt den Kopf in den Flur. „Kommst du?“
„Klar ...“, antwortete die dunkle, äußerst maskuline Stimme, die wenigstens das dämliche Gelächter eingestellt hatte.
Kurz darauf wurden Daniels Augen groß.
„Na ... das ist tatsächlich mal eine Überraschung“, bemerkte er nach einer Weile gedehnt …
* * *
Herausgeber:
A. Neuhäußer
Gemeindegässle 5
89150 Laichingen (OT Feldstetten)
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