Kill your friends
kleinen, diamantenen Nieten. Wie allen Mädels, die hier arbeiten – abgesehen von Nicky, unserer Head of International, die so hässlich ist, dass es mich schon rasend macht, mit ihr in einem Raum zu sein –, sind Rebecca die nuttigen Klamotten wie auf den Leib geschneidert.
»Rebecca«, sage ich, als sie nach der Türklinke greift.
»Mmmm?«, sagt sie und dreht sich herum.
»Das Hotel?« Ich bin nächste Woche in Cannes bei der MIDEM. Je nachdem, wem ich glauben soll, hat es entweder Rebecca oder unser nichtsnutziges Reisebüro vergeigt, mir ein angemessenes Hotel zu buchen.
»Ich bin dran, Steven. Entspann dich.« Sie wendet sich ab, um zu gehen.
Ich glaube ihr. Weil Rebecca es liebt, wie die meisten Mädchen, Dinge für einen zu organisieren. Sie ist erst dann richtig glücklich, wenn sie das Reisebüro auf der einen Leitung, British Airways auf der anderen und Ausgaben von The World’s Great Hotels, Zagat und Harden’s vor sich auf dem Schreibtisch ausgebreitet hat. Mir ist es ziemlich suspekt, dass sie es genießt, diese Trips für mich zu planen, denn sie spielt weder eine Rolle darin, noch profitiert sie auch nur im Geringsten davon. Etwas zu planen, von dem man nichts hat, ist mir unbegreiflich. Vermutlich ist es eine Eigenart des weiblichen Gehirns, Vergnügen aus dem Wissen zu ziehen, dass der Flug rechtzeitig für die Reservierung im Restaurant ankommt und das Hotel pompös und extraordinär sein wird.
»Und, Rebecca?« Sie dreht sich nochmals um, unterdrückt ein Seufzen.
»Du siehst heute gut aus.« Zuckerbrot und Peitsche.
»Danke«, erwidert sie schüchtern lächelnd. So schüchtern wie ein Mädchen eben lächelt, dass letztes Jahr Minimum dreißig Schwänze gelutscht hat. »Du auch.«
Womit sie nicht falsch liegt. Ich habe gerade einen Monat Urlaub hinter mir – Thailand, Vietnam, Australien –, und bis auf das verfickte Weiße in den Augen bin ich rundum gebräunt. Ich trage einen schwarzen Kaschmir-Sweater mit V-Ausschnitt, schwarze Jeans und schwarze Wildleder-Mokassins. Alles brandneu, noch ungetragen.
Sie geht, und ich überfliege meine Post – größtenteils wächserne, gepolsterte Versandtaschen mit Demotapes. Dabei verspüre ich, wie so oft, diese aufkommende Wut als Reaktion auf die Verballhornungen meines Namens. Etwa Stalefox oder Stellfax, ein Mongoloider hat sich tatsächlich zu Stellarfox verstiegen. Mein Name lautet Stelfox. Steven Stelfox. Anschließend mache ich es mir mit der neuen Ausgabe der Music Week gemütlich. Einer der Mitarbeiter dort ist gestorben. Herzinfarkt mit 32. Übel. Richtig scheißübel.
Während ich blättere, beginnt der Boden zu beben, konzentrische Ringe schwappen im schwarzen Kaffee, und ich blicke gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen wie Waters hinter der Glaswand, die mein Büro vom Rest der Etage abtrennt, entlangtapst. Das ist ein Typ, Waters. Gute einsneunzig bei zweihundertdreißig Pfund. Er umklammert ein Blatt Papier und versucht, in dem haarsträubenden Bemühen seinen kolossalen Kater zu verschleiern, entschlossen zu wirken. Er ist rotgesichtig, sackäugig, und seine Stirn ist von Schweißperlen übersät. Egal, was er tut, ob er eine Kassette aufhebt, eine Telefonnummer wählt – bei Waters bricht sofort der schmuddelige Vergewaltigerschweiß aus. Kraftlos hebt er die Hand und spreizt Zeige- und kleinen Finger seiner gigantischen linken Pranke zum obligatorischen Teufelsgruß. Wie beim Brontosaurus wird seine riesenhafte Gestalt von einem Gehirn mit den Maßen einer Weintraube versorgt, und ausgerechnet dieses Traubengehirn, ohnehin kein allzu dynamisches Ausgangsmaterial, wurde über Jahre durch chronischen Koksmissbrauch weiter entkernt. Ich nicke ihm ein aufgesetzt geschäftsmäßiges »Hallo« zu, bloß um ein wenig auf seiner Verspätung herumzureiten, und greife mir die Fernbedienung.
Ich schaue etwas VH1 – Blur, Radiohead, Oasis und die Brand New Heavies – und will bereits abschalten, als sie eine kleine Vorschau auf die kommenden Brit Awards zeigen. Angekündigt sind Dodgy, The Chemical Brothers, The Prodigy, Longpigs, Mansun. Ich zünde mir eine weitere Zigarette an und verfolge ein Interview mit Ellie Crush. »Ja, klar«, sagt sie, »ich weiß, dass es da draußen Leute gibt, die glauben, dass eine Frau all den Kram, den ich mache, gar nicht machen kann. Dass sie eine Puppe ist. Klar. Aber weißt du, ich bin hier, schreibe Texte und checke die Arrangements und mache überhaupt alles. Klar? Meine Songs kommen von
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