Kinder der Dunkelheit
Yussuf al Hassarin wird das Land verlassen, und mit ihm seine komplette Familie.“
Don Ricardo zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Die ganze Familie? Wirklich alle? Das überrascht mich jetzt etwas.“
Juan zuckte mit den Schultern. „Na ja, so ist das bei denen. Was das Familienoberhaupt sagt, das muss gemacht werden. Sie suchen ja schon ihre Sachen zusammen. Wir sind abgehauen, nachdem dieser schwarze Riese uns befohlen hat, das Zeug vom Stall zu packen.“
Don Ricardo starrte nachdenklich auf die silbernen Spitzen se iner schwarzen Lederstiefel. „Was denkst du, wann werden sie aufbrechen?“
Juan sah etwas ratlos aus. „Ich denke, frühestens übermorgen. Sie werden sowieso viel zurücklassen müssen, aber es dauert trotzdem, bis sie alles in Kisten und Taschen verstaut haben. Wenn ich richtig gehört habe, dann hat al Hassarin auch für seine Pferde Sorge getragen, die teuren Viecher sollen wohl mit.“
Der Don nickte gedankenverloren. „Gut, ihr haltet Kontakt zu eurem Informanten. Ich will sofort Bescheid erhalten, wenn ihr wisst, wann sie alles fertig haben und aufbrechen, habt ihr ve rstanden?“
„Natürlich Herr, Sie werden es sofort erfahren.“ Juan verbeugte sich tief vor dem Don, dem das sichtlich gefiel. „Schon gut, schon gut. Du musst es nicht übertreiben. Tu deine Pflicht, das genügt mir schon.“
Er stieg wieder in seine Kutsche und wies den Kutscher an, loszufahren. „Los, ab zu Donna Sonja, ich bin sowieso schon spät! Ich möchte noch einmal die Anwesenheit des unwiderstehlichen Mohammed al Hassarin genießen.“ Das Lachen des Don klang alles andere als gut gelaunt, und Pedro schüttelte sich, als dieser endlich samt der Kutsche im Dunkel der Nacht verschwunden war.
„Compadre, der Kerl ist mir unheimlich. Der will doch nicht nur wissen, wann die Bahn für ihn frei ist! Der ist doch schon seit Jahren scharf auf die Güter der al Hassarins. Don Ricardo ist eine hasserfüllte Kröte und ich traue ihm zu, dass er der Familie noch ein Leid antut.“
Juan drehte sich mit einem bösen Lachen zu seinem Begleiter um. „Wie blöd bist du eigentlich? Natürlich will er die al Hassarins ausschalten, Mann, was erwartest du? Die Heiden haben das schönste Land, die schönsten Häuser und Geld im Überfluss, seit unzähligen Jahren. Woher glaubst du wohl, dass das kommt?“
Pedro sah Juan herausfordernd an. „Lass mich mal nachdenken. Möglicherweise daher, dass sie aus einer Wüste schöne Gärten gemacht haben. Oder vielleicht auch daher, weil sie fleißig und geschickt sind? Könnte das sein?“
Juans Gesicht war jetzt ganz nahe an dem Pedros. „Mann, ich sag es dir noch einmal. Wenn du die al Hassarins so liebst, dann geh doch zu ihnen zurück! Aber sei gewarnt, wenn du dein dummes Maul nicht im Zaum halten kannst, dann könnte es ein Problem geben.“
„Ach, und das wäre?“
Juan setzte sein typisch zynisches Lächeln auf. Ein Lächeln, das so falsch war wie der ganze Mann. „Ich weiß ja nicht, wie viel dir deine Frau und deine kleine Tochter bedeuten. Ich würde sehr auf sie achten, wenn ich du wäre. Es passiert so viel dieser Tage. Weißt du, täglich sterben Menschen, einfach so …“ Juan schnippte mit den Fingern und Pedro wurde plötzlich kalt, sehr kalt.
Juan kicherte. „Ach, ich sehe, jetzt ist die Botschaft angekommen. Jetzt hau ab, verschwinde zu deiner schönen Frau und deiner süßen Tochter! Sieh sie dir gut an, damit du weißt, was auf dem Spiel steht.“
Als Juan sich noch immer lachend abwandte und sich selbst zu seiner Familie trollte, stand Pedro noch lange allein auf der Plaza. Nur langsam wurde ihm bewusst, was er getan hatte, und dass er leider rein gar nichts mehr daran ändern konnte. Er kannte Juan lange genug, um zu wissen, dass er ohne mit der Wimper zu zucken auch Kinder ermorden würde, wenn sie seinen Plänen und denen seiner Auftraggeber im Wege standen. Vermaledeite Söldnerseele!
3.
„Mohammed, wie schön, Euch zu sehen!“ Donna Sonja kam strahlend und mit weit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. M ohammed wusste, dass er die zu erwartende überschwängliche Umarmung rechtzeitig abwenden musste, wollte er nicht wieder den Unwillen aller männlichen Anwesenden auf sich ziehen. Also griff er mit einer eleganten, fließenden Bewegung nach der rechten Hand der edlen Dame und deutete einen Handkuss an.
„Donna Sonja, schön wie immer. Ihr seid der strahlendste Stern dieser Nacht!“ Die Gastgeberin schmolz vor seinen Augen
Weitere Kostenlose Bücher