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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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Blumen nicht zu zerdrücken, schloss er sie in die Arme. „Mama, es wird alles gut! Bitte glaube mir, ich verspreche es dir. Habe ich dich jemals angelogen? Jemals?“
    Fathwa schüttelte nur schweigend den Kopf.
    „Siehst du, und auch jetzt lüge ich nicht. Hab Vertrauen, ich werde alles so einrichten, dass auch du wieder glücklich bist.“
    Seine Mutter nickte zwar, aber er konnte erkennen, dass sie zweifelte. Doch er musste los. Lächelnd zog er einen Zweig mit duftenden Jasminblüten aus dem Strauß, küsste seine Mutter auf die Wange und sprang kurz danach auf seinen weißen Hengst, den Fathi ihm zuvor wortlos bereitgestellt hatte.
    Fathwa sah ihrem Sohn nach, bis er mit der Dunkelheit verschmolzen war, erst dann ließ sie ihren Tränen freien Lauf.
     
    Auf der kleinen Plaza vor der uralten Kirche war es um diese Zeit sonst voll gewesen. Fröhliche Kinder hatten hier gespielt und die Menschen angeregt über den vergangenen Tag geplaudert. Seit einiger Zeit aber war dieses unbeschwerte Treiben verschwunden und die große Fläche lag wie ausgestorben da. Nun hasteten die Menschen mit eingezogenem Kopf durch die Nacht. In der Mitte des Platzes zeugte ein großer, fast kreisrunder schwarzer Fleck von einem Feuer, das dort erst kürzlich gebrannt haben musste. Die Stelle wies einen Durchmesser von über drei Metern auf. Vereinzelt waren noch verkohlte Papier- und Pergamentschnipsel zu entdecken, doch sonst ließ nichts mehr darauf schließen, was hier geschehen war.
    Juan aber wusste es nur zu gut. Er war selbst dabei gewesen. Er selbst hatte einige der alten Bücher ins Feuer geworfen, und es hatte sich gut angefühlt. Heidnisches Gedankengut, sinnloser Ballast für die Köpfe der Menschen, die doch lieber arbeiten sollten und dafür Sorge tragen, dass dieses Land wieder frei, dass es wieder ein christliches Land sei! Den Inhalt der Bibliothek zu verbrennen, war eine gute und gottgefällige Tat gewesen. Juan hatte die Hände tief in den Taschen seiner Jacke vergraben und starrte suchend über die Plaza.
    „Hoffentlich kommt er auch“, seufzte Pedro unruhig. Er hatte ein mieses Gefühl, was möglicherweise daran liegen konnte, dass er gerade dabei war, heftig in die Hand zu beißen, die ihn so lange und so gut gefüttert hatte.
    „Natürlich kommt er. Er ist ein Ehrenmann.“
    „Hm, ein Ehrenmann, der andere dafür bezahlt, dass sie zum Verräter werden.“
    „Halt dein dummes Maul, du Schwachkopf, willst du auf der fa lschen Seite stehen, wenn es so weit ist? Hast du Lust, zu krepieren?“
    Pedro schüttelte kleinlaut den Kopf.
    „Dann reiß dich zusammen!“ Juan wütend zu machen, war nicht gut. So dämlich, wie er war, so brutal konnte er auch werden. Das wusste Pedro und so senkte er sicherheitshalber wieder den Kopf und hing still seinen Gedanken nach. Lange Zeit dazu blieb ihm nicht. Aus dem Dunkel einer Gasse erklang der Hufschlag von Pferden und wenige Augenblicke später rollte eine prächtige Kutsche auf den Platz. Der Kutscher brachte die Pferde vor den beiden Männern zum Stehen und stieg ab, um seinem Herrn beim Aussteigen behilflich zu sein.
    Don Ricardo war ebenso eingebildet wie reich. Seine Kleidung zeugte von einem exquisiten Geschmack und seine Haltung von einer schier unglaublichen Arroganz. Doch leider konnten auch die edelste Kleidung und der stolzeste Ausdruck nicht dafür sorgen, dass die brutalen Züge in seinem Gesicht abgemildert worden wären. Das aber war ihm denkbar egal, er hatte alles, was er brauchte und mehr noch. Nun würde er noch dafür sorgen, dass er auch das bekam, was er mehr als alles andere begehrte – Herzogin Ana. Sie würde die absolute Krönung seines Lebens sein und er würde ihr ein Geschenk machen, das sie überraschen würde. Nicht umsonst schwärmte sie immer wieder von einem ganz bestimmten Blumengarten! Im Moment aber galt es, die Hindernisse zu beseitigen, die auf dem Weg zu seinem erklärten Ziel standen. Aus diesem Grund war er jetzt hier und aus diesem Grund standen auch diese beiden jämmerlichen Gestalten vor ihm.
    „Nun, Juan, was hast du herausgefunden? Sag mir, dass ich mein sauer verdientes Gold gut angelegt habe.“ Don Ricardo legte seine Hand schon fast zärtlich an den Knauf seines Schwertes.
    Es war eine unbewusste Bewegung, doch für Juan und Pedro sehr beunruhigend. Folglich beeilte sich Juan, ihm zu versichern, dass alles den Plänen entsprechend laufen würde. „Herr, es ist so, wie ich schon bei unserem letzten Treffen vermutete.

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