Kinder der Dunkelheit
ein Gebot abzugeben“, rief sie laut. Wie sehr Mohammed Ana in diesem Augenblick für ihre kluge Reaktion bewunderte, vermochte er nicht auszudrücken. Er ging auf ihr Spiel ein und wenig später wandten die Neugierigen sich einer nach dem anderen wieder ab. „Aber Ana, Ihr müsst doch zumindest Eure Meinung zu dem Verkauf äußern dürfen. Dies ist doch auch Eure Entscheidung!“
Ana winkte lächelnd ab und schlug ihm spielerisch mit dem Fächer auf den Arm. „Ach Mohammed, mein Lieber, was redet Ihr da? Wenn Männer sich über ein Geschäft einig sind, ist es schwer für eine Frau, sich auch nur Gehör zu verschaffen. Fol glich konnte ich in diesen Handel nicht mehr eingreifen.“
Mohammed verstand sehr wohl. Anas Eltern hatten ihre En tscheidung getroffen. Der wohlhabende Adlige mit seinen ausgedehnten Besitztümern und seinem großen Vermögen war für Anas Vater sicherlich ein erstrebenswerter Schwiegersohn. Leise fuhr Mohammed fort: „Ana, du musst mit uns kommen! Wir werden Andalusien verlassen. Ana, ich liebe dich! Wir werden alle Vorkehrungen treffen und dann folgen wir meinen Eltern nach Marokko. Solange du hier bist, bleibe ich auch.“
Ana schüttelte den Kopf. Wieder etwas lauter erklärte sie: „Ach nein, lieber Freund, der Handel kann nicht rückgängig gemacht werden. Ich kann mir auch so rasch kein neues Tier auswählen. Solch eine Entscheidung will wohl überlegt sein.“
Mohammed konnte sich gerade noch zurückhalten, fast hätte er nach Anas Hand gegriffen. „Herzogin, bitte lasst mich wissen, wenn Ihr Eure Wahl getroffen habt. Ich werde Euch unterstützen, wo ich kann – glaubt mir, das nächste Mal wird das Geschäft gut für Euch ausgehen und Euren Wünschen wird entsprochen werden.“
„Wer hat den Wünschen der schönsten Dame Andalusiens nicht entsprochen? Nennt mir Namen, Herzogin, und ich werde ihn auf der Stelle herausfordern!“ Don Ricardos Stimme war so, wie der ganze Mann stets auf Mohammed wirkte: klebrig, süß und auch noch doppelzüngig.
Es gab wenige Menschen, die Mohammed wirklich verabscheute. Don Ricardo war mit Sicherheit einer davon – und das nicht nur, weil er gerade – offensichtlich war er da bei ihren Eltern bereits erfolgreich gewesen – um die Frau warb, die Mohammed selbst von ganzem Herzen liebte. Ihm war bewusst, Ana würde sich niemals gegen ihre Eltern stellen. Sie würde das tun, was man von einer Tochter aus gutem Hause erwartete, auch wenn das bedeutete, dass sie auf ihre eigentliche Liebe verzichten musste. Mohammed gab sich redlich Mühe, seine Gefühle zu verbergen, als er sich zu Don Ricardo umdrehte.
„Don Ricardo, man hat Herzogin Ana einen Wunsch versagt. Sie hatte ein Auge auf ein wundervolles Reitpferd geworfen, doch als sie sich darum bemühte, musste sie feststellen, dass der Handel mit einem anderen bereits perfekt war.“
Don Ricardo befand es nicht für nötig, Mohammed direkt zu antworten, stattdessen wandte er sich sofort an Ana. „Aber liebe Ana, Ihr könnt doch nun wahrlich jedes Tier aus meinem Stall haben! Seht Euch um, sobald es Euch beliebt, und Ihr habt die freie Wahl!“ Don Ricardo tätschelte tröstend Anas Schulter, was bei Mohammed fast schon Brechreiz auslöste. Der Spanier zwirbelte nachlässig seinen wohlgestutzten Schnurrbart. „Wisst Ihr, Ana, Gedanken über unerfüllte Wünsche werden bald der Vergangenheit angehören, dies darf ich euch versichern.“
Mohammed sah, wie schwer es Ana fiel, möglichst ungerührt zu antworten. „Danke, Don Ricardo, Eure Großzügigkeit ist wahrlich überwältigend. Ich weiß Euer Angebot wirklich zu schätzen.“
Der Don entschuldigte sich kurz, um für sich und Ana etwas Wein zu holen, nachdem sie ihn darum gebeten hatte. Kaum war er außer Hörweite, bat Ana Mohammed zu gehen. „Mohammed, ich fürchte, du bist hier auf feindlichem Terrain. Don Ricardo ist skrupellos und sicherlich nicht dumm. Er ahnt meine Gefühle für dich. Auch wenn es mir fast das Herz bricht – ich möchte, dass du gehst.“
Mohammed rückte ein wenig näher an Ana heran. „Ich gehe, jedoch nur, wenn du mir versprichst, dass du mir morgen eine Nachricht zukommen lässt, wie du dich entschieden hast. Wähle eine Zofe, der du absolut vertraust. Mir scheint, dass wir besser äußerst vorsichtig sein sollten.“
Ana nickte ungeduldig. „Ja, ich verspreche es, aber nun geh, bitte!“
Mohammed erhob sich und verabschiedete sich laut und deu tlich von Ana. „Herzogin Ana, mit Euch vergeht sie
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