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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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hat Jem zu den Fliegern hinaufgeschickt“, sagte Evans Freund und wiederholte die Nachricht aus Thossi, „es heißt, er habe sie erkannt und sie namentlich angesprochen, aber sie haben ihm nicht geantwortet. Du solltest in die Stadt kommen und es dir ansehen, Evan. Wann immer man hinaufblickt, ist der Himmel voller Flieger.“
    „Der Landmann hat den Fliegern befohlen, seinen Himmel zu verlassen, aber sie gehorchen nicht. Warum sollten sie auch? Wie die Sänger sagen, der Himmel gehört den Fliegern!“
    „Ich habe gehört, daß eine Fliegerin aus Thrane mit einer Nachricht für unseren Landmann angekommen ist. Aber als sie im Empfangszimmer vor ihrer Zuhörerschaft erschien, wurde der Landmann blaß vor Angst, denn die Fliegerin war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Während sie ihre Nachricht vortrug, zitterte er. Dennoch fragte er sie, bevor sie ging, warum sie ganz in Schwarz gekleidet sei. ‚Ich werde den Kreis unterstützen*, sagte sie ruhig zu ihm, ‚und trauere um Tya.’ Und das tat sie auch.“
    „Man erzählt sich, daß die Sänger in Port Thayosalle schwarz gekleidet sind und einige andere Leute auch. Die Straßen sind voll von Händlern, die schwarze Kleider verkaufen, und die Färber haben alle Hände voll zu tun.“
    „Jem ist zu den schwarzen Fliegern gestoßen!“
    „Der Landmann hat die Landwachen aus Thrane zurückgerufen. Er hat Angst vor dem, was die Flieger tun könnten, habe ich gehört, und will seine besten Bogenschützen um sich haben. Die Festung ist voller Menschen. Es heißt, der Landmann verläßt das Haus nicht mehr, um zu verhindern, daß der Schatten ihrer Flügel auf ihn fällt.“
    S’Rella brachte die willkommene Nachricht, daß ihr Dorrel am nächsten Tag folgen würde. Maris selbst hielt den ganzen Nachmittag auf den Klippen Ausschau, denn sie war zu ungeduldig, um mit S’Rella im Haus zu warten. Endlich sah sie die lang erwartete dunkle Gestalt am Himmel. Sie lief eilig in den Wald, um ihn dort zu treffen.
    Es war ein heißer, windstiller Tag. Schlechtes Flugwetter. Während sie durch das hohe Gras ging, das die Hütte verbarg, mußte Maris viele angriffslustige Insekten abwehren. Ihr Herz klopfte vor Aufregung, als sie die schwere Holztür aufstieß.
    Sie blinzelte, denn der Raum erschien ihr dunkel, da sie aus dem hellen Sonnenlicht kam. Dann fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter und hörte eine vertraute Stimme ihren Namen aussprechen.
    „Du … du bist gekommen“, sagte sie. Plötzlich war sie außer Atem. „Dorrel.“
    „Hast du daran gezweifelt?“
    Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Das vertraute Lächeln, seine Art, dazustehen.
    „Hast du etwas dagegen, daß wir uns setzen?“ fragte er. „Ich bin schrecklich müde. Es war ein langer Flug vom Westen hierher, und es ist mir nicht bekommen, daß ich versucht habe, S’Rella einzuholen.“
    Sie rückten zwei mächtige Sessel, die früher einmal sehr schön gewesen sein mußten, dicht zusammen. Aber die Polster waren staubig, angeschimmelt und feucht.
    „Wie geht es dir, Maris?“
    „Ich … lebe. Frag mich noch mal in einem Monat oder so, vielleicht habe ich dann eine bessere Antwort.“ Sie sah in seine dunklen ernsten Augen, wich ihnen wieder aus. „Wir haben uns lange nicht gesehen, Dorrel.“
    Er nickte.
    „Ich habe verstanden, daß du nicht an der Versammlung teilgenommen hast. Ich hoffte, du würdest das tun, was für dich das Beste ist. Aber ich war überglücklich, als S’Rella zu mir kam und mir deine Nachricht brachte, und mich bat, zu dir zu kommen.“ Er setzte sich ein wenig aufrechter hin. „Aber sicherlich hast du nicht nach mir geschickt, nur weil du einen alten Freund wiedersehen wolltest.“
    Maris atmete tief durch. „Ich brauche deine Hilfe. Du hast von dem Kreis gehört? Den schwarzen Fliegern?“
    Er nickte. „Gerüchte verbreiten sich wie ein Lauffeuer. Ich habe sie gesehen, als ich ankam. Ein eindrucksvoller Anblick. Dein Werk?“
    „Ja.“
    Er schüttelte den Kopf. „Aber das ist vermutlich noch nicht alles. Was hast du vor?“
    „Willst du mir dabei helfen? Wir brauchen dich.“

„Wir? Du stehst auf Seiten der Einflügler, vermute ich?“ Obwohl in seiner Stimme weder Ärger noch Mißfallen klang, spürte Maris, daß er sich innerlich von ihr zurückgezogen hatte.
    „Es ist keine Frage der Seiten, Dorr. Wenigstens nicht unter den Fliegern. Das darf es auch nicht – das wäre tödlich, es wäre das Ende von allem was uns beiden wichtig ist.

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