Kinder des Mars
Wetter, nur falsche Kleidung.«
Beide trugen lange Jogginghosen und Windjacken über ihren T-Shirts. Jack hatte außerdem sein widerspenstiges dunkles Haar unter eine Wollmütze gezwängt. Seine Hände setzte er ungeschützt der Witterung aus, während Lukes Chirurgenhände von Handschuhen beschützt wurden. Luke legte sehr viel Wert auf seine Hände, da sie sein wichtigstes Arbeitsinstrument waren.
Jack machte einen Ausfallschritt und dehnte den Hüftbeuger. »Sehen wir uns heute Abend?«
»Klar. Macht es dir was aus, wenn ich gleich weiter laufe? Ich will nicht, dass meine Muskeln kalt werden.«
»Zisch schon ab. Wir können später reden.«
Luke spurtete los, als sei damit ein Startschuss gefallen. »Bis dann!« rief er über die Schulter zurück.
Jack sah Luke hinterher, während er mit seiner rechten Hand nach seinem rechten Fuß griff und, auf dem linken Bein balancierend, den Oberschenkel dehnte.
Luke lief nach links, zum Krankenhaus, in dem er arbeitete und wo er einen Spind mit frischer Kleidung und Handtüchern hatte. Er konnte dort duschen, bevor er den Dienst antrat.
Jack suchte in seiner Hosentasche nach dem Haustürschlüssel und bekam ihn unter einer halbvollen Packung Tempotaschentücher zu fassen. Vor Anstrengung noch zittrig öffnete er die Tür, die hinter ihm von selbst zufiel, wählte die Treppe, nicht den Fahrstuhl, nahm immer zwei Stufen auf einmal und schloss seine Wohnung auf. Sein Atem hatte sich mittlerweile beruhigt. Jack stieß die Tür mit dem Fuß zu, streifte die Uhr vom Handgelenk und warf auf dem Weg in die Küche Uhr und Schlüssel in eine Glasschale, die auf der Kommode im Flur stand. Die Uhr war wasserdicht und sehr robust, aber zum Duschen zog er sie trotzdem aus.
Er hatte drei Zimmer für sich allein, eine großzügige Studentenbude, die er seinem Vater verdankte. George Fuller hatte genug Geld und war seinem Sohn gegenüber nicht geizig, im Gegenteil, die große Wohnung war Georges Idee gewesen. Jack fand es nach drei Jahren im Wohnheim zwar angenehm, mehr Platz zu haben, doch zwei Zimmer hätten ihm genügt. Aber sein Vater machte sich permanent Gedanken, dass Jack zu viel lernte und zu wenig das Leben genoss, also hatte Jack bei der Wohnungssuche nachgegeben. Er musste sich oft genug die Frage gefallen lassen, warum er seine Kreditkarte, die auf seinen Vater lief, nicht häufiger benutzte, und warum die Ausgaben, die auf den Rechnungen auftauchten, meist für Essen und Studienbedarf waren.
Jack legte keinen Wert auf Verschwendung. Ab und an kaufte er neben Lebensmitteln, Büchern und Gadgets noch Sportequipment. Mehr brauchte er nicht. Er sah nicht ein, weshalb er sich den Kopf darüber zerbrechen sollte, mit was für unnützem Zeug er die Kreditkarte belasten könnte, nur weil sein Vater Geld hatte. Jack studierte in Harvard, alles, was er wollte, war lernen, und sich die hohen Studiengebühren zu leisten war Luxus genug. Jack hatte nur ein Hobby, nämlich durch Sport seine körperlichen Grenzen auszutesten. Das brauchte er, um abzuschalten. Leider war gerade das seinem Vater nicht Recht, weil er Angst um seinen Sohn hatte, doch Jack hielt sich seinem Vater zuliebe oft genug zurück.
In der Küche leerte Jack eine halbe Flasche Evian, die auf dem Tisch stand. Nicht im Kühlschrank, das war zu kalt und laut Luke für den Magen schädlich, besonders wenn der Körper vom Sport erhitzt war. Darum stellte Jack stilles Wasser nie kalt. Der Kühlschrank war Sprudel, Tonic Water, Bier und Essen vorbehalten.
Jack war erst im Sommer eingezogen und hatte sich seither nicht sonderlich um die Möblierung gekümmert. Die Küche war wie der Rest der Wohnung spartanisch eingerichtet. Eine Zeile mit Kühlschrank, Eisfach, Herd, Ofen, Spüle, Spülmaschine und kleiner Arbeitsfläche nahm eine Seite ein. Ihr gegenüber standen ein schlichter Holztisch mit vier Stühlen.
Das Wohnzimmer, in dem Jack auf dem Weg zum Bad seine Kleider verteilte, verfügte über eine Couch, zwei Sessel, einen Tisch, einen Fernseher und ein vollgestopftes Bücherregal. Das Bad lag innen, zwischen Wohn- und Schlafzimmer, hatte keine Fenster und keine Badewanne. Jack juckte das nicht. Ihm genügte die Dusche.
Das Wasser war heiß. Jack zuckte zusammen. Er drehte den Kaltwasserhahn zum Mischen auf, schäumte sich von Kopf bis Fuß ein, wusch die Haare gleich mit und stieg bereits fünf Minuten später aus der verdampften Duschkabine. Jack rubbelte seine braunen Haare mit einem Handtuch trocken, wickelte
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