Kinderseelen Verstehen
Soziologie, der Anthropologie, der Philosophie, der Kunst und Ästhetik sowie der psychoanalytisch orientierten Psychologie Symbole und Symbol(be)deutungen zum Tragen.
In diesem Buch geht es um Symbole und Symbol(be)deutungen im Verhalten der Kinder – hauptsächlich ausgerichtet nach den Fachdisziplinen der psychoanalytisch orientierten Psychologie (Carl Gustav Jung) und der Anthropologie (Mary Douglas, Raymond Firth, Dan Sperber, Victor Turner und Roy Wagner). Doch statt ausführlicher Symboltheorien finden hier ausgewählte, praktische Beispiele aus einer über 30-jährigen therapeutischen Arbeit mit Kindern und ihren Familien Platz. Ebenso Beispiele, die sich aus meiner wissenschaftlichen Begleitung von Kindern in Tageseinrichtungen und aus eigenen empirischen Befunden ergeben haben. Dabei werden sich in den reichhaltigen Informationen und Erläuterungen vielleicht das eine oder andere Mal auch Widersprüche von Ihrer Seite aus ergeben, wenn persönliche Einschätzungen Ihrerseits und meine Ausführungen nicht deckungsgleich zu sein scheinen. Das liegt in der Natur der Sache, gerade bei einem solch sensiblen Thema.
Richtig ist sicherlich, dass Symbole – je nach der fachlichen Ausrichtung der Betrachter oder einer persönlich geprägten Einschätzung – vielschichtig sind und damit unterschiedlich betrachtet werden können. Symbolbedeutungen besitzen tatsächlich stets eine gewisse Mehrdeutigkeit. Allerdings helfen Symbolbedeutungen, die einerseits an aktuellen Erkenntnissen der Anthropologie und andererseits an der jungschen, psychoanalytisch orientierten Psychologie ausgerichtet sind, dabei, in eine fachlich fundierte Deutung zu kommen – im Gegensatz zu einer persönlich gefärbten Interpretation. Die Unterschiede lassen sich wie folgt auf den Punkt bringen:
Deutung von Symbolen
Interpretation von Symbolen
Grundlage: Hier kommt ein aktuelles Grundlagenwissen aus den Fachdisziplinen Anthropologie, der psychoanalytisch orientierten Psychologie und der aktuellen Entwicklungspsychologie zum Tragen.
Grundlage: Fehlendes Wissen (Annahmen) oder ein vorhandenes Halbwissen dienen als Ausgangspunkt und führen zu einer persönlich geprägten Sichtweise, in der in den seltensten Fällen eine fachliche Ausrichtung gewährleistet ist.
Herstellung einer sinnverbundenen Betrachtung des Symbols in Abhängigkeit von möglichst vielen, erfassbaren Bedingungen und Einflussfaktoren, die den Menschen dazu führen, diese ureigene, symbolisch bedeutsame Ausdrucksform zu wählen.
In einer Interpretation werden vor allem spontane, sinnzusammenhängende Bedingungen und Einflussfaktoren häufig außer Acht gelassen, sodass es automatisch zu isolierten Betrachtungen kindeigener Ausdrucksformen kommen muss.
Bei einer Deutung will der Erwachsene in erster Linie das Ausdrucksverhalten des Kindes, seine Welt und damit das Kind selbst verstehen.
Bei einer Interpretation hat der Erwachsene häufig schon ein bestimmtes, feststehendes Bild vor Augen, warum ein Kind gerade dieses Ausdrucksverhalten zeigt.
Während der Deutungsarbeit ist der Erwachsene dem Kind und seinem Symbolverhalten sehr nahe. Hier findet eine Begegnung auf einer fachlich-menschlichen Ebene statt. Das Kind sucht mit seinem Symbolverhalten eine
Ausdrucksmöglichkeit und der Erwachsene sucht eine Antwort auf seine Verständnisfragen. Beide sind Suchende!
Bei einer Interpretationsarbeit steht ein kognitiv orientiertes Verstehen an erster Stelle. Dabei gibt es eine deutliche Rollenhierarchie, indem sich die interpretierende Person häufig »über« die Person des Kindes stellt und dabei mit erster Priorität nur das Ausdrucksverhalten im Auge hat, verbunden mit dem Ziel, das Verhalten des Kindes zu verändern.
Bei einer ergebnisoffenen Deutung sieht sich auch die Deutung suchende Person als ein Faktor im Bedingungsgefüge, die in der Vergangenheit/Gegenwart dazu beigetragen hat bzw. immer noch dazu beiträgt, dass das Kind diese besondere Ausdrucksform zeigt.
Bei einer Interpretation sieht sich die Person, die eine Hintergrunderklärung für das kindliche Verhalten sucht, nicht
als ein möglicher Grund für die gezeigte Ausdrucksform, sondern betrachtet im Kind den Grund und das gezeigte Symptom zugleich.
Bei einer Deutung ist der Erwachsene selbst von seiner Erkenntnis emotional betroffen.
Bei einer Interpretation hält sich der Erwachsene sehr nahe bei seiner kognitiven Erkenntnis auf (er glaubt, etwas erkannt zu haben).
Personen, die mit Deutungen arbeiten, versuchen
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