Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke
die Girlanden entlang den Hauptstraßen. Und natürlich waren die Geschäfte gestopft voll mit Käufern, und ein Trio der Heilsarmee tutete auf Trompeten »Deck the Halls«. Um fröhlicher zu werden, beschloß ich, meine Strategie für die beiden nächsten Tage auszuarbeiten.
Jeder, der mich kennt, wird Ihnen erklären, daß ich froh bin, nicht verheiratet zu sein. Ich bin weiblich, zweimal geschieden, keine Kinder und keine engen Familienbande. Von Beruf bin ich Privatdetektiv. Normalerweise bin ich vollkommen zufrieden mit dem, was ich tue. Es gibt Zeiten, da mache ich ewig Überstunden wegen eines Falles, dann wieder bin ich unterwegs, und dann wieder igele ich mich in meinem winzigen Apartment ein und lese tagelang. Wenn jedoch Feiertage vor der Tür stehen, habe ich festgestellt, daß ich mich selbst überlisten muß, damit das Fehlen von geliebten Personen keine Depression erzeugt. Thanksgiving war toll gewesen. Ich hatte den Tag mit Henry und ein paar von seinen Kumpeln verbracht. Sie hatten gekocht und Champagner getrunken und gelacht und Geschichten aus lang vergangenen Tagen erzählt, bis ich mir wünschte, ich wäre so alt wie sie und nicht so jung, wie ich bin, nämlich zweiunddreißig.
Jetzt verließ Henry die Stadt, und sogar Rosie, die die schmuddelige kleine Kneipe hat, in der ich oft esse, hatte bis zum 2. Januar geschlossen und weigerte sich, irgend jemandem zu verraten, was sie vorhatte. Rosie ist Sechsundsechzig, Ungarin, klein, vollbusig und manchmal grob. Es war also nicht so, daß ich befürchtete, liebevollen Klatsch und Tratsch zu verpassen. Die Tatsache, daß sie ihre Kneipe schloß, war bloß eine weitere Erinnerung daran, daß ich ganz allein auf dieser Welt war und mich besser darum kümmerte, was ich nun tun wollte.
Auf jeden Fall beschloß ich nach einem Blick auf meine Armbanduhr, daß ich ebensogut heimfahren konnte. Ich schaltete den Anrufbeantworter ein, schnappte mir meine Jacke und meine Handtasche und sperrte gerade ab, als Darcy Pascoe, die Empfangsdame der Versicherungsgesellschaft nebenan, ihren Kopf durch die Tür steckte. Ich hatte früher ausschließlich für die California Fidelity gearbeitet, ganztags, hatte Brände untersucht und Betrugsfälle bei Lebensversicherungen. Jetzt haben wir ein inoffizielles Abkommen. Ich bin mehr oder weniger abrufbereit, erledige eine Anzahl von Untersuchungen für sie, und dafür habe ich meine Büroräume in der Innenstadt, die ich mir sonst nie leisten könnte.
»Mann, bin ich froh, daß ich dich noch erwischt hab’«, meinte Darcy. »Mac hat mir aufgetragen, dir das hier zu geben.«
Sie reichte mir eine Akte, auf die ich automatisch einen Blick warf. Das Blankoformular darin deutete darauf hin, daß ich einen Brand untersuchen sollte, den ersten seit Monaten.
»Mac hat das getan?« Mac ist der Vizepräsident von California Fidelity. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß er sich persönlich mit Routineunterlagen befaßte.
»Nun ja, eigentlich hat Mac sie Andy gegeben, und Andy hat mir gesagt, ich sollte sie dir geben.«
Am Deckel der Akte hing ein Notizzettel mit dem Datum von vor drei Tagen und dem Vermerk EILT. Darcy fing meinen Blick auf, und ihre Wangen röteten sich leicht.
»Die war unter einen Haufen Zeug auf meinem Schreibtisch gerutscht, sonst hätte ich sie dir schon früher gebracht«, entschuldigte sie sich. Darcy ist Ende Zwanzig und nimmt alles ein bißchen locker. Ich ging zu meinem Schreibtisch hinüber, warf die Akte auf ein paar andere, an denen ich arbeitete. Ich würde mich gleich am nächsten Morgen daranmachen. Darcy blieb an der Tür stehen. Sie erriet meine Absicht.
»Kannst du nicht heute schon damit anfangen? Ich weiß, daß er es eilig hat, daß jemand da rausfährt. Jewel sollte sich eigentlich darum kümmern, aber sie hat zwei Wochen Urlaub. Deshalb hat Mac gemeint, du könntest es übernehmen.«
»Worum geht es?« .
»Ein großer Lagerbrand draußen in Colgate. Wahrscheinlich hast du in den Nachrichten davon gehört.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich war in L. A.«
»Na ja, die Zeitungsausschnitte sind auch da drin. Schätze, die wollen baldmöglichst jemanden da draußen.«
Ich war wütend über den Druck, aber ich öffnete den Aktendeckel noch einmal und überflog die Verlustanzeige, die zuoberst lag. » Wood/Warren?« sagte ich.
»Kennst du die Gesellschaft?«
»Ich kenne die Woods. Bin mit der jüngsten Tochter zur High-School gegangen. Wir waren in derselben Klasse.«
Sie sah
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