Kismet Knight
Gummis!«
Ich versuchte mir ein Kondom vorzustellen, das groß genug war, um Erics ganzen Körper zu bedecken. Ich wollte nicht denEindruck erwecken, dass ich predigte oder Vorschriften machte, denn dann würde sie nicht wiederkommen, aber ich musste ihr irgendwie begreiflich machen, wie gefährlich dies war.
»Midnight, was ist mit Krankheiten, die über das Blut übertragen werden können? Was ist mit Aids? Blut zu trinken ist wirklich gefährlich.«
»Vampire kriegen solche Krankheiten nicht.«
»Aber Eric und die anderen Lehrlinge sind ganz normale Typen, oder? Menschen?«
Sie sah schweigend in ihren Schoß hinunter.
»Wirst du erwägen, auf Dinge wie das Schneiden und Bluttrinken zu verzichten, bis wir uns das Drumherum näher angesehen haben?«
Sie schwieg so lange, dass ich zu fürchten begann, sie würde gleich aufspringen und aus meinem Sprechzimmer stürzen, aber endlich stieß sie einen lauten Seufzer aus. »Ich nehm’s an.«
Ich atmete aus – etwas, das ich seit einer ganzen Weile nicht mehr getan hatte.
Puh! Das dürfte jetzt knapp gewesen sein. Aber selbst wenn sie mir bloß nach dem Mund redet, ist es ein Anfang
.
»Danke, Midnight. Ich weiß es zu schätzen – deine Unvoreingenommenheit und deine Bereitschaft, dich auf unsere Arbeit hier einzulassen.
Von den Ritualen bei Eric zu Hause einmal abgesehen, ziehen die Lehrlinge sich also vor allem entsprechend an und verbringen ihre Zeit mit Dev und seinen Vampirfreunden in diesem Club in der Stadt?«
Sie nickte.
»Erzähl mir doch ein bisschen was von Dev!«
Sie bekam wieder diesen entrückten Blick, und ihre Stimmung hob sich merklich.
»Er ist einfach toll – richtig heiß! Mindestens einsfünfundachtziggroß. Ich hab’s einfach mit großen Männern. Tolles langes blondes Haar, türkisfarbene Augen – nicht blau, nicht grün, richtig türkis – und ein Körper, da kann man sich nur noch hinlegen! Trägt immer irgendwelche engen dunklen Ledersachen.« Sie seufzte und schien sekundenlang wieder vollkommen abzuheben.
Hm. Hört sich durchaus interessant an.
Ich lachte leise und sagte: »Ich glaube, ich habe eine ungefähre Vorstellung. Aber was ist mit ihm selbst? Warum hängt er in einer Bar in Denver herum? Was treibt er so? Wer ist er?«
»Darüber redet er nicht viel. Er hat mir einmal erzählt, dass er seit achthundert Jahren Vampir ist und dass er Colorado liebt, weil die Berge hier ihn an irgendeinen Ort in Europa erinnern, wo er lebte, bevor er gestorben ist. Aber er besitzt anscheinend tonnenweise Geld. Er hat ein tolles Loft in der gleichen Straße wie die Bar – die gehört ihm übrigens, und das ist so cool. Manchmal lässt er uns vorbeikommen und die Musik aufdrehen, und er hat immer etwas zu essen da, obwohl er selbst nichts isst.«
Und warum verbringt dieser allem Anschein nach auffallend attraktive, wohlhabende Mann seine Zeit mit Teenagern? Er hat eine Menge Regeln aufgestellt. Betrachtet er sich selbst als Vaterfigur? Oder wählt er seine Opfer aus – intelligent und geschickt wie ein Raubtier?
Ich warf einen Blick auf die Wanduhr. »Okay, Midnight. Für heute war es das. Ich würde dich bis auf weiteres gern zwei Mal pro Woche sehen, damit wir eine Vorstellung davon bekommen, inwiefern ich dir helfen kann. Wärst du damit einverstanden?«
»Ich glaube schon. Sie sind okay, und es erleichtert einen schon, wenn man endlich einmal mit jemandem darüber reden kann. Sonst muss ich immer so vorsichtig sein, wem ich was erzähle – sogar bei Emerald.«
Wir machten den nächsten Termin aus, und ich begleitete sie ins Wartezimmer hinaus und fragte mich dabei, wie sie wohl ohne das ganze Make-up aussehen würde. Dann schüttelte ich den Kopf und überlegte mir, was für ein Wunder es war, dass es überhaupt Leute gab, die es fertiggebracht hatten, die Teenagerzeit zu überstehen.
Midnight war an diesem Tag meine letzte Patientin gewesen, also setzte ich mich als Nächstes an den Schreibtisch, schüttelte die Schuhe von den Füßen und legte eine Patientenakte für die junge Frau an. Auf eine Diagnose wollte ich mich noch nicht festlegen, aber ich notierte ein paar Möglichkeiten und fügte der Akte eine Seite mit Notizen hinzu:
Weiblich, neunzehn Jahre alt. Anwesend auf Wunsch der Familie. Erzählt nach einigen halbherzigen Bedenken bereitwillig von ihren Erfahrungen. Tatsächlich war sie geradezu begierig darauf, alles bei mir abzuladen, und fast zu bereit, von den ganzen schockierenden Details zu erzählen. Ich
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