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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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den Empfang zu quittieren …
    Was beginnt jetzt?, fragte er sich. Gesetztes, bequemes Leben, Schokolade mit den dicken Freundinnen der Gemahlin? Nachmittagsveranstaltungen am Hof mit leiser Musik? Porzellantassen, die man nicht fallen lassen darf, abgespreizte, speckige Finger, Kutschfahrten, Kindergeschrei? Gemeinsames Lesen im Brevier? Gepflegte Unterhaltung? Gar das Alter?
    Dies wohl noch nicht. Maricati war jung, viel jünger als Candela.
    Wie relativ doch alles ist. Was heißt schon jung, was heißt schon alt? Er dachte an die Gitana, an die Nächte mit ihr, und an Maria Barbara, seine Herrin, und seufzte.
    Ein Boot fuhr dicht am Ufer flussaufwärts. Das große dreieckige Segel schob sich vor die tief stehende Sonne, die sich darauf abbildete.
    Wieder sah Escarlati den Pergamentbogen vor sich, den sein Vater über ihm in der Hand hielt, vom Mittagslicht durchschienen, während er, der Schüler, spiegelverkehrt seine eigene Handschrift betrachtete wie ein Manuskript Leonardos, die Tusche noch nass, und auf des Vaters Urteil wartete, wie immer ohne große Vorfreude, denn selbst ein Lob bedeutete stets auch den unausgesprochenen, jedoch in die väterliche Mimik eingebackenen Nachsatz: Doch nimmermehr so gut wie das meine .
    Escarlati beobachtete, wie die Sonnenscheibe sich in das Segel einbrannte, wie die Flammen das Leinen durchfraßen, das Loch von einem schwarzen Rand aus Asche umkränzt und das Segel in Brand gesteckt wurde – doch nein, das Schiff hatte den Sonnenball bereits passiert, und er blendete wieder mit aller Kraft. Domingo wandte das Gesicht ab, fürchtete den Geruch von Verbranntem.
    Dann kehrte er dem Fluss den Rücken und marschierte zurück zur Stadt, betrat das Gassengewirr jenseits der Kathedrale, um sich ein letztes Mal im Labyrinth der Höfe, Mauern und Durchstiche zu verirren.
    Es war die Zeit zwischen Tag und Nacht, die Stunde, in der das Sonnenlicht über die Stufen und Kanten der Dachlandschaft stolpert, um dann über deren letzten Rand hinabzustürzen. In den Gassen war es still, keine Geschäftigkeit des Tages fand sich mehr und auch noch kein kerzenbeschienenes Getümmel in den Bodegas.
    Der Weg ging an einem trockenen Brunnen vorbei, ein blindes Auge; Escarlati sah hinab: nur Erde. Ein alter, verrosteter Eimer stand neben dem Loch, wie aus Staub modelliert – verwehen würde er, griffe man nach dem Henkel. Eine Katze huschte davon.
    Der Weg war grasbewachsen. Auf Mauerresten standen hie und da Töpfe, in denen vertrocknete Gewächse hingen. Hundegebell durchdrang die Stille, heiser und weit weg.
    Die Umgebung kam Domingo bekannt vor. Hier war es doch, wo ich damals …
    Da kam ihm auch schon die alte Frau entgegen, die ihm einst geweissagt hatte, und zog ihn am Rock.
    »Kommt, ich erzähle Euch mehr«, rief sie, als wäre keine Zeit vergangen, doch Escarlati schüttelte den Kopf. »Dies und das hat sich ja schon erfüllt, ist es nicht so?«, beharrte sie und ließ sich nicht abschütteln. »Und Neues hab ich zu bieten! Ihr geht wieder fort, nicht wahr? Ich sag Euch, wie’s wird …« Domingo aber wollte nicht, wollte sein weiteres Schicksal nicht wissen und ging schneller.
    Ein paar Jungen hefteten sich den beiden an die Fersen, ach, die kannte er auch, das war Montoyas Publikum, es waren dessen begierige Zuhörer.
    »Eine Geschichte, Herr!«, rief der Vorlauteste. »Geld oder eine Geschichte oder beides! Gebt uns was!«
    »Erzählen kann ich nicht gut«, rief Domingo hinter sich, »geht zu Montoya!«, und ergriff die Flucht. Die Alte humpelte ihm noch eine Weile hinterher, rupfte ein letztes Mal an seinem Gewand und gab dabei eine Probe ihres Könnens: »… und dann wirst du noch einmal heiraten«, kicherte sie, »jaja, eine Frau mit schwarzen Augen und schwarzen Haaren, und ihr Name wird mit X beginnen. – Wie? O ja, nach dem Tod deiner schönen, jungen, lieben Frau – ich kann nichts dafür, seh’s nur und sag dir, wie es ist. Und noch einmal wirst du dann ein wenig glücklich sein, dort in Madrid, aber auch ein wenig traurig, doch das kennst du ja schon, so ist das Leben, und an einem Kreuzweg wirst du schließlich ruhen und dein Grab finden, in Madrid – an jenem der Calle de la luna und der Calle del desengaño. – Ja, ich sehe es deutlich. Mondlicht und Enttäuschung, gelüfteter Schleier, das passt zu dir! Vivi felice! Lebe glücklich – lebe wohl!«
    Doch Domingo Escarlati hörte sie nicht mehr …

34
    Ein Nieselregen, von Böen gepeitscht, fuhr Escarlati ins

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