Kleine Kulturgeschichte des Mittelalters
effektiv. Milchprodukte konnte man nur frisch genießen oder als meist harten und oft geräucherten Käse. Butter hielt sich länger nur ausgelassen in Form von Schmalz.
Tiere wurden nur in bestimmten Jahreszeiten geschlachtet: im Herbst, wenn sie gut im Futter standen und man sie ohnehin nicht alle über den Winter bringen konnte, und im Frühjahr, wenn man einen Teil der Jungtiere aussonderte, damit die Muttertiere die verbliebenen besser aufziehen konnten. Die Federn der Gänse waren als Abgaben zu Martini (11. November) fällig, und die Tiere wurden meist beim Rupfen geschlachtet. Nur bei den Hühnern konnte man, wenn man genug Futter hatte, eine Ausnahme machen, indem man rechtzeitig vor bekannten Festterminen eine größere Zahl von Küken großzog.
Fische gab es in den unregulierten Gewässern zu jeder Jahreszeit. Ein Drittel des Jahres war ohnehin Fastenzeit, z.B. vor Ostern, vor Pfingsten, im Advent, an den Freitagen und vor bestimmten weiteren Feiertagen. Der eintönigen Fastenroutine konnte man nur entkommen, indem man kräftig würzte oder besonders delikate Fischsorten herbeischaffte; beides war teuer. Die Reichen entwickelten eine regelrechte Feinschmecker-Kultur, auch die Klöster. Meeresfische wurden, eingesalzen oder lebend in Wasserbottichen, weit ins Land gebracht; der Donau-Hausen beispielsweise war bis über Bamberg hinaus berühmt. Diese Störart, die im SchwarzenMeer lebte und bis zu einer Tonne schwer wurde, kam zum Laichen bis in die österreichische Donau herauf.
Das «Wasserrecht» hatten nur die Herrschaften. Das galt nicht nur für professionelles Fischen, sondern vor allem für die Mühlen, deren Betreiber zusätzlich ein Wegerecht brauchten. Daher zerstießen einfache Leute das Getreide im Mörser oder kochten es zu Brei. Dafür kamen alle Getreidesorten in Frage; am wenigsten angesehen war die Gerste. Das weiße Mehl, aus Weizen oder Dinkel, war den besseren Leuten vorbehalten. Die Oberschichten ernährten sich nicht unbedingt gesünder.
Trinken
Getrunken haben die Adeligen bevorzugt Wein, und das in großen Mengen, was im Alter nicht selten für Gicht sorgte. Ungeheure Summen wurden für Wein höherer Qualität ausgegeben, z.B. den schon in der Antike beliebten Falerner. Die älteren Klöster hatten ihre besseren Weingärten in Südtirol und Oberitalien, die jüngeren in der Wachau, aber es wurde auch Wein in Gegenden angebaut, an die wir heute nicht einmal denken würden; die Qualität war dann auch danach. Da die Weine zumeist stark gewürzt und bis zur Hälfte gewässert wurden, fiel das vielleicht weniger auf.
Fährt man das niederösterreichische Kamptal hinauf, sieht man noch weit oben im Gelände die ehemaligen Weinterrassen. Der «staubtrockene» Oberpfälzer Wein in der Gegend von Regensburg wurde gegen Ende des Mittelalters allmählich vom Bier verdrängt, erfreut sich aber in der letzten Zeit erneuten Interesses.
Bier wird bekanntlich aus Getreide gebraut, dem Grundnahrungsmittel schlechthin. Nur wenn genug davon vorhanden war, war Bier erschwinglich, obwohl man in der Regel minder angesehenes Getreide wie Gerste verwendete. Arme Leute mussten aber oft auch Gerstenbrot essen. Das damalige Bier hielt nicht lange; das Lagerbier wurde erst im 19. Jahrhundert erfunden. Als«Nahrungsmittel» brach es das Fasten nicht, und darum brauten die Mönche in diesen Zeiten speziell hochprozentiges Bockbier, das heute noch vor Weihnachten oder in der vorösterlichen Fastenzeit getrunken wird.
Moraz
(Maulbeerwein),
wîn
und
lutertranc
(vermutlich eine Art Gewürzwein oder Obstsaft) werden oft bei repräsentativen Mahlzeiten erwähnt. Obstsäfte, ob vergoren oder nicht, waren wegen der schwierigen Konservierung eine Kostbarkeit. Branntwein ist für das Mittelalter nicht nachweisbar.
Mit dem Met hat es eine eigene Bewandtnis. Honig war nicht billig und das einzige effektive Süßmittel. Ein Fässchen Met konnte in Gegenden, wo es aufgrund des Klimas weniger Honig gab, sehr teuer werden. Zwei Phänomene aber verschafften dem Met unverdiente Popularität: Sagenhafte Helden trinken immer Met, den sich ein Dichter auf dem Pergament ja auch leisten konnte. Und als Grabbeigabe, als symbolische Wegzehrung für die Reise ins Jenseits, findet sich häufig ein Honigtrank, der wegen seiner speziellen Zusammensetzung relativ leicht nachweisbar ist. Abgesehen davon wird es wohl ein ziemlich seltenes Getränk gewesen sein.
Sauberes Wasser zu bekommen, war nicht überall so einfach. Das mag auch
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