Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knallhart nachgefragt - Die populaersten Mythen und Irrtuemer

Knallhart nachgefragt - Die populaersten Mythen und Irrtuemer

Titel: Knallhart nachgefragt - Die populaersten Mythen und Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Schlegel
Vom Netzwerk:
herauskam....
     
    Angefangen hat es mit einem Mythos, dem ich selbst jahrelang aufgesessen habe. Wir alle kennen Dinge und Symbole, die uns immer wieder begegnen und denen wir eine Eigenschaft zuweisen. Eine Eigenschaft, die wir uns nicht ausdenken, sondern die wir irgendwann einmal beigebracht bekommen und seit dem in unser Leben und unsere Ansichten übernommen haben. Diese Definitionen halten sich dann in unserem Bewusstsein und werden das, was wir „Alltagswissen“ nennen. Sind diese Dinge erst einmal fest verankert in unserem Kopf, dann bleiben sie dort bestehen und werden weitergegeben oder dienen als Grundlage für Argumentationen. Schlimm nur, wenn sich dann herausstellt, dass diese Dinge falsch waren und wir jahrelang zwar eine schöne und logisch klingende Begründung im Kopf hatten, jedoch einem Mythos aufgesessen sind....
     
    So war es in meinem Fall: Es ging zwar nicht um so profunde und eigentlich alltägliche Dinge, sondern schon um etwas Spezielles. Es war die Europäische Union, genauer gesagt: Es war die Flagge der Europäischen Union, die wir alle kennen: Blauer Hintergrund mit einem Kreis aus goldenen Sternen. Mir wurde immer beigebracht, diese Sterne symbolisierten die Mitgliedsstaaten, ähnlich wie bei der amerikanischen Flagge. Ich weiß nicht mehr, wo ich diese Definition zum ersten Mal hörte, aber sie erzeugte nie Zweifel an ihrer Richtigkeit und wurde in meinem Kopf im Lauf der Jahre zu der unumstößlichen Wahrheit. Ich wusste es so von der amerikanischen Flagge, die mehrmals im Lauf der Geschichte an die Zahl ihrer Mitgliedsstaaten angepasst wurde und warum sollte nicht auch Europa jedem Mitgliedsland einen kleinen Stern auf der Flagge gönnen? Aber es war falsch, wie sich im Mai 2004 herausstellte und mein Leben um eine Freundschaft ärmer machte...
     
    Es war der Tag, an dem zehn weitere Staaten in die Union aufgenommen wurden und ich war abends mit einem Freund in der kleinen Kneipe an der Ecke verabredet. Wir trafen uns wie vereinbart und kippten uns wie immer wenn wir aufeinander trafen einige Bierchen hinter die Binde, wie es so schön heißt. Irgendwann schweifte mein Blick zum Fernseher, der über dem Tresen die Nachrichten anzeigte. Dort lief gerade die Übertragung der Feierlichkeiten eines der neuen EU- Länder in den Nachrichten und man sah im Hintergrund die Flagge der EU wehen. Neunmalklug wie ich war musste ich sofort besser wissen, dass dies ja gar nicht die richtige Fahne wäre, denn es fehlten ja die neuen Sterne, immerhin sind gerade zehn neue Staaten der Union beigetreten und damit war es schon auffällig, dass die Sterne im Kranz nicht dichter aneinander rückten. Ich erwartete jetzt keine Sternenkarte im Wind wehen, aber störte mich doch daran, dass die neuen Kandidaten scheinbar nicht einmal aktuelle Flaggen aufhängen konnten. Ob ich dies mit einer entsprechend abfälligen Bemerkung (die sicher dem Alkoholpegel geschuldet wäre, wenn es denn eine gab) lautstark äußerte weiß ich nicht mehr, aber mein Freund musste lauthals losprusten vor Lachen. Ich hätte ja gar keine Ahnung, knallte er mir an den Kopf. Sofort sah ich mich in meiner Ehre gekränkt und verletzt: Der Waldorfschüler mit seinem biologisch-alternativen Lebensstil und einer Weltanschauung, die ihn in einer fernen Zukunft auf einem noch nicht entdeckten Planeten von Umweltaktivisten und Tofu – Bauern als Mitglied der regierenden Elite qualifiziert hätte wollte dem frischen Einserabsolventen der Volkswirtschaft sagen wo es lang geht. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen und konterte entsprechend. Dabei muss das eine oder andere Wort gefallen sein, das seinen ideologischen Horizont zerschmetterte, denn wenige Minuten später knallte er sein Glas auf den Tresen, als wolle er damit einen unsichtbaren Nagel ins Holz hauen und rannte wutschnaubend aus der gemütlichen Gastwirtschaft...
     
    So stand ich nun da: Das Gefühl, es besser gewusst zu haben, aber dafür einen Freund an diesem Abend vergrätzt. Der scheinbare Triumph des Geistes konnte aber nicht unterdrücken, dass ich mich nicht so gut fühlte, wie ich es tun sollte. Noch während ich an meiner Hopfen-Kaltschale nippte, merkte ich ein Gefühl der Unsicherheit in mir aufsteigen. Lag ich denn mit meinem Standpunkt auf der richtigen Seite? Für den kommenden Morgen nahm ich mir vor, dieser Sache auf den Grund zu gehen und wenn ich genügend Belege für meine Theorie hatte, meinen Freund damit endgültig zu überzeugen und den Streit

Weitere Kostenlose Bücher