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König 01 - Königsmörder

König 01 - Königsmörder

Titel: König 01 - Königsmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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geschnitzte Holzuhr an der Wand tickend vom Verstreichen der Sekunden und Minuten kündete, mit denen vielleicht die letzten Tage Lurs abliefen.
    Mit trockenem Mund und schweißnassen Händen las er den Tagebucheintrag noch einmal und blickte dann auf die niedergeschriebenen Beschwörungen. Prägte sich die Silben ein und die Siegel und die Rhythmen der Worte und sah mit hämmerndem Herzen, dass er hier den Sieg in Händen hielt.
    Sieg – und Tod.
    Es fanden sich keine weiteren Zauber mehr in dem Tagebuch nach Barls Worten des Ungeschehens. Dem Zauber, durch den Morg sterben würde – und Asher mit ihm.
    Er las ihn noch einmal. Und wieder. Und wieder. Staunte über die Schlichtheit seiner Struktur, seine exquisite Eleganz, die so durch und durch Barl war. Er kannte seine Auslöser und warum er ohne Frage funktionieren würde. Da die Magie eine verblassende Erinnerung in seinem Blut war, konnte er gerade eben noch die Macht der Beschwörung spüren. Angesichts des Potentials solch furchtbarer Zerstörung verspürte er eine flüchtige, schuldbewusste Erleichterung darüber, dass die Last, diese Worte aussprechen zu müssen, niemals ihm zufallen würde.
    Und dann – als er die Beschwörung zum achten Mal las – fügte sich in seinem disziplinierten, von Gelehrsamkeit geschärften Geist etwas zusammen. Und plötzlich sah er Barls Zauber in einem ganz neuen Licht, durchschaute ihn als das, was er war. Aber auch als das, was er sein konnte. Immer noch Sieg. Immer noch Tod – und doch etwas vollkommen anderes.
    Er schlug das Tagebuch zu. Stieß sich von seinem behelfsmäßigen Schreibtisch ab und durchstreifte Veiras kleines Wohnzimmer, holperte vom Kaminsims zum Sofa, zum Fenster und wieder zurück. Er schwitzte. Konnte er es tun? Wagte er auch nur, es zu versuchen? Wenn die Erinnerung an Magie nicht genug war, wenn seine vielgepriesene Gelehrsamkeit mangelhaft war. Wenn er nur eine einzige Silbe falsch platzierte…
    Er konnte sie alle töten. Vielleicht sogar Morg am Leben lassen.
    Nein. Er konnte es nicht tun. Sollte es nicht tun. Das Risiko war zu groß. Es war eine unaussprechliche Arroganz, auch nur daran zu denken, Barls letztes und vielleicht größtes Werk zu verändern. Wie lange war er ein Magier gewesen? Bloße Wochen. Das war nicht genug. Wenn das, was er glaubte, der Wahrheit entsprach, wenn die Kräfte, die er offenbart hatte, niemals seine eigenen waren, sondern Teil von Morgs Plan, dann war er nie ein echter Magier gewesen. War niemals etwas anderes gewesen als ein magieloser Krüppel. Eine Schachfigur, die man nach Lust und Laune benutzen und wieder wegwerfen konnte. Und doch… und doch… Er konnte es
sehen.
Es
fühlen.
Konnte die Veränderungen ihrer Beschwörung
schmecken,
wenn auch nur in seinem Geist. Er kannte Barl jetzt geradeso gut, wie sie sich selbst kannte. Wusste, wie ihr Verstand funktionierte, wie er die Welt sah und formte, wusste all diese Dinge mit absoluter Sicherheit.
    Er konnte es schaffen.
    Er warf sich wieder an seinen Schreibtisch. Schlug das Tagebuch auf, zog sich einen frischen Bogen Papier heran und füllte die Tinte in seiner Feder nach. »Ich kann es schaffen, Barl«, sagte er laut, als sei sie in der Nähe, als höre sie zu. »Ich muss es tun. Ich weiß, dass du es von mir verlangst. Und es ist die einzige Möglichkeit, meine Schulden zurückzuzahlen. Süße Dame, hilf mir…« Draußen vor dem Haus verdämmerte der letzte Rest Tageslicht, und eine vom Regen durchnässte Nacht brach an. Während die Uhren im Haus sieben schlugen, trieb Veira alle zum Abendessen in die Küche. Gerade als sie sich niedersetzten, um Darrans klumpige Kaninchenpastete zu verzehren, erschien einer der Dorfbewohner, der dem schrecklichen Wetter getrotzt hatte, an der Hintertür, um sich zu erkundigen, ob bei ihr alles in Ordnung sei. Sie scheuchte die anderen in den Flur, wo sie sich mit angehaltenem Atem versteckten, bis Gavin davon überzeugt werden konnte, dass sie wunderbar zurechtkomme, vielen Dank, und wieder ging. »Gibt es Neuigkeiten vom Zirkel, Veira?«, fragte Dathne, während sie ihre Plätze an dem überfüllten Küchentisch wieder einnahmen. »Was geschieht andernorts im Königreich?«
    Veira seufzte. »Nichts Gutes, Kind. Ich habe von allen gehört, und jede Geschichte ist die gleiche. Stürme toben von Küste zu Küste. Es gibt Überschwemmungen. Brände. Beben, die die Erde auseinanderreißen, geradeso, wie es geschehen ist, als König Borne krank war. In den Straßen von

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