König 01 - Königsmörder
herbeigerufen hatte.
Es war ein zutiefst unbehagliches Gefühl, zu wissen, dass Dinge wie Werschlacken, Trolle, Horlirs und Grausame direkt unter seiner Haut lauerten. Wenn Pa ihn jetzt sehen könnte…
Beunruhigt, den Blick immer noch auf den peitschenden Wald gerichtet, stahlen seine Finger sich auf seine Brust, und er rieb an der harten, kleinen Beule des Kristalls, der in seinem Fleisch ruhte. Wann immer er seine Macht heraufbeschwor – eine Leistung, die ihm zunehmend leichter fiel, noch etwas, auf das er gut hätte verzichten können –, kitzelte der Kristall. Er summte, als erwache er aus einem flachen Schlaf.
Er hatte wieder und wieder gefragt, aber Veira weigerte sich, ihm mehr über den Zweck dieses Splitters zu erzählen. Nur: »Du wirst es wissen, wenn die Zeit kommt. Hör auf, mich damit zu plagen, Kind.«
Jetzt stand sie nah genug, um ihm einen Klaps auf die Schulter zu geben, und sagte: »Lass das! Du musst dir noch weitere Zauber aneignen, und es wird schon bald zu dunkel sein, um weiterzumachen.«
Er stöhnte. »Gönn einem doch mal einen Augenblick Ruhe, Veira. Ich mache das jetzt schon seit etlichen verdammten Stunden.«
»Und Stunden sind alles, was wir haben, bevor wir uns auf den Rückweg in die Stadt machen müssen. Ich…«
»Entschuldigung«, sagte Matt, der von draußen in den Schuppen kam. Er war behängt mit dem vom Öl dunklen Pferdegeschirr, und sein Kopf und seine Schultern waren nass von dem unablässigen Regen. »Ich wollte nicht stören.« »Das tust du auch nicht«, erwiderte Asher stirnrunzelnd. Matts Farbe war zur Gänze aus seinem Gesicht gewichen, und er war bleich und hager. »Alles in Ordnung bei Euch?«
Matt ließ das Geschirr auf einen mit etlichem Krimskrams bedeckten Tisch fallen. »Das Ungleichgewicht der Magie wird schlimmer. Mit jeder Stunde, die verstreicht, spüre ich es deutlicher.«
Asher nickte. »Ja.« Er konnte es ebenfalls spüren, wie scharfe Fingernägel, die sich in sein Gehirn gruben und über seine Haut kratzten. »Du musst es ausblenden, Matt, sonst wird es dich in Stücke reißen.«
Matt verzog das Gesicht. »Ich versuche es ja. Aber ich bin nicht du.« Er sah Veira an. »Kannst du einen Augenblick erübrigen, um mir zu helfen, dieses Geschirr zu verstärken?«
»Natürlich wird sie dir helfen«, sagte Asher frohgemut. »Sie hat gerade jetzt nichts Besseres zu tun, da ich eine Atempause einlegen werde.« Und er verschwand, bevor Veira ihn zurückrufen oder abermals schlagen konnte. Er lief durch das glucksende Gras zum Haus hinüber, stieß die Küchentür auf und flüchtete tropfnass über die Schwelle.
Die Küche war voll von weiteren gesäuberten Teilen von Geschirren, Kochgerüchen und Darran. Der nur einen Blick auf sein Gesicht warf, in einem Schrank zu stöbern begann und eine nichtssagende Flüssigkeit von etwas herausnahm, das zumindest vielversprechend aussah. Dann schenkte er ihm ein halbes Glas voll ein.
Asher trank es mit einem einzigen Schluck, dann taumelte er für eine Weile hustend und keuchend durch den Raum und schlug sich auf die Brust. »Gern geschehen«, meinte Darran. Mehl bestäubte sein Wams, sein Gesicht, sein Haar. Er war gerade damit beschäftigt, Teig auszurollen. Der verdächtig klumpig aussah.
Asher streckte sein geleertes Glas aus und wartete. Darran goss ihm mit verkniffenem Gesicht eine geizige zweite Portion ein, bevor er die Flasche demonstrativ wieder verkorkte und in den Schrank zurückstellte. Er lernte schnell. Diesmal nippte er nur, statt gierig zu trinken, leerte das Glas abermals und stellte es neben die Spülschüssel. Dann sah er Darran seufzend an, wusch das Glas aus und stellte es verkehrt herum zum Trocknen hin.
Darran wandte sich wieder seinem Teig zu. »Gar hatte nie die Absicht, Euch zu verletzen.«
Ein weiterer Seufzer. Dafür hatte er einfach nicht die Kraft. »Es ist bereits gesagt worden, und nichts hat sich geändert. Lasst gut sein, alter Mann.« Das Nudelholz schlug mit einem lauten Peng auf den Tisch. »Er hat Euch das Leben gerettet!«
»Ihr meint, er hat Matts Leben gerettet.«
»Und Eures. Interessiert es Euch nicht einmal, wie? Oder ist es wichtiger, ihn zu hassen, als die Wahrheit zu erfahren?«
Asher sah ihn an. In den Augen der alten Krähe flammten ungerechte Hoffnung und Anklage. Er wollte das nicht sehen, also schlenderte er zum Fenster hinüber und blickte in den Regen hinaus, statt diesen flehenden alten Mann zu betrachten, der von ihrer ersten Begegnung an für
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