König 01 - Königsmörder
ihn nichts gewesen war als eine harte Leidensprüfung.
»Ja«, sagte er säuerlich. »Hass ist erheblich wichtiger.«
Darran packte ihn, schob seine Jacke und seine Hemdärmel hoch, um die gezackte Narbe aus seiner verwegenen Kindheit mit Jed zu enthüllen. »Der andere Mann hatte keine Narbe auf dem Arm. Aber Gar hat gesagt, es sei Euer Körper, der im Glimmfeuer brannte. Er wusste, dass es nicht so war, und er hat gelogen, obwohl er an Ort und Stelle dafür hätte sterben können. Er hat es ge– sagt, damit sie glaubten, dass Ihr tot wart. Das
muss
doch ein klein wenig Vergebung wert sein, oder?«
»Nein«, erwiderte Asher unverblümt. »Das ist es nicht.«
»Warum nicht?«, fragte Darran flehentlich. »Habt Ihr nie etwas getan, das Ihr später nicht bedauert habt? Etwas, das Ihr getan habt, weil Ihr es tun musstet, obwohl ein anderer dafür leiden musste?«
Jed.
Er spießte die alte Krähe mit einem sengenden Blick auf. »Ich habe nie ein Versprechen gebrochen. Und wenn Gar das Gleiche getan hätte, hätte es überhaupt keinen Leichnam gegeben, der identifiziert werden musste, oder? Es ist trotzdem jemand gestorben, Darran!«
Darran zuckte zusammen, als hätte man ihn geschlagen. »Ich weiß. Der Prinz ist zutiefst…«
»Gut. Dann könnt Ihr Rafel vielleicht bitten, Gar zu verzeihen«, sagte er voller Bitterkeit. »Nur fragt nicht mich noch einmal, Darran. Ihr werdet lediglich Eure und meine Zeit vergeuden.«
Darran griff nach seinem Nudelholz und attackierte den Teig. »Ja«, erwiderte er barsch und kalt. »Ja, ich verstehe vollkommen.«
Wütend darüber, dass er sich dazu verleiten lassen hatte, mehr zu sagen, als er beabsichtigte, ging Asher auf die innere Küchentür zu, um seine nasse Kleidung zu wechseln. Er riss die Tür auf – und Gar stand auf der anderen Seite. »Was?«, fragte Asher grob. »Was wollt Ihr?«
Dem erschütterten Ausdruck auf seinem Gesicht zufolge hatte Gar gelauscht. Stumm streckte er die Hand aus. Darin befand sich ein weiterer Stapel Papiere, die mit seiner für Asher kaum lesbaren Schrift bedeckt waren. »Neue Zauber«, sagte er gedämpft.
»Schön«, erwiderte Asher und riss sie an sich. Er würde sich später über trockene Kleidung Gedanken machen. Stattdessen drehte er auf dem Absatz um und stolzierte aus der Küche. In den Regen hinaus. Zurück zu der Arbeit daran, wie man mit Magie tötete.
Erschüttert ignorierte Gar den flehentlichen Ausdruck auf Darrans bleichem Gesicht und kehrte in das Wohnzimmer und zu Barls Tagebuch zurück. Er hatte nur noch einige wenige weitere Seiten vor sich. Erleichterung wetteiferte mit dem scharfen, unerwarteten Kummer bei diesem Gedanken. Wenn das Tagebuch zur Gänze übersetzt war, würde er Barl hinter sich lassen. Würde ihr Lebewohl sagen. Es tat weh, daran zu denken.
Barl… Barl… Wie herrlich sie war. Eine Frau, die in der Geschichte ihres Volkes ihresgleichen nicht fand. Mutig… hingebungsvoll… und durch und durch anständig und aufrichtig. Er konnte ihre Handschrift inzwischen so mühelos lesen wie seine eigene. Sie sprach ganz vertraulich zu ihm, von Geist zu Geist, ein Wispern verzweifelter Eingeständnisse. Ihm und nur ihm verriet sie die ge– heimen Qualen ihres Herzens. Ihre Zweifel. Ihre Ängste. Ihre leidenschaftlichen Sehnsüchte. Er verstand sie, wie er noch nie jemanden verstanden hatte; gewiss nicht ihr treuloser Geliebter, Morgan.
Er zog das Tagebuch zu sich heran und blätterte zur nächsten Seite weiter. Dann blinzelte er einige Male, um den Schleier vor seinen Augen zu vertreiben, und konzentrierte sich auf den hastig hingekritzelten Eintrag.
Als letzte Beschwörung bleiben mir die Worte des Ungeschehens. Sie sind etwas Schreckliches, und einzig meine überwältigenden Ängste haben mich dazu getrieben. Die Saat dieses monströsen Zaubers ist meiner Arbeit mit Morgan entwachsen, obwohl es mich jetzt beschämt, das zuzugeben. Ich glaube fest, dass die Mauer, an deren Schaffung ich arbeite, uns vor ihm schützen wird.
Ich glaube, wir werden dahinter für alle Zeit sicher sein… Aber wenn mein Glaube sich als falsch erweisen sollte, werde ich doch den Sieg gegen ihn davontragen. Denn die furchtbaren Worte, die ich im Anschluss festhalten werde, werden ihn zur Gänze vernichten. Ja, und sie werden auch den Sprecher vernichten… mich vernichten, denn niemand sonst soll sie haben.
Wenn ich sie benutzen muss – wenn ich sterben muss – wird das die gerechte Strafe für mich sein.
Stille, während die
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