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König 01 - Königsmörder

König 01 - Königsmörder

Titel: König 01 - Königsmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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Luft geatmet! Wie viele Stunden habt Ihr mit ihm in einem Raum gesessen und Eure kostbare Magie studiert? Wie kommt es, dass keiner von Euch geargwöhnt hat, wer und was er war? Wie konntet Ihr es nicht
wissen?«
    »Glaubt Ihr, ich hätte mir diese Frage nicht selbst gestellt?«, gab er zurück. »Glaubt Ihr, es würde auch nur eine Stunde vergehen, in der ich auf jede Stunde zurückblicke, auf jede Minute, die wir in Morgs Gegenwart verbracht haben, ohne mir die Frage zu stellen, wie es möglich war, dass wir so blind waren? Ihr könnt uns unser Versagen nicht mehr vorwerfen, als ich es tue, Dathne, glaubt mir! Zu unserer Verteidigung kann ich nur sagen, dass Morg früher einmal Morgan gewesen sein mag, ein Mann aus Fleisch und Blut, aber was immer er jetzt ist, übersteigt das doranische Verständnis bei weitem. Nicht einmal Eure Prophezeiung konnte ihm einen Namen geben, oder? Ebenso wenig wie die Visionen, deren Ihr Euch rühmt.«
    »Zumindest
hatten
wir unsere Visionen!«, gab sie zurück. »Vor sechshundert Jahren wusste Jervale, dass Ihr und die Euren einen Fehler begangen habt, aber Eure kostbare Barl hat ihn niedergeschrien! Wie viel besser wären wir auf diesen Tag vorbereitet gewesen, wenn…«
    Er ließ die Faust auf den Tisch krachen. »Das könnt Ihr nicht wissen! Dathne, es ist sinnlos, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Was geschehen ist, ist geschehen. Mein Volk kam, Eures hat uns akzeptiert, und so wurde Euer Schicksal an unseres gebunden. Das ist Geschichte und lässt sich nicht mehr ändern. Wir müssen uns auf die Zukunft konzentrieren – und gegen alle Logik auf ein Wunder hoffen.«
    »Wir haben ein Wunder«, erwiderte sie grimmig. »Sein Name ist Asher.« »Ich hoffe, Ihr habt Recht«, sagte er, plötzlich müde. »Ich hoffe, er ist all das, was Eure Prophezeiung von ihm behauptet. Denn wenn er es nicht ist, ist dieses Königreich verdammt und mit ihm jede einzelne Seele darin.«
    »Ich habe Recht«, erklärte sie, dann deutete sie mit dem Kopf auf die halb getrunkene Suppe auf dem Tablett und das kaum berührte Stück Brot. »Seid Ihr damit fertig?«
    Er nickte. »Ja. Danke. Es tut mir leid, dass ich dem Mahl nicht besser gerecht werden konnte.« Als sie Anstalten machte, das Tablett zu ergreifen, hob er die Hand, um sie aufzuhalten, dann blätterte er in seinen Papieren. »Hier«, sagte er und schob drei Bögen unter den Brotteller, damit der Wind sie nicht wegwehen konnte. »Weitere Zauber, an denen Euer Wunder sich üben kann.« Sie sah die Blätter an, als könnten sie sie beißen. »Wann werdet Ihr mit dem Rest fertig sein?«
    »Irgendwann heute Nacht, denke ich. Hoffe ich.«
    »Ich hoffe es ebenfalls«, entgegnete sie und warf einen Blick auf das Fenster, als eine neuerliche Woge von Hagelkörnern gegen das Glas prasselte. »Matt sagt, die Wettermagie zerfalle von Stunde zu Stunde schneller. Die Mauer wird jetzt nicht mehr lange stehen.«
    Er verzog das Gesicht. »Dann mache ich mich besser wieder an die Arbeit. Danke für die Suppe.«
    »Gern geschehen«, sagte sie und ließ ihn mit seinen Papieren und Barls Tagebuch allein.
    Veira, die hinter einem Stapel alter Kisten in ihrem verwitterten Schuppen saß, hob die Stimme, um das Kreischen der Werschlacke zu übertönen, und rief: »Töte es!
Töte es!«
    Keuchend und mit hektischen Bewegungen zeichnete Asher ein Siegel in die Luft und sprach die Worte des Zaubers. Die zuckenden, orangefarbenen Tentakel der Werschlacke brachen in hitzelose Flammen aus; ihre acht klauenbewehrten Arme zitterten; sie schrumpfte zusammen und starb und hinterließ nur einen Ring aus rauchendem Schmutz auf dem Boden des Schuppens, wo ihr beißender Schleim hingetropft und Staub und Holz zum Kochen gebracht hatte.
    »Verdammt will ich sein«, murmelte er und lehnte sich gegen einen Pfosten. »Wie viele noch, hm?«
    Veira, die ein ganzes Stück entfernt gestanden hatte, um sich nicht in Gefahr zu bringen, blätterte den Stapel Papiere in ihrer Hand durch. »Das ist der letzte der Zauber, die Matt vorhin hergebracht hat.«
    »Wie viele kommen noch?«
    »Das wirst du Gar fragen müssen«, erwiderte sie und sah ihn herausfordernd an. Er presste die Lippen aufeinander und blickte in den tropfnassen Garten hinaus. Zum Rand des Schwarzen Waldes hin und zu den Bäumen, die vor dem bleiernen Himmel hin und her wogten. Er war erschöpft und hatte den Überblick über die Zahl der Monstrositäten verloren, die er nur mit wenigen Worten und der Macht seines Geistes

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