Königliche Republik (German Edition)
Papierstapel und trat auf sie zu, als
wolle er verhindern, dass sie darauf schaute.
„Ich
habe aus dem Fenster geguckt; was denkst du?“
Er
runzelte die Stirn; aber er sagte nichts.
Sie
setzte sich auf die Kante seines Betts und ließ die Beine
baumeln. Dario stand immer noch mitten im Raum.
„Habe
ich dich gestört?“ Sie deutete zum Sekretär. „Arbeite
nur weiter. Du weißt, dass ich dir gerne zusehe.“
„Es
hat keine Eile.“ Endlich setzte er sich neben sie und nahm ihre
Hand. „Wieso hat Stefania dir von uns erzählt?“
„Ich
bin ihre beste Freundin; weißt du das nicht? Unter Freundinnen
gibt es keine Geheimnisse.“ Sie entzog ihm die Hand und stemmte
sie in ihre Hüfte. „Anscheinend aber unter Geschwistern.
Neuerdings.“ Sie seufzte. „Ich kann dir nicht helfen,
wenn ich nicht weiß, was du vorhast.“
„Ich
brauche keine Hilfe.“
„Nein?“
Als sei sie gekränkt, rückte sie von ihm weg. „Tatsächlich?
Für deinen Brief hast du doch auch nicht selber sorgen können.“
Er
schüttelte den Kopf. „Das ist Männersache.“
„Freilich
... Weißt du, wen ich gesehen habe? Den neuen Herzog de
Maddaloni. Er kam aus dem Gallo bianco , gerade als ich
vorbeifuhr.“ Täuschte sie sich oder wurde Dario wirklich
blass? „Aber warum auch nicht? Der Durst wird ihn übermannt
haben. Merkwürdig war eher, dass er von einer etwas finsteren
Gestalt begleitet wurde.“ Sie grinste. „Ich habe ihn an
seinem unverwechselbaren Lachen erkannt. Maddaloni, nicht den
anderen.“
Dario
lehnte sich gegen den Bettpfosten. „Warum sollte das merkwürdig
sein? Die Lazzari sind durchaus ehrenwerte Männer.“
„Wie
kommst du jetzt auf die?“
„Du
sagtest eben ...“
„Ich
sprach von einer finsteren Gestalt, nicht von einem Lazzaro .“
„Wen
sonst solltest du damit gemeint haben?“
„Briganten?
Es scheint eine finstere Ecke zu sein. So abgelegen.“
Er
grinste. „Du bist wohl auf Abenteuer aus! Hast du noch nicht
genug Aufregung gehabt in den letzten Wochen?“
„Aber
du lässt mich ja gar nicht.“ Sie würde schon dafür
sorgen, dass er sie brauchte.
„Du
führst etwas im Schilde, Schwesterchen.“ Er hielt den Kopf
schräg, als er sie aufmerksam musterte. Aber dieses Mal lächelte
er nicht.
Sollte
er schmoren. „Ich habe noch etwas zu tun. Mutter wartet auf
mich.“
Er
legte den Finger auf seine Lippen. „Sag ihr nichts von
Stefania.“
Mirella
blieb in der Tür stehen. „Es würde sie freuen. Und
sie könnte deine Verbündete sein.“
Für
einen Augenblick schien es, er habe ihr nicht zugehört; sein
Blick war irgendwo in die Wolken gerichtet, die es an seiner
Zimmerdecke gar nicht gab. „Nicht jetzt. Wenn wir dies alles
hinter uns haben.“
Da
ging sie zu ihm zurück und setzte sich wieder. „Wird es
dann nicht eher schwieriger?“
„Was
meinst du damit?“
Sie
wand sich. „Stefania hat mir gesagt, dass ihr auf meine
Vermählung setzt. Aber wird sie noch etwas bedeuten, wenn ich in
Madrid bin und Don Rodrigo nicht mehr Vizekönig ist?“
„Dann
gibt es eben einen anderen. Felipe muss nicht Neffe des Vizekönigs
sein.“
Und
wenn die Hochzeit gar nicht mehr stattfinden könnte? Nein;
besser, sie beunruhigte ihn nicht mit solchen Gedanken. „Woher
wusste Fabrizio, wem er den Brief geben muss? War er dort schon
öfter?“
„Mein
Gott, bist du heute neugierig.“ Dario klang tatsächlich
ungehalten.
Dann
würde sie eben alleine herausfinden, was es mit dieser Trattoria
auf sich hatte. „Wenn dir das nicht gefällt, dann bitte
mich nicht darum, dir einen Gefallen zu tun.“
„Ich
hatte Fabrizio den Auftrag gegeben, nicht dir.“
In
der Tür drehte sie sich noch einmal um. „Und es hat auch
nicht gestimmt, dass du mich nicht dorthin schicken konntest. Es ist
ein ganz normales Haus neben einem ganz gewöhnlichen Wirtshaus.“
***
Am
nächsten Morgen ließ Mirella sich von Fabrizio erneut zum
Pizzofalcone bringen.
Ungewöhnlich
viele Menschen standen auf den Straßen beieinander und waren in
aufgeregte Gespräche verwickelt. Nachdem auch Salerno sich
erhoben hatte, blieb offensichtlich selbst die Predigt eines
Kardinals ohne Einfluss.
Je
näher sie dem Zentrum kamen, desto mehr Passanten schienen alle
demselben Ort zuzustreben. Bald darauf ertönten zwei Schüsse.
Erschrocken ließ Mirella Fabrizio anhalten; aber da keine
weiteren folgten, war es wohl ungefährlich weiterzufahren. Er
bog dennoch von ihrem Weg ab und machte einen großen Bogen um
die Piazza
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