Kommissar Steen 01 - Unruhe
vom Leiter Kripo. Höchste Priorität, keinerlei Aufsehen. Ich weiß, das fällt dir schwer, Steen, aber hier geht es um Diskretion. Ich will keinen Ärger. Ich will nicht, dass dieser Mord hier mit dem Jugendzentrum in Verbindung gebracht wird. Das Ganze wird still und leise erledigt.« Er schwieg und sah mit besorgter Miene zu dem großen vierstöckigen Gebäude hinüber, auf dessen Dach Polizisten in Kampfanzügen Wache hielten. »Nicht auszudenken, wenn sie einen Märtyrer bekämen, dann wird alles noch schlimmer. Da muss der Deckel drauf«, sagte er und drehte dem geräumten Gebäude den Rücken zu.
»Und was, wenn er tatsächlich ein Märtyrer ist? Ich habe die Leiche noch gar nicht gesehen. Verstehe ich dich richtig, ich soll diese Möglichkeit von vorneherein ausschließen?«
»Natürlich nicht. Ich will nur, dass du den Ball flach hältst.«
Axel hielt seinem Blick stand. Dann sah er hinüber zum Jugendzentrum. Ordentlich aufgeräumt? So würde er das nun wirklich nicht nennen.
» SEK , Helikopter, Maschinenpistolen, Tränengas. Was steckt eigentlich hinter der ganzen Sache?«, fragte er gereizt.
»Was meinst du?«
»Du weißt genau, was ich meine. Da drin war doch nur ein Haufen erkälteter Teenager. Und wir fahren alles auf, was wir haben, als säße die verdammte al-Qaida in der Bruchbude.«
»Das ist eine Frage der Zuständigkeit. Wenn wir Befehl erhalten zu räumen, dann tun wir das«, sagte der Chef etwas defensiv. »Und im Übrigen war das Gebäude mit Brandbomben voll gestopft«, fügte er hinzu.
Rund um den Tatort trippelten fünf oder sechs Beamte. Sie hatten Absperrband gespannt und anschließend mit dem Notarzt und den Rettungssanitätern geplaudert. Jetzt schwiegen sie. Alle starrten herüber zu Axel und seinem Chef.
»Das ist jetzt dein Fall. Ich hoffe, die Botschaft ist angekommen. In der nächsten Stunde wird noch Verstärkung eintreffen.«
»Wer?«
»Ich habe John Darling verständigt.«
Vizekriminalkommissar John Darling alias Mr. Clean, die fleischgewordene Strafprozessordnung des Dezernats, der alle Angelegenheiten stets sauber erledigte und dazu noch einer der wenigen Absolventen der Polizeischule war, die ihr Tun auf ein juristisches Staatsexamen stützen konnten.
Obwohl Axel und Darling den gleichen Rang innehatten, gab es keinen Zweifel daran, dass Darlings Stern in den Chefetagen deutlich heller strahlte. Sie hatten schon viele Male zusammengearbeitet, respektierten sich gegenseitig, aber da Geduld nicht zu Axels Stärken gehörte, kam es hin und wieder zu Zusammenstößen, denn Mr. Clean fürchtete nichts mehr als Flecken auf seiner weißen Weste – und in seinem Lebenslauf.
»Ich habe mit dem Staatsanwalt gesprochen. Er hat ein Auge auf die Sache und wird umgehend informiert, sollte es den kleinsten Hinweis geben, dass unsere Leute in die Sache verwickelt sind. Die Polizeichefin und der Polizeichefinspektor sind ebenfalls informiert, also keine Fehler. Wenn du das hier in den Sand setzt, bist du fertig!«
Corneliussen verschwand durch das Eingangstor.
Axel rief den Einsatzleiter zu sich, der für die Bewachung des Friedhofs verantwortlich gewesen war.
»Wer hat ihn gefunden?«
»Das waren eigentlich wir alle. Um zehn nach drei sind wir mit dem Wagen im Schritttempo an der Mauer entlang. Dabei hat ihn einer der Kollegen entdeckt.«
»Was habt ihr dann gemacht?«
»Wir sind ausgestiegen und haben ihn angeleuchtet. Er sah tot aus.«
»Und dann seid ihr überall rumgetrampelt und habt an ihm herumgefummelt?«
»Nein, wir sind zurück zum Wagen und haben sofort im Präsidium angerufen.«
»Habt ihr jemanden gesehen?«
»Nein.«
»Wie oft seid ihr Streife gefahren?«
»Schwer zu sagen. Abends wohl stündlich, aber ab 23.00 Uhr hatten wir zwei Leute hier positioniert, um die Mauer im Auge zu behalten.«
»Dann gibt es also jemanden, der Täter oder Opfer gesehen hat?«
»Keiner meiner Männer hat etwas gesehen. Groes und Vang waren für diesen Abschnitt verantwortlich, und sie haben nichts bemerkt. Die Straßenlaternen funktionieren nicht, und draußen auf der Nørrebrogade war ganz schön was los.«
»Na und? Sind Ihre Männer davon blind geworden oder was?«
»Kein Grund, sarkastisch zu werden. Wir haben ihn nicht gesehen. Zweimal am Abend und einmal in der Nacht hatten wir viele Leute hier an der Mauer, weil es auf der anderen Seite Randale gab, und wir sollten eingreifen, falls jemand versuchen sollte rüberzuklettern.«
»Und da lag er noch nicht
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