Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommt ein Löwe geflogen

Kommt ein Löwe geflogen

Titel: Kommt ein Löwe geflogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Mister Knister her.
    Mister Knister betrat mit dem Krokodil das Zimmer, das sie gemeinsam bewohnten, und schloß sorgfältig die Tür zweimal zu. Dann ging er an den großen Schrank in der Ecke, schloß ihn auf, nahm einen großen schwarzledernen Koffer heraus, angelte unter seinem Hemd einen winzigen Schlüssel hervor, den er, um den Hals gehängt, immer bei sich trug, und öffnete den Koffer. Er war bis obenhin angefüllt mit Geldscheinen, Goldstücken und Juwelen. Mister Knister seufzte bei diesem Anblick höchst zufrieden auf und sagte: »Wunderbar — wirklich ganz wunderbar.«

    Das Krokodil stand auf dem Teppich in der Zimmermitte und rührte sich nicht. Mister Knister hatte die Leine einfach fallen lassen.
    Jetzt sagte es: »Sollte noch einmal der Tag kommen, an dem du dich an dem geraubten Plunder sattgesehen hast, dann könntest du dich an deinen getreuen Helfer erinnern, der für dich in den Banken durch die Lichtschächte der Fenster kriecht, mit seinen starken Kiefern die Gitter aufbiegt, sich durch Wasserrohre schlängelt und durch Was-nicht-noch-alles. Und dann würde es dir vielleicht einfallen, mich etwas freundlicher zu behandeln, mich von diesem ekelhaften Halsband und von diesem Maulkorb zu befreien, das ich diesem törichten Polizeipräsidenten Löwe verdanke, den ich dafür bei passender Gelegenheit in den Bauch beißen werde. Du würdest mir dann kaltes Wasser in die Badewanne einlassen. Ich meine natürlich nur für den Fall, daß du dich eines schönen Tages an deinem Reichtum übersehen haben solltest.«
    »Hör auf zu brummen!« sagte Mister Knister und ging zum Badezimmer. Dort ließ er kaltes Wasser in die Badewanne, etwa drei Handbreit, stellte einen Stuhl davor, machte dem Krokodil den Maulkorb und die Leine ab, und das Krokodil watschelte in die Badestube, erkletterte mühsam den Stuhl, vom Stuhl aus den Badewannenrand und ließ sich in das Wasser platschen. Da lag es nun — mit dem Schwanz, der so lang war, daß er über den Rand hinausragte, und Mister Knister berieselte es aus der Brause mit kaltem Wasser.

    »Das ist der einzige Augenblick am Tag, für den es sich zu leben lohnt«, seufzte das Krokodil. »Ich könnte weinen vor Glück.« Es schloß seine Augen und ließ ein paar Tränen kullern.
    »Nun werd mal bloß nicht traurig«, sagte Mister Knister. »Ich hab noch was mit dir zu besprechen.«
    »Daß du mich nicht aus reiner Güte so nett behandelst, dachte ich mir schon!« blubberte das Krokodil aus dem Wasser. »Was soll nun wieder gestohlen werden?«
    »Totokatapis Kaufhaus!«
    »Bißchen unbequem wegzutragen«, meinte das Krokodil.
    »Das stimmt, deshalb können wir es auch nicht einfach stehlen wie ein Goldstück. Ich hab mir alles genau überlegt und schon einen Plan. Zuerst müssen wir den Doktor und die Kinder unschädlich machen. Das sind nämlich die einzigen Wesen, die Totokatapi in der kleinen Stadt Irgendwo gut kennen. Das geht ganz einfach. Wir werden sie auf der Leuchtturminsel gefangensetzen, wo sie von hier aus hinfliegen wollen, um sich zu erholen. Eine schöne Erholung will ich ihnen bereiten. Bis Totokatapi von dem Sultan Urlaub bekommt, können Wochen vergehen. Kein Sultan läßt seinen Minister für Angelegenheiten des angenehmen Lebens gerne weg. Ich aber komme bereits nach Irgendwo und trete das Erbe an. Und wenn Totokatapi später wirklich dort eintrifft, sind wir längst wieder verschwunden.«
    »Ich verstehe Verschiedenes nicht«, schnaufte das Krokodil aus der Wanne. »Aber du kannst mich ruhig weiterbrausen, wenn es dir recht ist. Also erstens: Hast du denn noch nicht genug erbeutet und gestohlen? Du versprichst mir doch immer wieder, nun Schluß zu machen, dich in ein schönes Landhaus inmitten eines Parkes mit großen Seen zurückzuziehen und mir eine hübsche Krokodilin zu kaufen, mit der ich dort herrlich und in Frieden leben kann. Du weißt, daß ich nur deshalb bei dir bleibe.«
    »Du mußt Geduld haben!« antwortete Mister Knister. »So ein Landhaus kostet viel mehr, als du denkst, aber wenn wir das Kaufhaus haben, dann können wir es uns bestimmt kaufen, und du bekommst eine hübsche Krokodilfrau.«
    »Lieb muß sie auch sein!« seufzte das Krokodil verträumt und sehnsüchtig. »Wir werden zahllose reizende Kinder haben.« Es konnte nicht sehen, daß Mister Knister ihm eine Grimasse schnitt, weil es die Augen geschlossen hatte. Es fuhr dann zu reden fort: »Zweitens ist Totokatapi schwarz im Gesicht und an den Händen, und du bist weiß.

Weitere Kostenlose Bücher