Kommt ein Löwe geflogen
Jeder kann sehen, daß du nicht er bist.«
»Glaubst du, ich könnte mich nicht ganz leicht schwarz anmalen?«
»Und drittens mußt du doch den Brief haben und dem Sowieso, dem Rechtsanwalt Schlau...«
Mister Knister lachte. »Den Brief habe ich längst.«
»Warum raubst du das Kaufhaus nicht nur aus?«
»Weil das Haus noch viel mehr wert ist als sein Inhalt. Und alles könnte ich sowieso nicht wegtragen. Wenn ich es aber verkaufe, kriege ich dafür Geldscheine, die ich bequem in die Tasche stecken kann — und bin ein reicher Mann.«
»Aber warum hast du dann Totokatapi nicht abgeraten, das Kaufhaus zu nehmen?«
»Was hätte wohl Rechtsanwalt Schlau gedacht, wenn Totokatapi ihm geschrieben hätte, daß er das Kaufhaus nicht will, und dann steht er plötzlich doch vor der Tür!«
»Du überlegst dir aber auch alles«, blubberte das Krokodil.
»Jawohl, haha!« Mister Knister stellte das Wasser ab. »Genug geduscht. Ich muß jetzt unsere Reise auf die Leuchtturminsel vorbereiten...«
»Und ich bin immer noch seekrank von der letzten Luftfahrt!« seufzte das Krokodil.
Mister Knister achtete nicht darauf. Er ging an den Schrank und packte die beiden Koffer. Den mit dem geraubten Geld, den Schmuckstücken, Silberlöffeln und den anderen mit den Kleidern, den Schminksachen zum Verändern der Hautfarbe und den falschen Bärten.
Eine einsame Insel und ein einsames Floß
Auf der sehr kleinen Papageienpflegerinsel im Süden lag Nenekiki unter einer Palme und ließ sich die Sonne auf ihre schokoladenbraune Haut brennen.
Sie gähnte.
Uber ihr zwischen den Palmenfächern saß der Kakadu Ka und blinzelte mit den Augen. Er versuchte, auf diese Art wach zu bleiben, denn er war schrecklich müde.
Nenepapa und Nenemama waren mit ihrem Einbaumboot weit aufs Meer hinausgefahren, um zu fischen.
»Was machen Nenepapa und Nenemama?« fragte Nenekiki, als sie einmal kurz zu gähnen aufhörte und zu Ka hinaufblickte.
»Sie haben ihr Netz ins Wasser gelassen und das Tau am Bootsrand festgebunden, nun sitzen sie da und warten, bis das Netz voller Fische ist.«
»Ist es schon voller Fische?«
»Vielleicht ist es schon voll von einem Fisch!« sagte Ka. »Nenepapa und Nenemama schauen ins Wasser. Vielleicht sehen sie einen zweiten kleinen Fisch, der sich gerade überlegt, ob er ins Netz gehen soll oder nicht.«
»Ach, Ka—«, seufzte Nenekiki. »Es ist aber auch zu langweilig hier. Nachdem Pips mit Kim und Dok und den Tieren hier war, erscheint es mir noch langweiliger als zuvor schon. Könnte nicht mal irgend etwas Aufregendes geschehen?«
»Laß uns Fangen spielen!« schlug Ka vor.
»Wie soll ich dich fangen, wenn du fliegen kannst? Das macht mir keinen Spaß!« sagte Nenekiki.
»Ich hab’s!« rief Ka. »Es liegt alles nur daran, daß zu wenig Leute hier wohnen. Täglich nur Nenepapa und Nenemama — das ist wie jeden Tag Torte und sonst gar nichts. Davon muß einem ja übel werden. Und dann noch nicht einmal Schule — pfui, wie langweilig! Alle Kinder verlassen eines Tages ihr Elternhaus. Kennst du zum Beispiel das hübsche Lied >Hänschen klein ging allein in die weite Welt hinein« Ka reckte sich auf seinem Ast, wölbte die buntgefiederte Brust und plärrte die erste Zeile so gut und so laut er konnte.
»Hör auf!« Nenekiki hielt sich die Ohren zu. »Du verjagst ja alle Fische.«
»Ist gar wohlgemut!« sang Ka. »Wohlgemut — das ist es, ein hübsches Wort!«
»Ich kann nicht allein in die weite Welt hineingehen«, klagte Nenekiki. »Ringsherum ist nur Wasser — bist du schon mal über Wasser gelaufen?«
»Nein«, gab Ka zu. »Aber ich bin mit einem Floß übers Wasser gesegelt. Mehrmals — und allein.«
»Das ist ein guter Gedanke!« rief Nenekiki, sprang auf und schüttelte sich den Sand vom Baströckchen. »Wir bauen uns ein Floß und fahren damit zur Leuchtturminsel und von da aus weiter. Komm runter, wir müssen uns beeilen, bevor Nenemama und Nenepapa heimkommen. Hinter dem Zaun bei den Hütten liegen ein paar zersägte Baumstämme, und in der Hütte in einer Truhe habe ich gewaltig viele Schnüre gesammelt. Mit denen binde ich die Baumstämme zusammen und baue so ein Floß für uns.«
Nenekiki war bereits losgelaufen, ohne auf Ka zu warten, so eilig hatte sie es — und Ka schwang sich von seinem Palmenzweig zur nächsten Palme und von dort wieder zur nächsten, und bei jedem Hupfer wurde er etwas weniger mutig.
Er sagte: »Das ist fein — hupf — ich erinnere mich noch gut — hupf — an
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