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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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jedesmal wenn er seinen Kopf über das Wasser herauf rollte. Er war wie ein enorm dickhäutiges und unförmiges Landtier, das rauschend durch das Wasser kam. Er hatte ebensowenig mit einem Fisch zu tun wie eine Fledermaus mit einem Vogel. Er kam genau von Backbord auf uns zu, wo wir vollzählig auf der Floßkante standen, während ein Mann auf der Mastspitze saß und herunterrief, er sähe weitere sieben bis acht Stück, die ebenfalls auf dem Wege zu uns seien. Die große und glänzende, prachtvolle schwarze Schädelwölbung des ersten Wales war nicht mehr als zehn Meter von uns entfernt, als er sich unter die Wasserfläche sinken ließ. Dann sahen wir den ungeheuren, blauschwarzen Walrücken ruhig unter das Floß gleiten, genau unter unsere Füße. Hier lag er einen Augenblick dunkel und unbeweglich, und wir hielten den Atem an, als wir auf die gigantische,  gewölbte Rückenfläche dieses Säugers niedersahen, der erheblich länger war als das ganze Floß.  

    In unserer Bambushütte finden wir Schutz gegen den Wind und Schatten vor der Tropensonne. Zwischen den Wänden von geflochtenem Bambus und unter einem Dach von Bananenblättern fühlen wir uns wie im Urwald. Von links nach rechts: Watzinger, Haugland, Raaby, Danielsson und der Verfasser.

    Oben: Unter dem bärtigen Antlitz Kon-Tikis. Das Gesicht auf dem Segel ist einer Bildsäule jenes verschwundenen Monarchen nachgebildet, der ein hellhäutiges Kulturvolk vor fünfzehnhundert Jahren denselben Weg übers Meer führte.
    Unten: Flauer Wind und tropische Wärme plagen uns wenig. An schönen Tagen unternehmen wir in einem kleinen Gummiboot weite Ausflüge aufs Meer hinaus.

    Dann ließ er sich langsam weiter hinuntersinken durch das bläuliche Wasser und schwand uns aus den Augen. In der Zwischenzeit hatten wir die ganze Meute auf den Leib bekommen, aber sie wollten uns nichts Böses. Wale, die ihre Riesenkräfte mißbraucht und Walfänger mit ihrem Schwanz zum Sinken gebracht hatten, waren vermutlich selbst zuerst angegriffen worden. Den ganzen Vormittag hindurch hatten wir die pustende und blasende Gesellschaft um uns. Ihre Fontänen wuchsen in die Luft, wo wir sie am allerwenigsten erwarteten, ohne daß sie selbst das Floß oder das Steuerruder auch nur streiften. Sie hatten förmlich ihren Spaß daran, sich frei in Sonne und See zu tummeln. Aber um die Mittagszeit tauchte der ganze Schwarm wie auf ein gegebenes Signal unter und war verschwunden.
    Nicht nur Wale bekamen wir unter dem Floß zu sehen. Wenn wir die Schilfmatten hoben, auf denen wir schliefen, sahen wir zwischen den klaffenden Stämmen direkt in das kristallklare Wasser hinab. Warteten wir einen Augenblick, so sahen wir eine Brust- oder Schwanzflosse vorbeiziehen, und bisweilen bekamen wir ganze Fische vor unsere staunenden Augen. Wären die Zwischenräume ein paar Zoll breiter gewesen, so hätten wir gemütlich im Bett liegenbleiben und mit einer Schnur unter den Matratzen fischen können.
    Vor allem hielten sich Dolfine und Lotsenfische ans Floß. Von dem Augenblick, an dem sich die ersten Dolfine in der Strömung vor Callao uns anschlossen, verging nicht ein Tag auf der ganzen Reise, an dem uns diese großen Fische nicht umkreisten. Wir wußten nicht, was sie zum Floß zog. Aber entweder war es die magische Wirkung des reibenden Daches oder es war die reichliche Nahrung in unserem Küchengarten aus Tang, Seegras und Entenmuscheln, die wie Girlanden hinter allen Stämmen und hinter dem Steuerruder hingen. Es begann mit einer dünnen Lage von glattem Grünzeug, aber bald wuchsen die grünen Tangbüschel mit verblüffender Geschwindigkeit heraus. So glich die »Kon-Tiki« bald einem bärtigen Wassermann, der sich durch die Wogen schob, und drinnen im Tang bildete sich ein beliebter Aufenthaltsplatz für winzige Fischbrut und unsere blinden Passagiere, die Krabben.
    Es war eine Zeit, in der die Ameisen an Bord überhandzunehmen drohten. Eine kleine Art Ameisen muß in einem der Stämme gewesen sein, und als wir auf See kamen und die Feuchtigkeit in das Holz einzudringen begann, da wimmelten sie hervor bis in unsere Schlafsäcke. Sie überschwemmten aber auch alles und bissen und quälten uns so, daß wir schon meinten, sie würden uns vom Floß vertreiben, Aber später, als sie auf dem Meer immer mehr in die Feuchtigkeit gerieten, ging es ihnen auf, daß hier nicht ihr richtiges Element war. Nur vereinzelte Exemplare hielten stand, bis wir die andere Seite des Meeres erreichten. Neben den

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