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Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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und mit hängender Nase.
    »In großen Teilen der Welt herrscht Krieg«, sagte Errki ernst.
    »Ich hab verdammt noch mal nix, um die Wunde zu reinigen! Ein Menschenbiß, ist dir überhaupt klar, wie gefährlich das ist? Das wird nie wieder heilen. Du verrückter Anstaltsarsch!«
    »Du bist anders, wenn du Angst hast.«
    »Halt die Fresse.«
    »Du bist doch bestimmt gegen Tetanus geimpft, wie alle Leute?«
    Morgan schwieg. Errki fand, das sei wirklich an der Zeit. Morgan redete zuviel. Das Haus oben am Hang war schon voll von seinem Müll.
    »Das ist Jahre her«, schluchzte Morgan. »Ich weiß ja nicht mal, ob das noch wirkt. Schon in ein paar Stunden kann sich eine Blutvergiftung entwickeln. Du hast ja keine Ahnung, was du da angerichtet hast. Du Trottel!«
    »Mach die Wunde mit Whisky sauber«, sagte Errki freundlich. »Und zum Verbinden kannst du meine Unterhose nehmen.«
    »Halt die Fresse, klar? O Scheiße, ich halt das nicht mehr aus.«
    Plötzlich suchte er im Heidekraut nach dem Revolver, wobei er sich weiterhin mit der anderen Hand die Nase festhielt. Errki entdeckte den Revolver, der in seiner grünen Umgebung scharf aufleuchtete. Beide sprangen vor, aber Errki war schneller. Er hob den Revolver auf und wog ihn in der Hand. Augenblicklich fing Morgan an zu zittern. Er stieß ein verängstigtes Gurgeln aus und machte einen unbeholfenen Versuch, im Heidekraut davonzukriechen. Sein Kinn klappte herab, und Errki sah mehrere schwarze Zahnfüllungen. Ein verängstigter Mensch bietet keinen schönen Anblick, dachte er. Dann hob er den Revolver und warf ihn mit aller Kraft im hohen Bogen in den Teich. Ein bescheidenes Platschen war zu hören.
    »Du verdammter Arsch!« Morgan brach in einer Mischung aus Erleichterung und Verzweiflung wieder zusammen. »Ich hätte dich einfach abknallen sollen, und zwar sofort, verdammte Axt!« Sein Mund zitterte. »Ich hätte dich von hinten abknallen und deine Arschbacken umstülpen sollen! In nur einer Stunde kann hier die Hölle los sein, normalerweise müßte ich sofort ins Krankenhaus. Für wen hältst du dich eigentlich, verdammt noch mal?«
    »Für Errki Peter Johrma. Ich bin nur zu Besuch.«
    Morgan schluchzte noch immer. Er stellte sich vor, wie er verweste, sah verfaultes Fleisch und vergiftetes Blut, das mit Blitzgeschwindigkeit durch seine Adern floß und schließlich seinen Herzmuskel erreichte. Fast wäre er in Ohnmacht gefallen.
    »Da, wo du fallen kannst, solltest du Stroh auslegen«, sagte Errki weise. Er ging den Weg hinauf. Hinter sich hörte er ein Brüllen.
    »Nicht weggehen!«
    »Die Fliege, die nicht von der Leiche hochfliegt, kommt mit ins Grab«, erklärte Errki. Aber er blieb trotzdem stehen. Er hatte noch nie einen solchen Ruf gehört, noch dazu einen, der ihm galt, der sagte, er werde gebraucht. Der Anblick von Morgan mit seiner zerstörten Nase rührte ihn. Morgan war nicht mehr jämmerlich. Nicht auf diese widerliche Weise.
    »Nun sag schon was! Hilf mir mit der Wunde. Ich kann nie wieder unter Leute gehen«, wimmerte Morgan.
    »Nein, das kannst du nicht. Du hast eine Bank überfallen, und die Polizei verfügt über eine außergewöhnlich gute Beschreibung.«
    »Kommst du mit nach oben?«
    »Ich komme mit nach oben.«
    »Beeil dich, ich blute.«
    »Warum diese Eile? Es brennt doch nicht.«
    Sagte Errki und setzte sich in Bewegung. Dann drehte er sich um. Morgan taumelte hinter ihm her. Er spuckte und würgte, um sich von dem Blutgeschmack zu befreien.
    »Du schmeckst nach Schmalz«, sagte Errki nachdenklich. »Nach süßem, ekelhaftem Schmalz. Wie englische Würstchen.«
    »Scheißkannibale!« schniefte Morgan.
     

ER LAG AUF DEM SOFA. Er war blaß, aber gefaßt. Errki hatte die Whiskyflasche geholt. Er hielt die Öffnung teilweise mit dem Daumen zu und ließ winzige Tropfen Long John Silver auf Morgans abgebissene Nase tropfen. Morgan schrie wie am Spieß. Errki meinte, sein Schädel müsse zerspringen.
    »Das reicht, das reicht, ich will auch noch was zu trinken haben«, quengelte Morgan. Errki reichte ihm die Flasche. »Paß auf, daß du nicht an die Wunde kommst. Du hast deine Finger bestimmt überall gehabt. An den unaussprechlichsten Stellen.«
    Das Reden war so einfach. Die Wörter flogen locker aus seinem Mund und wirbelten wie Löwenzahnsamen durch die Luft.
    »Mir ist schlecht«, stöhnte Morgan und trank ausgiebig. Danach ließ er sich zurücksinken und schloß die Augen.
    »Warum reißt du dir die Nasenspitze nicht ganz ab?« fragte Errki.

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