Kopernikus 4
guter Hengst …“
„Wird er jetzt Sperma ausstoßen?“ flüstert Connie.
„Sehr wahrscheinlich“, sagt Lorimer oder will es zumindest sagen. Das Schauspiel ist von mehr klinischem Interesse, sagt er sich selbst, nicht zum Aufheizen. Eine von Judys Händen umklammert etwas: ein kleines Plastikbeutelchen. Ihre andere Hand hat sie in ihrem Haar vergraben, an dem Bud noch immer zerrt. Es muß sehr schmerzhaft sein.
„Ohhhh, ahhhh“, stöhnt Bud laut. „Oh, ja, jetzt …“ Plötzlich preßt er Judys Gesicht an seine Lenden. Lorimer sieht ihren erschrockenen Gesichtsausdruck.
„Du hast doch einen Mund, Miststück, also los, fang an … Schluck’s runter, verdammt noch mal, schluck es runter! Oh, oh …“ Eine kleine Perle spritzt von ihm weg, Judys Arm folgt ihr sofort mit der Plastiktüte, während sie in der Luft herumpurzeln.
„Geirr!“
Von dem Schrei erschreckt, fährt Lorimer herum und sieht Dave – Major Norman Davis –, der in der Schleuse steht. Seine eine ausgestreckte Hand hält Lady Blue und die andere Judy zurück.
„Geirr! Ich sagte, es werden keinerlei Verfehlungen in diesem Schiff geduldet, und das meinte ich auch so. Lassen Sie die Frau los!“
Buds Beine bewegen sich nur ganz sachte, er scheint nichts gehört zu haben. Judy schwimmt zwischen ihnen hindurch und bemüht sich, die letzten Tropfen einzufangen.
„Du … was, zum Teufel, machst du da?“
In der eintretenden Stille hört Lorimer seine eigene Stimme sagen: „Sie nimmt eine Spermaprobe, würde ich sagen.“
„Lorimer? Hast du deinen pervertierten Verstand verloren? Bring Geirr in sein Quartier.“
Bud rotiert langsam wieder hoch. „Ah, der Herr Reverend Leroy“, sagt er tonlos.
„Du bist betrunken, Geirr. Geh in dein Quartier.“
„Ich habe Neuigkeiten für dich, Davie“, sagt Bud mit derselben, emotionslosen Stimme. „Ich wette, du weißt noch nicht, daß wir die letzten Männer der Welt sind. Dort unten sind nur noch zwei Millionen Schlitze.“
„Das weiß ich“, sagt Dave zornbebend. „Deine Trunkenheit ist peinlich. Lorimer, schaff den Mann hier raus.“
Aber Lorimer fühlt sich außerstande, etwas zu tun. Daves Stimme hat sein Entsetzen wieder aufleben lassen, eine seltsame, hoffnungsvolle Stasis geschaffen, die sie alle umschließt.
„Das muß ich mir nicht mehr gefallen lassen …“ Buds Kopf bewegt sich vor und zurück, lautlos formt sein Mund die Worte „nein, nein“, während er auf Lorimer zuschwebt. „Nichts zählt mehr. Alle verschwunden. Was soll’s denn, Freunde?“ Seine Schläfen beben. „Der alte Dave ist ein Mann. Ich laß ihm ein paar. Die Dummköpfe … Armer, alter Doc, du bist zwar’n Kriecher, aber besser als nichts, du kannst auch ein paar haben … Wir werden bestimmte Dinge einrichten. He, da unten müssen doch noch Millionen alter Autos sein. Wir könnten einen Lieferwagen einrichten. Wir könnten Jagdausflüge machen. Dabei werden wir dann sicher die wilden Männer finden.“
Andy – oder Kay – schwebt auf ihn zu und wischt sich das Blut ab.
„O nein, das wirst du nicht tun!“ schnaubt Bud und greift nach ihr. Als er den Arm ausstreckt, umklammert Judy seinen Trizeps.
Bud stößt einen wilden Schrei aus, der langsam verhallt – dann schwebt er schlaff dahin, sein Gesicht wirkt plötzlich entspannt. Er atmet noch, sieht Lorimer, der nun selbst den angehaltenen Atem ausströmen läßt und ihnen zusieht, wie sie den massigen Körper langsam ausstrecken. Judy holt ihre Hose aus den Weinreben, danach schieben sie ihn langsam am Zaun entlang. Sie hat die Kamera und das Probensäckchen in der Hand.
„Ich tu das hier in den Gefrierschrank, klar?“ sagt sie zu Connie, als sie vorüberschwebt. Lorimer muß sich abwenden.
Connie nickt. „Wie geht es deinem Gesicht, Kay?“
„Ich habe es gespürt“, sagt Kay entzückt durch geschwollene Lippen. „Ich habe physischen Zorn gespürt. Ich wollte ihn schlagen. Mann!“
„Bringt diesen Mann in mein Zimmer“, befiehlt Dave, als sie vorübergehen. Er hat sich in das Sonnenlicht über den Salatreihen begeben. Lady Blue und Judy Dakar halten sich an der Wand auf und sehen zu. Lorimer erinnert sich daran, was er fragen wollte.
„Dave, weißt du wirklich alles? Hast du herausgefunden, daß es nur Frauen gibt?“
Dave betrachtet ihn brütend. Er schwebt aufrecht, die Sonne schimmert auf seinem Bart. Die authentischen Züge eines Mannes. Lorimer denkt an seinen Vater, eine kleine, bleiche Gestalt wie er. Es geht ihm
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