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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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makaber-komischen Überlegungen stellte er einmal mir gegenüber an. „Oder ob ich steckenbleibe? Halb drinnen, halb draußen? Weißt du, ich glaube manchmal, daß Zombies einfach Leute sind, die in jener Tür steckengeblieben sind. Das Bewußtsein ist durch, aber die automatischen Gehirnfunktionen sind auf unserer Seite geblieben und lassen den Körper sich mechanisch bewegen.“
    „Du meinst das autonome Nervensystem, nicht wahr, Ralph?“
    „So? Meine ich das?“
    Ich hatte am College für Neo-Theologie die Betreuung beim Sterben in Gott studiert und war erst vor drei Monaten an das Thanatologie-Zentrum in der Sechsten Straße gekommen, und es versetzte mir einen gewissen Schock, hier jemanden anzutreffen, der einerseits offensichtlich nicht an Gott glaubte, andererseits fest von der Existenz eines leibhaftigen Todes überzeugt war. Ich fand jedoch Gefallen an seinem schwarzen Humor, der seiner fixen Idee Würze verlieh.
    Zweifellos war das auch sein Erfolgsgeheimnis bei seiner eigenen Sterbendenbetreuung: Er ließ den Tod als eine Farce erscheinen, als eine Groteske à la Marx Brothers. Diese Art der Ansprache würde bei einigen Leuten sicherlich Wunder wirken. Ich habe solche Leute kennengelernt. Sie wollen ihr Ende partout nicht allzu ernst nehmen, das finden sie scheinheilig. Andere jedoch, die noch verängstigt sind – bei denen könnte ein Scherz als prima Beruhigungsmittel wirken.
    Tief im Innern fand Ralph dies alles natürlich überhaupt nicht zum Lachen.
    Er zeigte mir seine Maschine oben im vierten Stock des Zentrums. Es war ein freundlicher, sonniger Raum mit einem mittelalterlichen Totentanz im Goldrahmen an der einen Wand und einer großen Farbfotografie des Tadsch Mahal als Kontrast an der anderen. Die Maschine, die den größten Teil des Raumes zwischen den Wänden einnahm, bildete sozusagen die ausgeklammerte Mitte zwischen Grauen und seligem Frieden. Ralph jedoch hatte diese Mitte einbezogen: einen Weg, den Tod weder furchtsam noch freudig zu begrüßen, sondern ihn ohne Fisimatenten einzufangen.
    In einem Faradayschen Käfig aus zarter Filigranarbeit, der jede Art von elektromagnetischer Strahlung von außen abblocken und jede innen entstehende Strahlung isolieren konnte, stand eine mit Mediensensoren bestückte Kombination von Wasserbett und Bahre. Dieser Käfig war umgeben von Glaswänden, die man polarisieren, also undurchsichtig machen und in Endlosspiegel verwandeln konnte. Im Innern waren diverse Kleinstkameras und Spiegel auf silbernen Armen angebracht, und außerhalb der Glaswände gab es fluoreszierende Schirme, ein Elektronen-Abtastgerät und eine Art verdecktes Periskop. Drinnen befanden sich weiterhin kleine, hochempfindliche Duftdetektoren, eingestimmt auf das Pheromon des Todes, den komplexen chemischen Stoff, der vom sterbenden Körper in winzigsten Mengen abgegeben wird und den man auch Totenschweiß nennt. Dieser Stoff ist verwandt mit den sexuellen Lockdüften, wie sie von Menschen und anderen Lebewesen freigesetzt werden, und meiner persönlichen Meinung nach ist er einfach ein Nebenprodukt der Evolution zur Warnung anderer Individuen im Umkreis. In früheren Zeiten mußten ja die meisten Todesfälle von Gewalteinwirkung der einen oder anderen Art herrühren, und das bedeutete Gefahr für die anderen.
    Hewitson war natürlich anderer Meinung. Er stellte sich das Molekül eher als ein Lockmittel vor, das der Tod wittern und auf das er zusteuern würde, wie eine geschlechtsreife Motte. Erst wenn der Tod eingetroffen war, konnte der Orgasmus des Sterbens stattfinden. So ließen sich auch manche übermäßig langen Todeskämpfe erklären: Die Körper dieser Menschen konnten einfach nicht genug von dem Pheromon produzieren.
    Hewitson hatte es – typisch für ihn – fertiggebracht, kleinste Mengen dieses Totenschweißes synthetisch herzustellen, und er hatte einige Prototypen von Todesfallen gebaut, die diesen Stoff freisetzen und dann zuschnappen sollten, wenn jemand oder etwas darauf zustrebte – ohne Erfolg jedoch. So schloß er, daß tatsächlich ein sterbender Körper vonnöten war.
    Es ging Hewitson gegen den Strich, überhaupt zu töten – er empfand das als einen Kniefall vor dem Tod –, aber trotzdem hatte er seine Fallen der zweiten Generation mit sterbenden Tieren beködert. Wieder ohne Erfolg. Daraufhin entstand in ihm die Vorstellung, der Tod sei bei Menschen und bei Tieren etwas wesensmäßig Verschiedenes. Er begann sich für die katholische Doktrin zu

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