Kopernikus 8
Schemas kann die Kolonie überleben.
Nun liege ich hier und warte, warte, warte, während das häßliche Wort in meinen Ohren dröhnt. Ich kannte das Wort vorher nicht, doch sie haben mir seine Bedeutung drastisch verdeutlicht. Morgen wird der Arzt die Abtreibung durchführen, und die Frucht unserer Liebe wird nicht mehr sein.
Gregory Benford
Alte Frau am Straßenrand OLD WOMAN BY THE ROAD
Eine alte Frau in einem formlosen, zerknitterten Kleid und ausgetretenen Schuhen saß am Straßenrand. Durch die Kiefern, die dicht an dicht das weiße Band der Straße säumten, wehte eine leichte Brise, und ich war außer Atem vom schnellen Marschieren. Die alte Frau saß schweigend und regungslos da. Ich wäre beinahe vorbeigelaufen, ehe ich sie bemerkte.
„Sie ruhen sich sicher etwas aus?“ fragte ich.
„Ich warte.“ Ihre Stimme klang trocken, und beim Ausatmen raschelte es wie Laub in ihrer Kehle. Sie saß auf einem braunen Pappkoffer mit kupfernen Schließen. An der Seite war er aufgeplatzt, und weißer Stoff schaute hervor.
„Auf den Bus?“
„Auf Buck.“
„Der Hubschrauber hat durchgegeben, der Bus würde oben vor der Biegung halten“, erklärte ich. „An der Hauptstraße.“
„Ich weiß.“
„Hier in der Nebenstraße kommt er gar nicht vorbei.“
Ich war selbst spät dran und nahm an, sie habe sich den falschen Platz zum Warten ausgesucht.
„Buck wird schon kommen.“ In ihrer hohen Stimme schwang der nasale Akzent der Landbevölkerung mit. Auch ich hatte so einen Klang in der Stimme, aber im Moment sprach ich meine Vokale klar aus, und der Akzent der alten Frau erinnerte mich daran, wie lang mein Weg gewesen war.
Ich folgte der lang geschwungenen Biegung des Sandweges mit den Augen. Aus einer Nebenstraße kam knatternd ein offener Lieferwagen und bog in die tiefen Radspuren im weißen Sand ein. Auf der Pritsche hockten Leute mit ein paar Kisten und Koffern und einem 3-D-Gerät. Sie nahmen an Wertsachen mit, soviel sie konnten, aber die von draußen hatten uns nicht viel Zeit gelassen.
„Wer ist Buck?“
„Mein Hund.“ Sie blickte mir ins Gesicht, als müsse es doch völlig klar sein, wer Buck war.
„Sehen Sie mal, der Bus …“
„Du bist doch der Bishop-Junge, nicht wahr?“
Ich schaute wieder zur Seite und die Straße entlang. Diese paar Worte „der Bishop-Junge“ knirschten mir wie Sand zwischen den Zähnen. Bevor ich an die Universität ging, hatten die Freunde meiner Mutter immer diese Worte gebraucht, wenn sie auf einen Bridge-Abend herüberkamen. Es schien nie ein Weg daran vorbeizuführen, es zuzugeben und mich damit in eine geistige Schublade einordnen zu lassen. Das war damals so, und jetzt war es nicht anders. Ich sagte: „Ja, der bin ich.“ Die Worte kamen deutlich heraus.
„Genau wie ich dachte.“
„Sie sind …?“
„Elisabeth McKenzie.“
„Aha.“
Wir hatten dem Ritual Genüge getan, und nun konnten wir uns unterhalten.
„Ich habe deine Großmutter sehr gut gekannt.“
„Mrs. McKenzie …“
„Ich bin ganz sicher, daß ich dich auch mal gesehen habe. Ist schon lange her. Es war bei einem von diesen Fischessen, die deine Großmutter gab. Du und noch ein paar kleine Jungen spielten am Wasser mit den Netzen rum, und mein Mann ging hin, um euch von den Booten wegzuscheuchen. Ich nahm Flundern aus, und dein Großvater kümmerte sich um das Feuer. Das war unten am Point Clear.“
„Ich glaube, ich erinnere mich auch daran. Mrs. McKenzie, bald kommt der letzte Bus.“
„Ich warte noch auf Buck.“
„Wo ist er denn?“
„In den Wald gelaufen.“
Ich verschob die Riemen meines Rucksacks auf den Schultern. Sie knarrten in der Stille.
Viel Zeit blieb nicht mehr. Bald würde es losgehen. Einer der großen Reflektorspiegel, die die von draußen im synchronen Orbit hielten, würde seinen Lichtstrahl auf
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