KR083 - Ich - gegen ihn
erkannte ich, daß ich keine Sekunde zu früh gekommen war. Dort drüben, nicht weit von dem weißen Haus, kauerte John Forester hinter einem Felsbrocken, der dort lag. Noch in diesem Augenblick, schon gestellt und noch einmal entkommen, dachte er nur an seine Rache, wollte er immer noch, wenn auch waffenlos, Lilian Green in seine Hände bekommen.
Vor der Tür des Hauses standen ein Mann und eine Frau, Lilian Green und die Bewachung, die Lucky zurückgelassen hatte. Von ihrem Standpunkt aus konnten sie Forester nicht sehen.
Aber Green, der fast gleichzeitig mit mir, nur ein Stück näher zum Haus hin, aus dem Gebüsch brach, sah ihn. Ich erblickte den Gangsterboß zum erstenmal bei voller Beleuchtung. Er war ein großer, schwerer Mann mit einem Rest von grauen Haaren auf dem sonst kahlen Schädel. Er war kaltblütig genug, seine Tochter nicht durch einen Zuruf zu warnen. Erst schien es so, als wolle er schreien, aber dann stockte er, sein Gesichtsausdruck änderte sich. Er hatte Forester erkannt. Langsam, fast genüßlich hob er die Pistole.
»Nicht schießen!« schrie ich ihn an. Er drückte doch ab, aber mein Schrei hatte ihn irritiert, oder er hatte überhaupt schlecht gezielt. Die Kugel ratschte den Fels. Green wandte sich mir zu. Ich wußte, er würde schießen. Ich Schoß früher. Er machte ein erstauntes, fast dummes Gesicht, wankte und fiel.
Ich warf mich herum. Forester hatte seine Deckung verlassen. Er hetzte in langen Sprüngen die hundert Yards, die ihn noch vom Hause trennten. Lilian Greens Augen weiteten sich.
»John!«, rief sie schrill und lief ihm entgegen.
Auch ich rannte, und während ich lief, sah ich, wie der Bewacher in der Tür des Hauses eine Pistole aus der Tasche zerrte. Ich sah, wie er sie hob, und obwohl ich noch mehr als zweihundert Yards von ihm entfernt war, sah ich auch, wie er den Finger krumm machte.
Es waren schon viele Schüsse gefallen an diesem grauen Morgen. Dieser Schuß war anders, lauter, deutlicher, schrecklicher und endgültiger. Abgefeuert von der Hand irgendeines kleinen Ganoven, der sich für fünfzig oder hundert Dollar an jeden verkaufte, und doch entscheidend.
Lilian Green fiel mitten im Lauf. Es sah aus, als wäre sie nur gestolpert, aber wir alle wußten, daß sie getroffen war.
Forester stoppte, als hätte eine Faust ihn angehalten, so jäh und plötzlich. Dann warf er sich herum und flüchtete in Richtung auf den Beshophead zu.
Uns trennten nur ein halbes Hundert Schritte, und ich wollte ihm folgen, als der Kerl in der Tür mich anschrie: »Halt, ich schieße!«
Ich kümmerte mich nicht darum, aber er schoß tatsächlich, und er schoß so gut, daß die Kugel nah an mir vorbeipfiff.
Ich mußte tatsächlich die Verfolgung Foresters aufgeben. Ich drehte mich um und ging auf den Kerl zu, der unsicher sich aus seiner Tür löste. Seine Hand, die den Revolver hielt, wackelte. Er hatte ein rotes Trinkergesicht mit kleinen, tränenden Augen darin.
»Was geht hier vor?« fragte er unsicher, als wir nahe voreinander standen.
Ich kochte vor Wut. »Wenn du nicht weißt, was vorgeht«, fauchte ich ihn an, »dann schieße gefälligst nicht in der Gegend herum.«
Ich nahm ihm einfach die Kanone aus der Hand, warf sie weg, und dann knallte ich ihm eins mit der Linken, daß er sang- und klanglos zu Boden ging.
Ich kniete kurz bei Lilian Green nieder und drehte sie auf den Rücken. Sie hielt die Augen geschlossen, aber sie atmete.
Ein neuer Mann erschien keuchend auf dem Schauplatz, Phil.
»Du kommst verdammt spät«, schimpfte ich.
»Hol’s der Teufel«, sagte er atemlos. »Ich verlor die Orientierung, als ich nach dem ersten Schuß mitten durch den Wald wollte, und fand sie erst wieder, als noch mehr geschossen wurde. – War das Forester, der vorhin davonlief?«
»Allerdings, und wer weiß, ob wir ihn noch einmal bekommen.«
»Er lief auf die Felskuppe zu und verschwand um die Ecke«, erläuterte Phil.
»Vielleicht kann ich ihn noch einholen«, sagte ich und stand auf.
Zu unserem Erstaunen meldete sich der Mann, den ich niedergeschlagen hatte. Er saß im Gras und hielt sich sein Kinn.
»Wenn er den Weg genommen hat, kann er nicht entkommen«, sagte er schüchtern. »Der Pfad führt nur auf die Kuppe des Beshopheads oder in den Steinbruch. Von beiden Stellen gibt es keinen Ausweg.«
»Warte, bis unsere Leute kommen«, riet Phil, aber ich traute den Angaben des Mannes nicht.
Ich lief auf den Beshophead zu, erreichte den Pfad, der zum Fuß des Felsens
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