KR083 - Ich - gegen ihn
Wohnhaus kläffte ein großer Hund.
Phil hielt dem Benzinbändiger den Ausweis unter die Nase.
»Ist vor kurzem ein Wagen vorbeigekommen?« fragte er.
»Vor zehn Minuten«, antwortete der Mann wortkarg und verschlafen.
»Welche Marke?«
»Ich glaube, ein Hudson. Jedenfalls ’ne alte, klapprige Mühle. Machte einen Krach wie ein schweres Verkehrsflugzeug.«
Phil sprang zu mir. Wir brausten ohne Dank und Gruß ab.
»Zehn Minuten«, sagte ich leise. »Das kann glücken, das kann auch schiefgehen.«
Die Dunkelheit war einem fahlen, kalkigem Grau gewichen. Noch zwei Meilen fuhren wir. Die Straße senkte sich ständig, und die Landschaft änderte ihr Bild. Links und rechts von uns wuchsen in einiger Entfernung mehr oder weniger bewaldete Hügelkuppen hoch. Dünne Baumreihen mit Unterholz, in dem der Frühnebel in langen Fetzen hing, schoben sich näher und näher an die Straße heran. Dann kam noch einmal eines dieser lächerlichen Reklameschilder, an denen Amerika so reich ist.
»Cox Valley! Ruhe für Ihre Nerven! Hupen Sie nicht! Fahren Sie langsam!«
Trotz aller Sorgen mußte ich grinsen. Nervenruhe würde ich hier wohl kaum finden.
»Zähle die Schneisen!«, rief ich Phil zu. »Der dritte Querweg links muß es sein.«
Noch drei Meilen raste ich weiter, dann schrie Phil: »Da!« Ich trat mit Wucht in die Bremsen. Wir schlitterten ein Stück auf dem taufeuchten Asphalt, dann stand mein Wagen. Wir sprangen heraus.
Der Tankwächter hatte richtig gesehen. Es war ein alter Hudson, der dort stand. Offenbar hatte Forester in der Eile das erste Auto gestohlen, das ihm günstig erschien, und er hatte dabei nicht das beste erwischt.
»Er war vorsichtig. Er wollte Green durch das Motorengeräusch nicht warnen«, sagte Phil. Er flüsterte unwillkürlich.
Ich öffnete den Schlag und legte die Hand auf das Leder des Fahrersitzes. Der Platz war noch warm.
»Wir gehen auch zu Fuß«, entschied ich. Phil nahm die Null-acht aus dem Halfter und entsicherte sie. Ich tat es ihm nach.
Der Querweg war noch gepflastert. Er war nur schmal und führte mitten in den Wald hinein. An einigen Stellen waren Ausbuchtungen angelegt, um entgegenkommenden Fahrzeugen eine Ausweichmöglichkeit zu geben.
Schnell und doch möglichst lautlos bewegten wir uns vorwärts. Wir erreichten die erste Schneise. Zwischen den Bäumen sahen wir in vier- oder fünfhundert Yards Entfernung eine kahle Felskuppe: den Beshophead.
Ich wurde unsicher. Ich glaubte mich zu erinnern, daß Moody von der zweiten Schneise gesprochen hatte, aber andererseits hatte er erwähnt, daß der Pfad genau auf den Beshophead zuführte, und das traf auch für diesen Weg zu.
»Benutze die Schneise«, flüsterte ich Phil zu. »Ich nehme die nächste.«
Er nickte. »Schießen«, ermahnte ich ihn noch. »Sofort schießen, Phil!«
Er kniff mir ein Auge zu, bückte sich unter den ersten Zweigen weg, es raschelte ein wenig, dann hatte ihn das nebelverhangene Gebüsch verschluckt.
Ich hastete weiter. Dreihundert Schritte später traf ich auf die zweite Schneise. Auch von hier konnte man die Felskuppe sehen.
Die Schneise war schmal, kaum mehr als ein Waldweg. Büsche und Sträucher überragten sie von beiden Seiten und schütteten mir Güsse von Tau in den Nacken, wenn ich daran rührte.
Ich bemühte mich, jedes Geräusch zu vermeiden, dennoch konnte ich es nicht verhindern, daß ein trockener Zweig unter meinem Schuh knackte, ein Gesträuch bei der Berührung mit meiner Schulter raschelte.
Es war nicht vollkommen still in dem Busch. In der Ferne brach Wild durch das Unterholz. Eine Amsel probierte die ersten Töne, stellte ihren Gesang aber wieder ein. Einmal krachte es ganz in meiner Nähe, so daß ich herumfuhr, aber es mußte ein Hase oder etwas ähnliches gewesen sein. Und dann hörte ich ein Geräusch, das anders war, als die gewöhnlichen Laute des Waldes. Einen schwachen, dumpfen Schlag, ein kurzes Gurgeln, und etwas wie einen schweren und doch halb gebremsten Fall.
Ich lief zwanzig Schritte ohne Rücksicht. Dann hörte ich ein neues Geräusch, ein Rascheln, so nah, daß ich es vorzog, vom Pfad weg in das Unterholz zu treten und Deckung hinter den Sträuchern zu suchen.
Ich stand und hielt den Atem an. Immer wogte der Nebel in langen Fetzen durch das Gebüsch, gab den Blick frei, verhüllte ihn wieder. Es sah aus wie graue Schleier, die ein sanfter Wind bewegt.
Ich tastete mich vorwärts. Die Zweige schlugen raschelnd aneinander. Dann hörte ich von der anderen
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