Kraft des Bösen
eine blonde Locke fiel ihm in die Stirn . Da s Lich t de r Fackel n spielt e au f de n Reihe n regalähnl i cher Pritschen. Kein Mann regte sich. Saul konnte die Stille spüren , währen d fünfundachtzi g Skelett e i n de r Nach t de n A te m anhielten . Auc h e r selbs t hiel t de n Ate m an.
Di e Deutsche n kame n fün f Schritt e i n di e Baracke , di e kalte Luf t weht e vo r ihne n her , i h r e kräftige n Silhouette n zeichneten sic h vo r de r offene n Tü r ab , währen d ih r Ate m Eiswölkchen um sie herum bildete. Saul drückte sich noch tiefer in das spr ö d e Stroh.
»Du! « sagt e di e Stimme . De r Lichtschei n de r Facke l wa r auf eine Gestalt in gestreifter K l uf t un d Mütz e i n de n Tiefe n einer der unteren Pritschen, sechs Reihen von Saul entfernt, gefallen.
»Kom m her ! Schnell! « Al s de r Angesprochen e sic h nich t regte, zerrt e de r SS - Mann ihn grob auf den Gang. Saul konnte bloße Füß e au f de m Bode n schleife n hören.
»Du, raus!« Und wieder. »Du!« Nun standen drei ›Mus e l männer ‹ wi e gewichtslos e Vogelscheuche n vo r de n viersch r ötige n Silhouetten . Di e Prozessio n ka m vie r Pritsche n vo n Sauls Reihe entfernt zum Stillstand. Die SS - Leute wandten sich ab und ließen den Lichtsc h ein über die Mittelreihe der Pritschen wandern . Rot e Auge n spiegelte n sic h wi e di e erschrockener Ratte n i n halboffene n Särgen.
Ic h werd e leben . Zum ersten Mal war es mehr Gebet als B e fehl . Si e hatte n noc h ni e meh r al s vie r Männe r au s eine r Bar a ck e geholt.
»Du. « De r Man n mi t de r Facke l hatt e sic h umgedreh t und hiel t Sau l da s Lich t direk t in s Gesicht . Sau l regt e sic h nicht . Er atmet e nicht . Da s Universu m bestan d nu r au s seine m Zentim e te r vo m Gesich t entfernte n Handrücken . Di e Hau t dor t war weiß , wi e di e eine r Made , un d a n manche n Stelle n schorfig. Di e Haar e au f de m Handrücke n ware n pechschwarz . Sau l b e trachtet e sie , vo n eine m tiefe n Gefüh l de r Ehrfurch t erfüllt . Im Lichtschei n wirkt e di e Hau t vo n Han d un d Ar m beinah e dur c h scheinend . E r konnt e di e Muskelschich t en sehen, die eleganten Muste r de r Sehnen , di e blaue n Venen , di e sanf t i m wilden Rhythmu s seine s Herzschlag s pulsierten.
»Du , raus. « Di e Zei t lie f langsame r un d schlu g Purzelb ä u me . Saul s ganze s Leben , jed e Sekunde , jed e Ekstas e un d jeder banale , vergessen e Nachmittag, hatte zu diesem Augenblick geführt, diesem Scheideweg. Saul verzerrte die Lippen zu e i ne m dumpfe n Grinsen . E r hatt e sic h scho n vo r lange r Zei t e in geredet , da ß si e ih n nich t hinau s i n di e Nach t führe n würden. Si e würde n ih n hie r töte n müssen , v o r de n anderen . Wen n er scho n nicht s andere s konnte , wollt e e r seine n Mörder n wenig s ten s Or t un d Zeitpunk t seine r Ermordun g vorschreiben . Eine groß e Ruh e ka m übe r ihn.
»Schnell! « Eine r de r SS - Männe r schri e ih n an , un d beide kame n au f ih n zu . Sau l wa r vo m L ich t geblende t un d roc h n a s se n Stof f un d da s süßlich e Arom a vo n Schnap s i m Ate m des Mannes , un d e r konnt e di e kalt e Luf t i m Gesich t spüren . Seine Hau t spannt e sic h un d wartet e au f di e grob e Berührun g ihrer Hände.
»Nein« , schnappt e de r jung e Standartenführ e r . Sau l sa h ihn lediglic h al s schwarze s Zerrbil d eine s Mensche n vo r de m w e i ße n Gleiße n de s Lichts . »Zurücktreten! « De r Standartenführer kam einen Schritt nach vorne, während die SS - Männe r rasch zurückwichen . Di e Zei t schie n stillzustehen , währen d Sau l zu d e r dunkle n Gestal t aufsah . Nieman d sagt e etwas . De r Nebel ihre s Atem s schwebt e u m si e herum.
»Komm! « sagt e de r Standartenführe r leise . E s wa r kei n B e fehl . E s wurd e sanf t ausgesprochen , fas t herzlich , wi e ma n s e i ne n Lieblingshun d rufe n ode r sei n Kin d z u de n erste n tapsigen Schritten ermuntern würde. »Komm her!«
Sau l bi ß di e Zähn e zusamme n un d macht e di e Auge n zu . Er würd e si e beißen , wen n si e kamen . E r würd e nac h ihre n Hälsen schnappen . E r würd e beiße n un d zerfetze n un d a n Hau t und Knorpel reißen, bis sie s c hieße n mußten , bi s si e feuer n mußten, bi s si e gezwunge n wäre n …
»Komm! « De r Standartenführe r tippt e leich t au f sei n Knie.
Sau l verzo g di e Lippe n z u eine r höhnische n Grimasse . E r w ü r de die
Weitere Kostenlose Bücher