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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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vorzustellen, auf den er Stunde und Minute schrieb, zu der er erwachen wollte. Dan n lie ß e r diese n Stei n vo r seine m geistige n Aug e i n einen klare n Tümpe l falle n un d sa h zu , wi e e r i n di e Ti e f e sank . Am nächste n Morge n erwacht e e r unweigerlic h gena u u m diese Uhrzeit , wa r wac h un d lebhaf t un d geno ß di e Still e vo r der Dämmerung während des flüchtigen Augenblicks, bevor seine Geschwiste r aufwachte n un d diese n Zustan d de r Vollkomm e n hei t zunicht e m achten.
    Ic h werd e leben . Sau l knif f di e Auge n z u un d sah , wi e der Stei n in s klar e Wasse r sank . Sei n Körpe r fin g wiede r a n zu zittern , un d e r preßt e de n Rücke n feste r gege n da s rauh e Holz. E r versucht e zu m tausendste n Mal , sic h tiefe r i n di e Muld e im Stro h z u kuscheln . E s wa r besse r gewesen , al s de r alt e Herr Schistru k un d de r jung e Ibrahi m di e Pritsch e noc h mi t ih m g e teil t hatten , abe r Ibrahi m wa r be i de r Arbei t i n de n Mine n e r schosse n worden , un d Schistru k hatt e sic h vo r zwe i Tage n im Steinbruc h hingesetz t un d sic h soga r geweiger t aufzustehen , als Gluecks , de r Befehlshabe r de r SS - Wachen, seinen Hund auf ih n gehetz t hatte . De r alt e Man n hatt e fas t fröhlic h mi t den dünne n Arme n gewink t ein erschöpfter Abschied von den staunende n Mitgefangenen , un d fün f Sek u nde n späte r hatt e der deutsch e Schäferhun d ih m di e Kehl e zerfleischt.
    Ich werde leben. Der Gedanke besaß einen Rhythmus, der Wort e überstieg , Sprach e überstieg . De r Gedank e setzt e einen Kontrapunk t z u allem , wa s Sau l i n de n fün f Monate n i m Lager gesehe n u n d erleb t hatte . Ic h werd e leben . De r Gedank e p u l sierte voll Licht und Wärme, die teilweise die kalte, schwind e l erregend e Grub e verdrängten , di e sic h imme r weite r i n seinem Innere n aufzutu n un d ih n z u verzehre n drohte . Di e ›Grube‹. Sau l hatt e di e ›Grube ‹ g e sehen . Zusamme n mi t de n anderen hatte er kalte Klumpen schwarzer Erde über noch warme Le i chen geschaufelt, die sich teilweise noch bewegt hatten; ein Kin d hatt e schwac h mi t de n Arme n gezuckt , al s würd e e s e i ne m Verwandte n zu m Willkomme n winke n ode r sic h im Schlaf räkeln; hatte Erde geschaufelt und Kalk aus Säcken g e schüttet, die zu schwer zum Tragen waren, während der Wachtposte n vo n de r S S danebe n sa ß un d di e Bein e übe r den Ran d de r ›Grube ‹ baumel n ließ , ein e weich e un d weiß e Hand auf den schwarzen Stahll a u f de r Maschinenpistol e geleg t und ei n Pflaste r au f de r Wange , w o e r sic h bei m Rasiere n geschni t te n hatte ; de r Schnit t verheilt e bereits , währen d nackt e weiße Leibe r sic h schwac h regte n un d Sau l Erd e i n di e ›Grube ‹ sch ü t tet e un d sein e Auge n ro t wurde n vo n de r Kalkwolke , di e wie kreidegleiche r Nebe l i n de r Winterluf t hing.
    Ic h werd e leben . Sau l konzentriert e sic h au f di e Kraf t dieser Kaden z un d achtet e nich t au f di e schlotternde n Glieder . Zwei Etage n übe r ih m schluchzt e ei n Man n i n de r Nacht . Sau l ko nn t e sp ü ren , wi e Läus e au f seine n Arme n un d Beine n krabbelten und das Zentrum seiner schwindenden Wärme suchten. Er ro l l t e sic h enge r z u eine r Kuge l zusammen ; e r begrif f de n Trieb, der das Ungeziefer beherrschte; es befolgte denselben hirn l o sen , unlogischen , unwi d erstehliche n Befeh l zu m Weiter m a chen.
    De r Stei n san k tiefe r i n di e azurblau e Tiefe . Sau l konnt e die groben Buchstaben sehen, während er am Rand des Schlafs balancierte . Ic h werd e leben.
    Sau l ri ß di e Auge n auf , al s ei n Gedank e ih n mi t größerer Kält e erfüllt e al s de r Wind , de r durc h di e undichte n Fenste r rahme n pfiff . Es war der dritte Donnerstag im Monat. Sau l war ziemlich sicher, daß es der dritte Donnerstag war. Si e kamen a m dritte n Donnerstag . Abe r nich t immer . Vielleich t nich t d i e se n Donnerstag . Sau l legt e di e Unterarm e vor s Gesich t und kugelt e sic h i n ein e noc h verkrampfter e Embryonalhaltung.
    E r wa r fas t eingeschlafen , al s di e Tü r de r Barack e aufger i s se n wurde . E s ware n fün f zwe i Wachleut e de r Waffe n - S S mit Maschinenpistolen, ein gewöhnlicher Armeeunter offizier, Leutnant Schaffner und ein junger Standartenführer, den Saul noc h ni e vorhe r gesehe n hatte . De r Standartenführe r hatt e ein blasses, arisches Gesicht,

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