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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Gurion.«
    »Ich fahre Sie«, sagte Saul. »Stelle das Auto bei Sheila ab und lasse mich von ihr oder einem der Kinder zurückfahren.«
    »Das würde mich sehr freuen«, sagte Natalie.
    Saul schenkte Kaffee ein und gab ihr einen Plastikbecher. »Haben Sie Angst?« fragte er.
    »In die Staaten zurückzukehren, oder daß es noch mehr von ihnen geben könnte?« fragte sie und trank von der aromatischen türkischen Mischung.
    »Nur zurückzukehren«, sagte Saul.
    »Ja«, entgegnete Natalie.
    Saul nickte. Einige Autos, deren Scheinwerferlicht im Leuchten des Sonnenuntergangs verblaßte, fuhren an der Küstenstraße entlang. Meilenweit entfernt im Norden glommen die Mauern der Stadt der Kreuzritter düster rot. Der Berg Karmel war gerade noch zu erkennen, er war in einen so intensiven violetten Dunst gehüllt, daß Natalie die Farbe nie und nimmer für echt gehalten hätte, hätte sie sie auf einer Fotografie gesehen.
    »Ich meine, ich weiß nicht«, fuhr Natalie fort. »Ich werde es eine Zeitlang versuchen. Ich meine, Amerika war schon immer beängstigend ... alles. Aber es ist meine Heimat. Sie wissen, was ich meine.«
    »Ja.«
    »Denken Sie je daran, wieder nach Hause zurückzukehren? In die Staaten, meine ich.«
    Saul nickte und setzte sich auf einen großen Stein. Frost glitzerte in den Furchen, wo die Wärme des Tages nicht hingekommen war. »Ständig«, sagte er. »Aber es gibt hier soviel zu tun.«
    »Ich kann immer noch nicht glauben, wie schnell die vom Mossad alles ... geglaubt haben«, sagte Natalie.
    Saul lachte. »Wir haben eine lange und noble Geschichte der Paranoia«, sagte er. »Ich glaube, wir haben ihre finstersten Vorurteile angesprochen.« Er trank seinen Kaffee und schenkte ihnen beiden nach. »Außerdem hatten sie eine Menge Geheimdienstdaten, mit denen sie nichts anzufangen wußten. Jetzt haben sie ein Gerüst für die Fakten ... zugegeben, ein unheimliches Gerüst, aber besser als nichts.«
    Natalie deutete über das dunkle Meer nach Norden. »Glauben Sie, sie finden ... wen auch immer?«
    »Die geheimnisvollen Verbindungsmänner des Standartenführers?« sagte Saul. »Schon möglich. Ich vermute, daß es sich um Leute handelt, mit denen sie sich ohnedies schon beschäftigen.«
    Natalies Blick wurde umwölkt. »Ich muß immer noch an den einen denken ... im Haus ... der vermißt wurde.«
    »Howard«, sagte Saul. »Der Rothaarige, Justins Vater.«
    »Ja.« Natalie erschauerte unmerklich, als die Sonne den Horizont berührte und Wind aufkam.
    »Catfish hat Ihnen beiden gefunkt, daß er >Howard schlafen gelegt< hatte«, sagte Saul. »Angenommen, er war derjenige, der Ihnen gefolgt ist. Als Melanie jemanden geschickt hat - wahrscheinlich den Riesen -, um Catfish zu ermorden, hat er mit ziemlicher Sicherheit auch Howard mitgenommen. Vielleicht war er noch bewußtlos, als das Haus abgebrannt ist. Vielleicht war er derjenige, der im Hinterzimmer auf Sie gewartet hat.«
    »Vielleicht«, sagte Natalie und legte die Hände um die Tasse, um sie zu wärmen. »Vielleicht hat Melanie ihn auch irgendwo begraben lassen, weil sie geglaubt hat, er wäre tot. Das würde erklären, weshalb die Zahl der Toten in der Zeitung nicht gestimmt hat.« Sie sah, wie die anderen Sterne herauskamen. »Wissen Sie, was heute für ein Jahrestag ist? Ein Jahr seit ...«
    »Seit dem Tod Ihres Vaters«, sagte er und half ihr beim Aufstehen. Sie schritten in der kurzen Dämmerung auf dem Aquädukt zurück. »Haben Sie nicht gesagt, Sie hätten einen Brief von Jackson bekommen?«
    Natalie strahlte. »Einen langen. Er ist wieder in Germantown. Tatsächlich ist er der neue Leiter des Community House, aber er hat das alte Haus aufgegeben, >Soul Brickyard< gesagt, sie sollen sich ein neues Clubhaus suchen - ich schätze, das konnte er, weil er immer noch Mitglied ist -, und eine Reihe richtiger öffentlicher Einrichtungen in der Germantown Avenue eröffnet. Er hat eine kostenlose Klinik aufgezogen und so weiter.«
    »Hat er erwähnt, wie es Marvin geht?« fragte Saul.
    »Ja. Jackson hat ihn mehr oder weniger adoptiert glaube ich. Er hat geschrieben, daß Marvin Anzeichen von Besserung erkennen läßt. Er ist jetzt auf der Stufe eines Vierjährigen ... eines klugen Vierjährigen, sagt Jackson.«
    »Glauben Sie, Sie werden ihn einmal besuchen?«
    Natalie rückte den Pullover zurecht. »Vielleicht. Wahrscheinlich. Ja.«
    Sie sprangen vorsichtig vom bröckelnden Rand des uralten Bauwerks hinunter und blickten den Weg zurück, den sie gekommen

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