Achtung BABY!
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PROLOG
»Fleisch!«
Dieses Wort zerriss die Stille. Ich bummelte mit meiner Frau durch die Fußgängerzone. Ein Ort, wo es außer militanten Pantomimen und Panflötenextremisten nichts Böses gibt – dachte ich mir, doch plötzlich: »Fleisch!«
Ich schaute in die Augen meiner Frau, aber obwohl wir schon seit über 17 Jahren zusammen waren, was ich da sah, kannte ich nicht. Irgendetwas Fremdes hatte anscheinend von ihr Besitz ergriffen. Die Augen weit aufgerissen, mit einem Schuss Wahnsinn und visualisierter Gier nach … »Fleisch!«
Todesangst setzte bei mir ein. Da ich seit meiner Jugend an chronischer Zombie-Phobie leide, kamen sofort schreckliche Zerrbilder hoch: Zombie – es kann immer und überall passieren. Wie in dem Remake des Zombie-Klassikers »Dawn Of The Dead«. Erste Szene: Ehepaar liegt am Morgen friedlich im Bett, es hämmert an der Schlafzimmertür, Mama öffnet, die kleine Tochter steht da mit einem irren Blick in den Augen: »Fleisch!«
Die Tochter (nennen wir sie mal Dörte) hechtet auf den Papa, sie will nicht kuscheln, sondern essen, und beißt ihm in den Hals – Mama wirft Dörte mit letzter Kraft aus dem Schlafzimmer – Papa stirbt im Bett – er mutiert sofort zum Zombie und geht als solcher die Mama an – die kann gerade noch fliehen – sie verbarrikadiert sich mit anderen Überlebenden in einer großen Shopping Mall … Scheiße – die Fußgängerzone ist auch nicht sicher! Poff! Ich werde aus meinem Wachalbtraum gerissen.
»Fleisch! Jetzt! Hallo, Michl, hörst du mir überhaupt zu?«
»Ja, äh …«
Meine Frau versuchte zu mir durchzudringen: »Ich brauche jetzt sofort was zu essen, du weißt, ich bin schwanger.«
»Klar!«
Ich hörte sofort auf, die Fluchtmöglichkeiten Richtung Kaufhaus abzuchecken, meine Zombie-Phobie wurde in einer Zehntelsekunde verdrängt von der loyalen Liebe des männlichen Jägers, der seiner hungrigen schwangeren Frau mit bloßen Händen ein Mammut reißen würde. Ich funktionierte sofort: »Klar, Gudrun, lass uns die Dönerbude überfallen.«
War eigentlich nur ein Spaß, aber ich sah in den Augen meiner Frau, dass sie kein Problem damit hätte und diesen Vorschlag zumindest in Erwägung zog. Das Prinzip »Plünderung zur Nahrungssuche« – eine schwangere Frau muss dazu nicht überredet werden. Wenn die Hungerattacke kommt, fahren bei Schwangeren alle anderen Systeme nach unten, das Hirn hat hitzefrei, und der Magen darf auch mal Chef sein. Das wäre in etwa vergleichbar mit einem Mann, der ein Jahr keinen Sex mehr hatte, und dann kommt plötzlich in der Fußgängerzone Eva Mendes in Strapsen auf ihn zu und spielt neckisch mit ihren Nippeln.
»Fleisch!«
Und dann ist es auch nicht so, dass da ein Mann sagen würde: »Servus, Eva, das ist schon ganz nett von dir, dass du mir deine Auslage zur Verfügung stellen würdest, aber ich wollte mir gerade den Pantomimen anschauen und dann heimgehen. Servus.«
Hungerattacken bei Schwangeren wollen richtig gestillt werden. Da helfen keine leichten Zwischensnacks, es muss was Gescheites her. Halt irgendwas mit Fleisch. Das habe ich immer geliebt in der Zeit der Schwangerschaft. Wenn man in dieser Zeit zusammen essen geht, hört man nicht so weibliche Sätze wie: »Schatz, lass uns doch ins Café Düdeldü gehen, die haben so schöne Salate mit Putenbruststreifen und so.« An der Stelle sei mal erwähnt, Pute ist für uns Männer kein richtiges Fleisch, sondern eher eine Art Tofu mit organischer Herkunft.
Das wichtigste Begleitwort bei einem Schwangerhungeranfall ist »jetzt«. Wenn eine schwangere Frau sagt, »ich habe Hunger«, heißt das Jetzt-sofort-in-der-Zehntelsekunde-ohne-Zeitpuffer-oder-töten-Hunger. Man sollte noch nicht einmal daran denken zu sagen: »Baby, lass uns doch vorher noch in das DVD-Geschäft gehen und danach dann können wir …«
Jetzt!
Jagdhörner ertönen. Die Hundemeute wird von der Leine gelassen. Die Treiber spurten los. In den nächsten zehn Sekunden muss eine Möglichkeit der Nahrungsaufnahme gefunden werden. In München ist das Gott sei Dank einfach, denn in hundert Meter Reichweite findet sich immer eine einschlägige Metzgerei, wo man sich zumindest eine schnelle Leberkässemmel besorgen kann. Hätte ich früher nie vorgeschlagen – Leberkässemmel als Shoppingpause. Manolo Blahnik und Leberkäs ist als Kombination noch nicht so gängig in der westlichen Konsumwelt. Insgeheim habe ich auf eine Dauerschwangerschaft gehofft. Das würde meinem
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