Krank (German Edition)
richtiggelegen. Während Wagoner am liebsten schwer mit Pailletten bestickte Anzüge trug, schien dieser Typ Seidenzwirn in gedecktem Grau zu bevorzugen, der locker dreitausend Dollar kostete.
Neben ihm saß ein großgewachsener, breitschultriger Mann Mitte dreißig mit tiefliegenden Augen und buschigen Brauen, die mich an einen Neandertaler auf Steroiden denken ließen. Sein schwarzer Anzug saß recht locker, damit er problemlos seine Glock ziehen konnte – die man ihm am Eingang abgenommen hatte.
An der Stirnseite des Tisches hockte ein Mann mit der Figur eines Pinguins, auf dessen Schoß eine Aktentasche lag. Bis auf ein paar spärliche Haarsträhnen war er kahl. Er trug ein Menjoubärtchen, einen schlecht sitzenden Anzug und hatte sanfte blaue Augen, die hinter seinen dicken Brillengläsern kaum zu erkennen waren. Er war schätzungsweise Anfang sechzig und musste der Seelenklempner sein.
»Wo ist Dr. Wainwright?«, fragte ich.
»Auf der Toilette«, antwortete der Neandertaler und beäugte mich, als wäre ich ein Penner, der ungebeten auf einer Hochzeit auftaucht. »Warten Sie draußen. Dann verpassen Sie sie nicht.«
»Ich werde hier drinnen warten«, verkündete ich und trat ein.
»Dieses Treffen ist nicht öffentlich.« Mr. Urzeit erhob sich und versuchte, mich mit ausgestreckter Hand zurückzuweisen. Der Kerl bewegte sich wie ein Türsteher, und ich hatte Türsteher noch nie leiden können.
»Ich stehe auf der Gästeliste«, meinte ich.
»Und ich sagte, dass dieses Treffen nicht öffentlich ist.«
Als ich auf einen Stuhl zuhielt, bohrte mir der Neandertaler seinen Finger ins Brustbein. Typisch Türsteher! Ich presste mein Bein gegen seins, packte sein Handgelenk und drehte mich wie ein Schlittschuhläufer bei einer Sitzpirouette. Der Neandertaler stolperte über den Boden und warf dabei zwei Stühle um. In Windeseile fand er sein Gleichgewicht wieder, ballte die Fäuste und bombardierte mich mit wütenden Blicken. Ich fischte meine Brieftasche heraus und zeigte ihm meine Marke.
»Kriegen Sie sich wieder ein«, sagte ich.
»Was geht hier vor?« Doc Wainwright erschien im Türrahmen und schaute zwischen den umgeworfenen Stühlen und meiner Marke hin und her.
»Wir sind gerade dabei, uns kennenzulernen, Doc«, erklärte ich.
»Setz dich, Bridges«, befahl eine Stimme hinter mir leise, aber mit Nachdruck. Der gebräunte Kerl mit der weißen Tolle musterte mich interessiert und hielt mir mit spitzen Fingern eine Visitenkarte hin, als wollte er einem Pagen ein Trinkgeld geben.
»Was steht da drauf?«, fragte ich.
»Ich bin Arthur Slezak von Dunham, Krull & Slezak. Robert Craylines Rechtsbeistand. Die restlichen Anwesenden sind Charles Bridges, den Sie ja … ähm … gerade kennengelernt haben, und Dr. Walter Neddles, Psychiater und ausgebildeter Hypnotiseur. Kann ich bitte Ihren Ausweis sehen?«
Slezak setzte eine Lesebrille auf und überflog meine Personalien, während ich seine rosigen Hände und die perfekt manikürten Nägel studierte. Sein linkes Handgelenk zierte eine Rolex, die mehr kostete, als ich im halben Jahr verdiente. Mir fiel auf, dass er die Stirn runzelte, als versuchte er, sich an etwas zu erinnern.
»Mobile?«, meinte er schließlich. »Haben Sie sich da nicht ein bisschen weit aus Ihrem Zuständigkeitsbereich herausgewagt?«
»Ich habe ihn um seine Anwesenheit gebeten«, erklärte Wainwright und ließ sich auf dem Stuhl am Kopfende des Tisches nieder, gegenüber dem Pinguin.
»Und aus welchem Grund, Doktor?«
»Detective Ryder kennt die Gefahr, die Crayline darstellt, und auch er warnt eindringlich vor einer Hypnose.«
Neddles räusperte sich. »Ich versichere Ihnen, Dr. Wainwright, dass ich schon mehrere gefährliche Personen hypnotisiert habe. Terrence Crump, Ernesto Vasquez, Rhonda Sue Bolz …«
»Die sind mir durch die Bank bekannt«, schnitt ich ihm das Wort ab. »Crump, der über ältere Damen hergefallen ist, habe ich selbst gejagt und zur Strecke gebracht. Bolz hat im Krankenhaus Menschen vergiftet, Vasquez Trinker und Obdachlose getötet. Haben Sie sich mit Bobby Lee Crayline beschäftigt, Doktor? Seine Gewaltbereitschaft ist von einem ganz anderen Kaliber.«
Slezak gab ein zuckersüßes Lächeln zum Besten. »Falls sich herausstellt, dass man Mr. Crayline nicht hypnotisieren kann, packen wir sofort ein, aber einen Versuch ist es wert.«
»Was hoffen Sie zu erfahren?«
»Nichts, was für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Ich würde gern herausfinden, ob
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