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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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sogleich wieder auf.
    »Es ist mir gleichgültig, ob Monsieur Pierre zugegen ist!« rief die Fürstin, deren hübsches Gesicht sich verzog wie das eines Kindes, das weinen will. »Schon lange wollte ich dich fragen, Andree, warum du so ganz anders gegen mich geworden bist? Was habe ich dir getan? Du gehst zur Armee, ohne Mitleid mit mir zu haben! Warum?«
    »Lisa!« rief der Fürst Andree.
    Und dieses eine Wort enthielt Bitte, Drohung und die Versicherung, daß sie ihre Worte bereuen werde.
    Sie fuhr aber heftig fort: »Du behandelst mich wie eine Kranke oder wie ein Kind! Ich sehe alles!... vor sechs Monaten warst du nicht so!«
    »Lisa, ich bitte dich, höre auf!« erwiderte er lauter.
    Peter, dessen Erregung bei dieser Unterhaltung immer mehr stieg, erhob sich und näherte sich der jungen Frau. Er schien den Anblick der Tränen nicht ertragen zu können und selbst dem Weinen nahe zu sein.
    »Beruhigen Sie sich, Fürstin, das sind nur Ideen, ich habe das auch empfunden ... Ich versichere Ihnen ... und übrigens ... nein, entschuldigen Sie mich, ich bin hier als Fremder überflüssig... beruhigen Sie sich! Adieu!«
    Fürst Andree hielt ihn zurück.
    »Nein, Peter, warte noch, die Fürstin ist zu gut, um mich des Vergnügens, den Abend mit dir zu verbringen, berauben zu wollen.«
    »Ach ja, er denkt nur an sich«, murmelte sie, ohne ihre Tränen des Verdrusses zurückhalten zu können.
    »Lisa«, sagte der Fürst Andree scharf, mit einer Stimme, welche anzeigte, daß sein Zorn aufs höchste gestiegen war. Plötzlich verbreitete sich auf ihrem zornigen Gesicht ein furchtsamer Ausdruck.
    »Mein Gott, mein Gott«, murmelte sie mit einem hastigen Blick nach ihrem Mann, dann nahm sie das Kleid mit einer Hand auf, näherte sich ihm und drückte einen Kuß auf seine Stirn.
    »Gute Nacht, Lisa!« sagte er, sich erhebend, und küßte ihr die Hand wie einer Fremden.

8
    Die beiden Freunde schwiegen, keiner konnte sich entschließen, zu sprechen. Peter betrachtete heimlich seinen Freund, der sich mit seiner kleinen Hand die Stirn rieb.
    »Wir wollen speisen gehen«, sagte er seufzend und schritt zur Tür. Sie traten in einen prachtvollen Speisesaal. Die Einrichtung, das Geschirr, das Silberzeug und die Wäsche, alles trug den Stempel der Neuheit einer jungen Haushaltung. Plötzlich stützte der Fürst Andree den Ellbogen auf den Tisch und sprach mit einer nervösen Hast, welche Peter noch niemals an ihm bemerkt hatte, und wie ein Mensch, der seit langer Zeit etwas auf dem Herzen hat und sich endlich zu einem Geständnis entschloß.
    »Lieber Freund, heirate nicht früher, als bis du alles vollbracht hast, was du machen willst, als bis du aufgehört hast, die Frau deiner Wahl zu lieben und bis du sie genau studiert hast, sonst wirst du dich grausam täuschen. Heirate lieber, wenn du alt bist und zu nichts mehr taugst, dann wirst du wenigstens nicht Gefahr laufen, alles, was Gutes und Erhabenes in dir ist, zu vertrödeln. Ja, sieh mich nur so erstaunt an! Wenn du fernerhin noch etwas von dir selbst erwartest, so wirst du bei jedem Schritt empfinden, daß alles aus und alles für dich verschlossen ist, außer den Salons, wo du auf einem Brett mit einem Hoflakai und einem Dummkopf stehst. Aber wozu? ...« Er machte eine heftige Gebärde.
    Peter nahm die Brille ab, und jetzt wurde seine gutmütige Miene und sein Erstaunen noch deutlicher sichtbar.
    »Meine Frau«, fuhr Fürst Andree fort, »ist ein vortreffliches Weib, eine von jenen, bei welchen die Ehre eines Ehemannes nichts zu fürchten hat, aber was würde ich in diesem Augenblick nicht dafür geben, großer Gott, nicht verheiratet zu sein! Du bist der erste und einzige, dem ich das eingestehe.«
    Fürst Andree glich immer weniger jenem Fürsten Bolkonsky, der sich bei Fräulein Scherer in einem Lehnstuhl niedergelassen hatte und mit halb geschlossenen Augen französische Phrasen aussprach. Ein fieberhaftes, nervöses Zucken bewegte jeden Muskel seines finsteren Gesichts, seine Augen glühten, man sah, daß er in den kurzen Augenblicken krankhafter Reizbarkeit um so heftiger war, je schwächlicher er in seinem gewöhnlichen Zustand erschien.
    »Du verstehst mich nicht, und doch ist das die Geschichte eines ganzen Menschenlebens. Du sprichst von Bonaparte und seiner Laufbahn«, fuhr er fort, obgleich Peter kein Wort gesagt hatte, »aber als Bonaparte arbeitete, nach einem Ziel strebte, war er frei und hatte nur dieses Ziel im Auge, und dann erreichte er es. Aber wenn man das

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