Krieger der Stille
Hundertjährigen mit den edlen Gesichtszügen, den klaren blauen Augen und dem gelockten blaugrauen Haar. Aus Liebe für einen Mann, der alle syracusischen Tugenden verkörperte: Adel, Großmut und Anmut verbunden mit einem erlesenen Geschmack; den Kardinaltugenden, die von jeher auf Syracusa gepflegt wurden.
Der Mikat wurde von Krämpfen geschüttelt. Allein das rhythmische Trommeln seiner Knie auf den kalten Fliesen unterbrach eine immer bedrückender werdende Stille.
»Er ist Adept einer verbotenen Religion«, sagte Pamynx plötzlich, an Spergus gewandt.
Der junge Osgorite zuckte zusammen. Er konnte den durchdringenden und dabei unergründlichen Blick des Konnetabels nicht ertragen. Die telepathischen Fähigkeiten der Scaythen und vor allem die von Pamynx machten ihm Angst. Instinktiv drehte er sich um und suchte die beruhigende Nähe seiner Gedankenhüter.
»Diese grässlichen Irrlehren! Sie erfüllen mich mit Abscheu«, schimpfte Ranti Ang. »Sie müssen ein für alle Mal ausgemerzt werden.«
Der Seigneur von Syracusa bewegte nervös seine schlanken, ringgeschmückten Finger und strich sich dann eine Strähne seines silbernen Haars aus dem Gesicht. Ein Tick, der einen unmittelbar bevorstehenden Kontrollverlust ankündigte.
»Dieser Mikat ist Anhänger der ketzerischen Lehre der Kirche von Goudour, die diesen falschen Propheten, der vor dreihundert Jahren am Kreuz verbrannt wurde, noch immer wie einen Märtyrer verehrt. Das ist Häresie!«
»Sie sind nichts als Tiere, fanatische Idioten, die sich erdreisten, auf menschliche Symbole zurückzugreifen!«
»Und wo verstecken sie sich?«, fragte Spergus, den dieses Thema zu faszinieren schien.
Allein diese Frage löste in Ranti Ang ungezügelte Wut aus.
»Stellt Euch nur vor, mein Freund, sie halten sich sogar auf Syracusa auf! Sie verstecken sich in den Bergen von Teheu’ingh und in Mesgomien, in jenen schwer zugänglichen Landstrichen, wo wir sie nur mühsam aufspüren können. Aber auf dem Planeten Julius ist diese Irrlehre weitverbreitet, obwohl wir ihre Anhänger durch verstärkte Repressalien und eine größere Anzahl von Verbrennungen am Kreuz beträchtlich reduziert haben.«
»Wenn Ihr gestattet, Monseigneur, möchte ich noch zwei Dinge hinzufügen. Als Erstes die Tatsache, dass die Eltern dieses Mikaten bereits während eines Aufenthalts Eures Vaters, des Seigneurs Arghetti Ang, am Kreuz verbrannt wurden. Und zweitens, dass die Person, die ihn denunziert hat, keine andere als seine Frau ist – eben jene Person, an die er sich jetzt erinnert. Und das für den kläglichen Lohn von hundert julischen Keulis, was nur einer geringen Summe unserer Standardwährung entspricht. Es ist doch seltsam, dass dieser geringe Obolus für sie attraktiver als die Liebe ihres Mannes war.«
Ranti Ang erlaubte sich den Anflug eines Lächelns.
Doch da Pamynx’ Worte wie Peitschenhiebe auf den Mikaten niedergeprasselt waren, hatte er jetzt aufgehört zu zittern und lag ausgestreckt auf dem Boden. Große Tränen liefen ihm über die Wangen.
»Aber… aber er weint! Habt Ihr das gesehen? Er weint, Monseigneur!«
»Ja, mein Freund. Er weint«, sagte Ranti Ang spöttisch. »Denn er verfügt nicht über Mechanismen, wie wir sie besitzen, die seinen Verstand kontrollieren können. Deshalb gibt es Wesen, die ihren Emotionen Ausdruck verleihen, so unwahrscheinlich uns das auch anmutet.«
Spergus hatte sich über die massive Brüstung des Balkons gebeugt. Mit großen Augen betrachtete er die glänzenden Tränen, die über die rauen Wangen des Mikaten liefen.
Auf ein diskretes Zeichen des Konnetabels näherte sich der Scaythe im schwarzen Kapuzenmantel der zusammengesunkenen Gestalt. Flüchtig konnte Spergus zwei glühend rote Lichter sehen, die eine große Energie ausstrahlten. Zwei unheilbringende Sterne in einem tintenschwarzen Himmel.
»Wir sind bereit, Monseigneur.«
»Bereit? Aber zu was, gütige Götter?«
Beunruhigt hob der Mikat den Kopf. Als er den schwarzen Stoff der Kutte so nah vor sich sah, weiteten sich seine Augen vor Entsetzen. Er schlug wild mit Armen und Beinen um sich.
»Wenn das kein Wunderwerk ist!«, spottete Ranti Ang. »Macht mir ja nicht weis, Ihr habt dieses grandiose Schauspiel nur inszeniert, um einen dieser Erd-Hinteren zu terrorisieren!«
»Habt die Güte, Euch noch etwas zu gedulden, Monseigneur …«
Ein unangenehmes Gefühl des Zweifels beschlich den Konnetabel, ein schleichendes Gift, dem er nicht Einhalt gebieten konnte, obwohl
Weitere Kostenlose Bücher