Kriegerin der Nacht
sich seinen Weg durch die Kehle zu bahnen. Sie hielt es zurück - was einfach instinktiv geschah. Ein Panther war von Natur aus der beste Jäger der Welt.
Auch das, was sie als Nächstes tat, geschah instinktiv. Sie nahm sich einen Moment Zeit, um die Entfernung zwischen sich selbst und dem schwarzhaarigen jungen Mann abzuschätzen. Die Schultern heruntergezogen, machte sie ein oder zwei Schritte vorwärts. Und dann sprang sie.
Schnell. Geschmeidig. Lautlos. Ihr Körper war in Bewegung. Es war ein hoher Sprung, dazu gedacht, ein Opfer ohne eine Sekunde der Vorwarnung niederzureißen. Sie landete auf dem Rücken des Jungen und klammerte sich mit rasiermesserscharfen Krallen an ihn.
Ihre Kiefer schlossen sich um seinen Hals. Das war die Art, wie Panther töteten: Sie bissen das Rückgrat durch.
Der Junge brüllte vor Zorn und Schmerz auf und packte sie, während ihr Gewicht ihn zu Boden riss. Es nutzte ihm nichts. Ihre Krallen steckten zu tief in seinem Fleisch, als dass er sie hätte abschütteln können, und sie biss die Kiefer mit mörderischem Druck zusammen. Ein wenig Blut quoll in ihren Mund und sie leckte es automatisch mit einer rauen, spitz zulaufenden Zunge auf.
Noch mehr Schreie. Vage nahm sie wahr, dass die Vampire sie angriffen, dass sie versuchten, sie wegzureißen, und dass Sicherheitsleute brüllten. Sie ignorierte das alles. Nichts zählte, nur dass sie das Leben unter ihren Krallen nehmen musste.
Ihr Opfer begann plötzlich zu grollen - zu tief für jedes menschliche Ohr, aber für Kelly war das dumpfe Dröhnen sowohl sanft als auch erschreckend laut.
Und dann explodierte die Welt in Qual.
Der Drache hatte sie direkt über der rechten Schulter zu fassen bekommen. Dunkle Energie knisterte in sie hinein, versengte sie. Es war die gleiche schwarze Macht, die er gegen Winnie benutzt hatte, nur dass er Kelly jetzt direkt berührte.
Der Schmerz war schneidend, Übelkeit erregend. Jedes Nervenende in Kellys Körper schien zu brennen und ihre Schulter war eine einzige rote Flamme. Unwillkürlich verkrampften sich ihre Muskeln, ein metallischer Geschmack erfüllte ihren Mund, was sie allerdings nicht dazu brachte loszulassen. Entschlossen hielt sie ihn weiter fest, ließ die Energiewellen durch sich hindurchrollen und versuchte, ihren Geist von dem Schmerz zu lösen.
Das Erschreckende war nicht nur die Macht, sondern das Gefühl des Drachengeistes dahinter. Kelly konnte eine schreckliche Kälte spüren. Einen Kern aus vernunftlosem Hass und Bösem, der in die Nebel der Zeit zurückzugreifen schien. Diese Kreatur war alt. Und obwohl Kelly nicht erkennen konnte, was er von dem gegenwärtigen Zeitalter wollte, wusste sie, worauf er genau in diesem Moment konzentriert war.
Sie zu töten. Das war alles, was ihn interessierte.
Und natürlich würde er Erfolg haben. Kelly hatte das von Anfang an gewusst.
Aber nicht bevor ich dich getötet habe, dachte sie.
Mit Sicherheit waren noch andere Nachtleute in der Shopping Mall. Diese Typen konnten Verstärkung rufen, und sie würden sie wahrscheinlich bekommen.
Du kannst mich ... nicht dazu bringen ... loszulassen, dachte sie.
Sie kämpfte darum, ihre Kiefer zu schließen. Er war viel zäher als ein normaler Mensch. Pantherkiefer konnten den Schädel eines jungen Büffels zermalmen. Im Augenblick konnte sie zwar Muskeln knirschen hören, aber sie konnte ihm nicht den Rest geben.
Halt durch ... halt durch ...
Schwarzer Schmerz ... blendend ...
Sie verlor das Bewusstsein.
Aber nur für einen Moment.
Für Winnie, dachte sie.
Plötzlich erfüllte sie Stärke. Der Schmerz spielte keine Rolle mehr. Sie warf den Kopf zurück und versuchte, ihm das Genick zu brechen, indem sie seinen Hals hin und her riss.
Der Körper unter ihr zuckte krampfhaft. Sie konnte spüren, wie etwas darin erschlaffte, schwächer wurde, dass der Tod nah war. Eine Woge wilden Glücks stieg in Kelly auf.
Und dann nahm sie etwas anderes wahr. Irgendjemand zog sie von dem Drachen weg. Nicht auf die ungeschickte Weise, auf die es die Vampire versucht hatten. Diese Person machte es gekonnt, berührte Druckpunkte, um sie dazu zu bringen, ihre Krallen einzufahren, und bekam sogar einen Finger in ihr Maul, unter die kurzen Vorderzähne zwischen den tödlichen Eckzähnen.
Nein!, dachte Kelly. Aus ihrer Pantherkehle kam ein kurzes, ersticktes Knurren. Sie schlug mit den Hinterbeinen aus und versuchte, der Person die Eingeweide herauszureißen.
Nein. Die Stimme kam nicht durch Kellys Ohren.
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