Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
hat ihm doch, wie fraglos vielen seiner Vorgänger, wenig so geschadet, wenig ihn so unbeliebt gemacht, verhaßt, wie sein permanentes Geldgeheische, zumal bei den diesbezüglich wohl besonders empfindlichen Römern, denen er mit einer Auflage von 30000 Goldgulden – je ein Drittel von Pfaffen, Bürgern, Juden zu bezahlen – noch sehr entgegenkam.
Aber er war gerade, zwei Tage nach seiner Abreise von Rom, am 6. August in Viterbo eingezogen, so sorgte er »zunächst« dafür, »durch umfangreiche Brandschatzungen seine Kassen zu füllen und seine Vorräte zu ergänzen« (Chroust). Und als treusorgender Fürst wählte er bereits sein nächstes Opfer unter den Nachbarstädten aus: Bolsena. Ein beabsichtigter Verrat mißlang, ein Angriff mit Waffengewalt ebenso, und dies obschon Papst Nikolaus V. und seine Kardinäle allen Streitern im Falle ihres Fallens das Paradies versprochen. Denn besaß man auch nicht die Geldberge des Papstes in Avignon, einen Überschuß an geistlichen Gnadenschätzen hatte man wie er, hatte man in geradezu unbegrenzter Menge, sogar gegen ihn selbst. So garantierte Nikolaus am 8. Januar 1329 persönlich als Prediger allen die volle Vergebung ihrer Sünden, die Johann XXII. als unwürdig verworfen.
Wie der Angriff auf Bolsena, so scheiterten auch Attacken auf Orvieto, Imola, Foligno. Todi bot »freiwillig« 10000 Gulden, doch die »Cronaca Sanese« hält dort eine zweimalige Abgabe von je 10000 Gulden fest. Und Papst Nikolaus, nicht minder in dauernder Geldnot, ließ den gesamten Kirchenschatz von San Fortunato mitgehn. Von Lucca forderte Ludwig 93000, von Pisa 100000 Gulden als Kontribution.
Mittlerweile trieb die sizilische Flotte unter dem Kommando von Peter, dem Sohn und Mitregenten König Friedrichs, längs der Küste des neapolitanischen Königreichs dahin. Sein Landungscorps verwüstete die Gegenden, nahm auch den Torre d'Astura und brachte mehr als 150 seiner Verteidiger um. Der fürstliche Kreuzfahrer zerstörte Nettuno, besetzte weitere Küstenpunkte, die Insel Giglio, bevor er in Corneto den Kaiser traf, der sofort bereits zugesagte Subsidien in Höhe von 20000 Unzen Gold verlangte. Doch Peter, der bald danach durch einen Seesturm 15 Schiffe verlor und mit den übrigen nur schwer havariert nach Sizilien kam, wollte erst noch Ludwigs Einfall ins Neapolitanische abwarten, woran doch längst nicht mehr zu denken war. Seine eigenen Soldaten hatten miteinander Händel, andere setzten sich ganz von ihm ab, Ende Oktober über 800 Ritter, dazu ungezählte Fußsoldaten, denen er schon länger keinen Sold mehr gezahlt. Beim Poübergang ließen ihn weitere 600 Mann im Stich. Sein Heer schwand, sein Ansehen, viele Städte schlossen ihre Tore vor ihm. Auch einer nach dem andren seiner italienischen Verbündeten fiel ab, ging zum Legaten, zum Papst über. Die Gesandten der Markgrafen von Este unterwarfen sich in Avignon mit Stricken um den Hals. Viele folgten.
Schließlich versöhnte sich sogar Papst Nikolaus mit ihm, nicht mehr Jacques von Cahors jetzt, der »Ketzer«, sondern die wahre Heiligkeit wieder, der allerheiligste Papst. Vorbei die Zeit blitzender Bannstrahlen, die er, des Kaisers Kreatur, gegen jenen geschleudert, und die Stunde schönster Christendemut da. Am 25. Juli 1330 legte Nikolaus V. vor dem Erzbischof in Pisa seine Papstwürde ab (welch bizarres Paradox!) und wurde wieder Pietro von Corvaro. Genau einen Monat darauf erschien er in Mönchskutte und mit fast obligatorischem Halsstrick in Avignon, wand sich zu des Siegers Füßen, bekannte alle seine Sünden, bekam sie nachgelassen, eine 3000-Gulden-Pension obendrein nebst Wohnung im Papstpalast. Da lebte er noch drei Jahre in natürlich »ehrenvollem« Hausarrest und starb am 16. Oktober 1333. 26
Ludwigs Tod oder »Süeze künigin, unser frawe ...«
Auch der Kaiser war noch zwei Jahre im Süden geblieben und dann nach Deutschland zurückgekehrt – aus einem Chaos ohne Grenzen in eine Ungewisse Zukunft. Hatte doch sein Gegenspieler sich nicht damit begnügt, ihn in Italien zu bekämpfen, sondern auch dauernd seine Macht in Deutschland zu untergraben versucht.
Schon im Herbst 1327 bereitete der Johanniter Petrus von Ungala, Johanns Emissär, von Köln aus einen Staatsstreich vor. Zweimal stand der Termin für eine Königsneuwahl bereits fest, am 31. Mai und am 15. November 1328, ohne daß es dann dazu gekommen wäre. Und als nach dem Tod des Mainzer Metropoliten Matthias der Papst am 11. Oktober 1328 Heinrich III. von
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