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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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vertragen. Ich konnte ihnen beim Aufbau leider keine große Hilfe mehr sein und sie haben sich deswegen ständig beschwert. Ich hätte meinen Nachfolger mitbringen sollen. Aber wenn ich bedenke, wie alt die beiden Böcke nun schon sind, bewegen sie sich noch erstaunlich geschickt.«
    »Du hast also schon einen Nachfolger für dich auserkoren?«, fragte Sapius.
    »Ja, das habe ich und ich bilde ihn seit fünf Sonnenwenden zu einem hoffentlich passablen Seher aus. Er ist etwas begriffsstutzig manchmal und erkennt die Zusammenhänge nicht. Er tut sich schwer damit, das Gleichgewicht zu verstehen. Aber ich will ihn nicht schlechter machen, als er ist. Er ist talentiert und wird sich mit der Zeit schon machen. Du wirst ihn sicher beim nächsten Treffen der Seher und Propheten kennenlernen.«
    »Ist er zu Hause in den Sümpfen geblieben?«
    »Er hütet meine bescheidene Hütte, ja«, lächelte Seta, »ich bin froh, dass ich mal rauskomme und den blutgierigen Mücken für eine Weile entgehe. Sie sind schon eine Plage. Zuweilen schüttelt mich das Fieber von ihren Stichen. Jetzt können sie sich auf meinen Schüler stürzen und sein Blut saugen, während ich mich von ihnen erhole. Das geschieht ihm recht. Vielleicht hilft ihm das Fieber, seine Gedanken zu ordnen.«
    »Ich freue mich, deinen Schüler eines Tages kennenzulernen«, sagte Sapius, »aber sag, Seta, hattest du schon Gelegenheit, dich im Lager umzusehen? Gibt es neue, interessante Gesichter?«
    »Gewiss, gewiss …«, lächelte Seta verträumt und leckte sich mit der Zunge über die spröden, rissigen Lippen, »es sind einige hübsch anzusehende Hexen hinzugekommen. Sehr lecker … ich muss schon sagen …«.
    »Seta!«, rügte Sapius den Seher. »Bist du nicht längst über dieses Alter hinaus?«
    »Für den Anblick und den Genuss schöner Frauen ist man nie zu alt, Sapius«, entgegnete Seta, »das solltest du dir merken und dir auch mal eine Freude gönnen. Das Auge erfreut sich an der Schönheit der Jugend. Wie lange ist es her, seit du eine Frau begehrt hast?«
    »Keine Ahnung …«, sagte Sapius nachdenklich. Seit dem Tod seiner Gemahlin. Das musste eine Ewigkeit her sein.
    »Du weißt es nicht mehr. Das ist kein gutes Zeichen für einen Mann«, nuschelte Seta, »du solltest dir hin und wieder eine Frau suchen, um dich abzulenken. Das befreit den Geist. Dann ginge es dir besser und so manches würde dir leichterfallen.«
    »Das bezweifle ich«, brummte Sapius ärgerlich.
    »Immer noch der alte Zweifler, was? Hm … das ist natürlich deine Angelegenheit. Aber nimm den Rat eines alten Mannes an, mein Freund. Egal wie lange dein Leben dauert, du verschwendest es, wenn du nicht liebst.«
    »Du bist einfach unschlagbar, wenn es um Lebensweisheiten geht, Seta«, verzog Sapius das Gesicht zu einem gezwungenen Lächeln, »hast du einen Rat für einen alten Magier, der nichts mit den Frauen zu tun hat und mir die Zukunft weist?«
    »Ha«, antwortete Seta, »du bist unglaublich. Du weißt genau, dass ich nicht in die Zukunft blicken kann.«
    »Darum geht es nicht. Ich will den Rat eines Freundes, dem ich vertraue.«
    »Das ist lieb von dir«, meinte Seta, »ich kann dir nur sagen, was ich glaube, bald geschehen wird. Die Zeichen und Berichte mehren sich, die auf Sturm stehen. Das totgeglaubte Ell erwacht zu neuem Leben. Es ist schon viel zu lange ruhig auf Kryson. Das beschauliche Leben findet ein jähes Ende. Das Gleichgewicht scheint zu schlafen, aber das täuscht. Es muss sich etwas ändern. Sehr bald schon. Du bist ein sehr mächtiger Mann, Sapius. Auch wenn du das nicht wahrhaben willst. Du und dein Drache werdet eine wichtige Rolle bei der Gestaltung einer neuen Welt spielen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich kenne dich schon beinahe mein ganzes Leben. Du lebst in der Abgeschiedenheit der Wälder Fees, verbringst deine Zeit in der Einsamkeit mit Forschen und Grübeln. Als du mir eines Tages von deiner Vergangenheit auf Ell erzählt hast, habe ich die Trauer und Verzweiflung in deinen Augen gesehen. Aber da war auch noch etwas anderes. Ein Funkeln. Dunkel und hell zugleich. Das Glühen einer Leidenschaft in deinem Inneren, die ich lange nicht einordnen konnte. Streite es nicht ab, natürlich hatte das auch mit der Liebe zu einer Frau zu tun, die du verloren hast. Eine unerfüllte Liebe. Was auch immer du denkst, du wurdest nicht für ein Leben in der Isolation geschaffen. Du bist ein Werkzeug des Gleichgewichts. Du bist ein Schaffender, der nicht zu lange an

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