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Küss den Wolf

Küss den Wolf

Titel: Küss den Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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Tom und ich schüttelte den Kopf. Klar konnte Marc schreiben – ziemlich brillant sogar, wenn ich ehrlich war – aber er hatte sich bislang nicht gerade als Teamplayer hervorgetan. Er war immer nur kurz bei den Sitzungen aufgetaucht, hatte sich ein paar Notizen gemacht oder einen Kommentar abgegeben und war dann wieder verschwunden. Wir vermuteten, dass er seine Tätigkeit hier nur als eine Art Warm-up für die Henri-Nannen-Schule betrachtete, an der er unbedingt studieren wollte.
    »Ich würde mal sagen: Wir geben ihm eine Chance und sehen dann weiter, oder?«, entgegnete ich und tat einen kleiner Seufzer. Tom nickte und wir tranken beide wortlos unsere Cola, bis mein Blick auf die große Schuluhr gegenüber fiel. »Mist, ich komme zu spät! Sorry, aber ich muss jetzt los. Schlimm?«
    »Nö, ich find’s super, alleine in diesen trostlosen vier Wänden zu hocken. Aber wenn’s nicht anders geht.«
    »Bist ein Schatz«, antwortete ich, hauchte Tom einen Kuss auf die Stirn und wollte gerade aus der Tür, als Marc hereinkam. »Bekomme ich auch einen?«, fragte er grinsend, doch ich schob mich statt einer Antwort einfach an ihm vorbei. »Pippa küsst nicht jeden«, hörte ich Tom noch sagen, dann stürmte ich auch schon auf den Hof, um mein Fahrrad aufzuschließen.
    Um halb sieben startete das Testessen in der Zwergen-WG und ich wusste, dass Guido es gar nicht leiden konnte, wenn man zu spät kam. Also radelte ich mit Höchstgeschwindigkeit Richtung Karolinenviertel und parkte kurze Zeit später mein Rad vor der Tür. Gerade als ich klingeln wollte, bog Tinka um die Ecke, pfiff und schwenkte einen Schlüsselbund. Wir umarmten einander und stiegen dann die knarzende Treppe hinauf in den ersten Stock. Dort teilte sich Guido eine Wohnung mit seinem Freund Leander. Max folgte uns fröhlich hechelnd.
    »Mhm, das duftet ja lecker«, freute ich mich, als mir schon im Flur ein herrlicher Geruch in die Nase stieg. Das anfänglich kleine Loch in meinem Magen hatte sich mit einem Schlag in einen großen, gierigen Schlund verwandelt.
    »Und ich hoffe sehr, dass es auch so schmeckt«, antwortete Guido und kam aus der Küche, um uns beide zu begrüßen. Er trug wie immer eine wild gemusterte, mit Flecken übersäte Schürze und hatte sich die Haare mit einem Kopftuch zurückgebunden. Seine Jeans hing auf halb acht – und sein rundes Bäuchlein deutlich sichtbar über der Gürtelschnalle. »Na, was gibt’s denn heute Schönes, Lieblingscousin?«, wollte Tinka wissen und folgte ihm neugierig in die Küche, den am Boden schnüffelnden Max im Schlepptau. »Mit Parmesan gratinierten grünen Spargel, Bio-Kartoffeln und Soja-Bratlinge«, erklärte er stolz und ging an den Herd, um die Veggie-Klopse in der Pfanne zu wenden. »Und als Nachtisch Erdbeer-Tiramisu. Na, was sagt ihr dazu, Leute?«
    »Das klingt toll!«, freute ich mich und inspizierte den Tisch. Dort sah es mal wieder so aus, als hätten Guido und Leander seit Wochen alles darauf abgeladen, was ihnen gerade in die Quere gekommen war: Briefe, Zeitungen, ein Wollschal, eine halb geschälte Orange, Bücher, CDs und vieles mehr. Mechanisch begann ich, alles Überflüssige herunterzuräumen und auf das durchgesessene Sofa aus altrosafarbenem Samt zu stapeln. Doch so chaotisch Guido auch war, so penibel war er in seinem Reich, der Küche. Als gelernter Koch musste er das auch sein.
    »So, jetzt warten wir nur noch auf Lenny, Ju und einen Typen namens Leo«, sagte Guido und rieb sich die Hände in Vorfreude auf das Essen, das er soeben gezaubert hatte.
    »Leo?«, fragten Tinka und ich im Chor, Max bellte.
    »Zwei von uns sind auch schon da«, ertönte es von der Tür und ich drehte mich um. Vor mir standen Leander Dorf (genannt Lenny), ein gut aussehender Schauspieler, sowie Julius Krohnberg, nicht ganz so umwerfend, aber supernett. Ju arbeitete als Texter bei der renommierten Werbeagentur AltvonPlatt gleich um die Ecke. »Hey, lange nicht gesehen, Käppchen«, raunte Lenny mir zu, als er mich umarmte. »War’s denn schön in Frankreich, ma chère?« Ich nickte und umarmte als nächstes Ju, allerdings ein bisschen flüchtiger als Lenny. Der Typ mit den zweifarbigen Augen war mir immer noch ein bisschen fremd, obwohl wir uns schon seit zwei Jahren kannten, nämlich genau so lange er in der Zwergen-WG wohnte. »Ist Johnny D denn heute Abend gar nicht dabei?«, fragte Tinka und wirkte, als Guido verneinte, etwas enttäuscht. Ich hatte immer schon den Verdacht, dass sie ein bisschen

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