Kuess mich, und ich bin verloren
Seite, damit ihr Vater nicht sah, wie durcheinander sie war. Sie schüttelte den Kopf. „Er hat nichts gesagt. Aber er ist ziemlich wütend wegen des Babys.“
„Du hast ihm davon erzählt?“
Clea überlegte genau, was sie nun sagte: „Das war nicht nötig. Er hat es auch so herausgefunden.“
„Wie ich vermute, ist er alles andere als begeistert. Hast du etwas anderes erwartet?“ Ihr Vater selbst hatte vergeblich versucht, sie von der Idee des Babys abzubringen. „Habe ich dir nicht gesagt, das alles ist überhastet, und du sollst es dir noch einmal überlegen? Du hast mir ja nicht geglaubt. Aber jetzt scheint es so, als ob dein Eigensinn nun etwas Gutes hat.“
„Dad …“ Clea konnte nicht weitersprechen. Bitte, bitte, sag nicht auch noch, dass Brand besser nicht zurückgekommen wäre. Das wäre einfach zu viel. Der Streit mit Brand hatte sie sehr aufgewühlt, sogar erschüttert. Und dennoch war sie vor allem unendlich erleichtert, weil er noch lebte.
Rücksichtslos meinte ihr Vater: „Du hättest diesen Mann niemals heiraten sollen. Das war ein Fehler. Du hättest Harry heiraten sollen – er ist einer von uns.“
Einer von uns. Das war es, was ihr Vater all die Jahre gegen Brand einzuwenden hatte: Er ist anders als wir.
Doch Clea war vom ersten Augenblick an von Brand hingerissen gewesen, seit sie ihn bei einer Auktion kennengelernt hatte. Er hatte dort die Münzen begutachtet, auf die sie bieten sollte. Damals war sie noch mitten im Studium, und ihr Vater hatte ihr einen Ferienjob am Museum besorgt. Man schickte sie zur Auktion, um zwei römische Münzen zu ersteigern, und ihre Begeisterung war mit ihr durchgegangen. Bis Brand ihr erklärte, bei den beiden Münzen handele es sich um Fälschungen – weshalb sich auch niemand sonst für sie interessierte.
Brands ganze Erscheinung faszinierte sie, er war groß, attraktiv und von einer beeindruckenden körperlichen Präsenz, wie sie ihr bis dahin noch nie begegnet war. Und seine Argumente überzeugten sie, sein Wissen war über jeden Zweifel erhaben. In ihrer Not versuchte Clea zunächst, den stellvertretenden Kurator des Museums anzurufen, dann Alan Daley und schließlich ihren Vater – alles ohne Erfolg.
Darum entschloss sie sich auf eigene Faust, nicht mitzubieten.
Anschließend lud Brand sie noch zum Lunch ein. Schweren Herzens lehnte sie ab, denn sie musste zum Museum zurück, um ihren Entschluss zu erklären. Als Brand sie daraufhin zum Dinner einlud, war sie überglücklich. Noch vor Ende des Abends hatte sie ihr Herz an ihn verloren. Sie liebte Brand mit all der Vehemenz eines neunzehnjährigen Mädchens.
Donalds Seufzen unterbrach ihre Erinnerungen. „Der Mann hat von Anfang an nichts als Ärger gebracht.“
„Wie kannst du das nur sagen?“ Am Straßenrand stand der Lincoln mit surrendem Motor, aber Clea machte keine Anstalten, einzusteigen. „Gleich am ersten Tag, als ich ihn kennengelernt habe, hat er das Museum davor bewahrt, irgendwelche Fälschungen zu kaufen.“
„Und eine Woche später hatte er dich schon in sein Bett gelockt.“
Dass es nicht mal so lange gedauert hatte, behielt Clea lieber für sich. Sie folgte ihrem Vater, der schon ins Auto eingestiegen war, und sagte: „Und nach einem Monat haben wir geheiratet.“
„Hals über Kopf. Du hättest wirklich eine angemessene Feier verdient.“
„Dad, es war meine Entscheidung.“ In ihrem momentanen Zustand würde sie es nicht ertragen, wenn ihr Vater ihr wieder eine Predigt über Brand halten würde: Brand habe sie nur geheiratet, weil sie eine nicht unbeträchtliche Summe von ihrer Großmutter mütterlicherseits geerbt hatte. „Bitte verschone mich mit deinen Vorwürfen.“ Zumindest heute Abend.
Tränen stiegen ihr in die Augen, während sie aus dem Fenster schaute und die bunten Lichter der Stadt an ihr vorbeihuschten.
„Du wirst doch nicht wegen dem Kerl jetzt noch weinen?“, fragte ihr Vater harsch. „Der Mann hat dich vor Jahren bereits verlassen, er hatte eine Affäre und war im Irak in Gott weiß was für eine Geschichte verwickelt. Du musst dich von ihm trennen.“
Bei seinen gefühlskalten Worten regte sich Trotz in Clea. „Ich weiß nicht.“
„Du hast doch die Fotos gesehen von dieser Frau, die ihre Hände nicht von ihm lassen konnte.“ Donald schnaubte verächtlich. „Reicht das etwa nicht als Beweis? Irgendwann kommst du schon noch an den Punkt, wo du dich nicht mehr länger selbst täuschen kannst.“
Eine Woge der Eifersucht
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