Heißer Ritt in Colorado - Caprice: Erotikserie (German Edition)
Der Alleinunterhalter spielte und sang wie er hieß: Johnny Kasulke. Mit breitem Dauergrinsen malträtierte er die Hammondorgel, schmetterte dazu Schlager wie »Das rote Pferd« oder »Ich hab ’ne Zwiebel auf dem Kopf« und forderte die Gäste dabei mit ungebrochenem Frohsinn zum Mitklatschen auf. Maren wäre am liebsten an den Stromkasten gelaufen und hätte sämtliche Sicherungen herausgedreht. Oder noch besser, sie hätte Kasulke erschossen und damit dem Rest der Menschheit seine weiteren Vorträge erspart. Aber den Mitgliedern der Familie Janson schien sein Auftritt zu gefallen. Alle klatschten und sangen begeistert mit, und Opa und Oma Janson legten sogar eine zittrige Sohle auf den Tanzboden des Gasthauses »Zum Blauen Anker«.
Man feierte den sechzigsten Geburtstag von Marens Onkel mütterlicherseits und das, wie es sich nun mal gehört, mit allen Freunden, den Angehörigen der freiwilligen Feuerwehr sowie den Kumpels vom Fußballverein (Altherrenabteilung), Onkelchens Arbeitskollegen und natürlich der gesamten Familie Janson.
Maren hasste diese massenauftriebigen Veranstaltungen. Unter all den aufgerüschten Menschen kam sie sich mehr denn je vor wie eine Außenseiterin oder, noch besser, wie ein Alien. In ihrem Kopf schrie eine Stimme pausenlos Ich will hier weg! ; ihre sämtlichen Sinne waren auf Flucht programmiert. Und Johnny Kasulke machte das alles nur noch schlimmer und schwerer zu ertragen.
Jetzt stimmte er »Countryroads« von John Denver an. Die meisten der Gäste konnten mit dem »amerikanischen Kram« allerdings nichts anfangen und blieben sitzen. Kasulke trällerte und orgelte weiter »… take me home …«
Zu gerne hätte Maren ihm diesen Wunsch erfüllt. Am besten sofort. Verzweifelt sah sie sich um. Würde es wirklich auffallen, wenn sie auf die Toilette verschwand und von dort … aus dem Fenster … ins Auto und weg …
Im nächsten Moment blinzelte sie ungläubig. Sie presste die Augenlider zusammen, riss die Augen auf, blinzelte … Das Bild blieb! Mit einem Aufschrei fuhr sie von ihrem Stuhl hoch und rannte zum Saaleingang, wo Sophie sich suchend nach ihr umsah. Maren fiel ihr dermaßen stürmisch um den Hals, dass es die weitaus größere und kompaktere Kollegin beinahe von den Füßen riss.
»Huch!« Mit beiden Händen umarmte sie Maren, aber eigentlich nur, um sich irgendwo festzuhalten. »Mon dieu, womit habe ich denn diese Begrüßung verdient? Ah, ja …« Sie nickte als Maren bedeutsam zu Johnny Kasulke blickte. »Verstehe. Der Typ ist die Pest.« Sophie zwinkerte vergnügt. »Soll ich dich hier rausholen?«
»Oh, bitte, ja!« Maren faltete tatsächlich flehentlich die Hände. Ihre Verzweiflung schien übergroß.
»Das trifft sich gut.« Sophie ließ die Freundin los. »Wir fliegen nämlich heute noch nach Denver, Colorado. In Aspen wartet Johnny Winer auf uns. Der Angeber glaubt tatsächlich, seine Erinnerungen seien so interessant, dass er sie aufschreiben lassen muss. Und das Schreiben sollen wir für ihn erledigen.«
Maren runzelte die Stirn. Johnny Winer war nicht unbedingt der Typ Mensch, mit dem man längere Zeit verbringen mochte. Aber alles war definitiv besser als Johnny Kasulke. Und ein Trip nach Aspen allemal interessanter als diese spießige Familienfete. »Wann geht unser Flug?«
»Lori hat nur noch eine Maschine um achtzehn Uhr nach Frankfurt bekommen. Von dort aus geht’s um zwanzig Uhr über den großen Teich.« Sophie grinste fröhlich. »Direktflug nach Denver und anschließend per Lufttaxi nach Aspen.«
»Mir ist alles egal«, behauptete Maren. »Hauptsache, ich komme hier weg und habe Zeit, noch ein paar Sachen zu packen.«
»Dann sollten wir uns beeilen, ma chérie.« Sophie marschierte direkt auf das Ehepaar Janson zu, das an der Tafel saß und der Rothaarigen misstrauisch entgegensah.
Sophie war nicht unbedingt die Person, in deren Gesellschaft das Paar seine Tochter gerne sah. Für Marens Eltern gab sich die junge Französin zu sexy, war, wie Mutter Janson es ausdrückte, einfach zu grell und zu schrill aufgemacht. Sie war froh, dass Maren in Hamburg auch weiterhin ihren sportlich-eleganten Look bevorzugte. Immerhin war sie eine Tochter aus gutem Hause! Ärgerlich genug, dass sie als Sensationsreporterin durch die Weltgeschichte jettete anstatt endlich zu heiraten und eine Familie zu gründen.
Jetzt setzte sie geschwind eine freundliche Miene auf und reichte Sophie die Hand.
»Bonjour«, grüßte Sophie höflich, die lüsternen Blicke
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