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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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verwöhnen, die nicht auf der Karte stehen. Mit den Einkünften aus ihrer freischaffenden Tätigkeit stopft sie die Löcher, die der Herr Gemahl durch seine permanente Pechsträhne ins Familienbudget reißt. Aber der junge Kaltenbeck hat offenbar ein gröberes Problem damit, daß es ihm nicht und nicht gelingen will, die Seinen als Alleinverdiener über die Runden zu bringen und daher auf den körperlichen Einsatz seiner Gattin angewiesen ist. Denn mindestens zweimal die Woche verkündet er lauthals und ziemlich unartikuliert zuerst im Stiegenhaus und danach in der gangseitigen Küche, daß sie, die Gitti, keinen Deut besser sei als seine Mutter, also eine ausgemachte Schlampe, Schnalle und Hure. Und wenn die Gitti dann zum ebenso lautstarken Konter ansetzt, der stets darin gipfelt, daß sie dem Walter um die Ohren haut, daß er ein kapitaler Versager sei, nicht nur am Spieltisch, sondern auch im Bett, und sie, die Kaltenbecks, schon längst verhungert wären, wenn alle Männer solche Schlappschwänze wären wie er, dann mischt sich auch noch der jüngste Kaltenbeck in die Debatte und fordert mit markerschütterndem Greinen und Kreischen Ruhe in der Bude, eine warme Mahlzeit oder das Wechseln seiner vollgeschissenen Windeln.
    Seit die alte Kaltenbeck im Heim und bei mir daheim Baustelle ist, erfahre ich über die Sorgen und Nöte der jungen Kaltenbecks also weit mehr als mir lieb ist.
    Heute zum Beispiel kam der Walter gegen halb fünf nach Hause, also zirka eine Stunde nach mir, und wurde erst nach exakt 27 Minuten Toben im Stiegenhaus von seiner Gitti in die Wohnung gelassen. Noch so eine Nacht der Niederlagen und tröstenden Getränke werde sie sich unter Garantie nicht noch einmal geben, beschloß sie danach hinter dem sperrangelweit geöffneten Küchenfenster, und um ihrem Entschluß Nachdruck zu verleihen, wiederholte sie ihn so lang und immer lauter, bis endlich der jüngste Kaltenbeck zu Plärren anfing, was den Walter auf die Idee brachte, daß er jetzt eigentlich dringend einen Kaffee braucht. Da die Gitti nun aber mit der Zubereitung des Flascherls für seinen Bangert beschäftigt war, beschloß der Walter, sich seinen Kaffee andernorts kredenzen zu lassen, und zog fluchend wieder ab.
    Das war gegen halb sechs. Und dann kehrte für zirka zwanzig Minuten Ruhe ein. Ich will Sie nicht mit einer namentlichen Aufstellung sämtlicher Hausparteien langweilen, die ab Sechs den Tag mit dem morgendlichen Gang aufs Klo beginnen. Aber ich versichere Ihnen: Ich erkenn sie alle und kann sie mittlerweile am Schlurfen bzw. Klappern ihrer Hausschlapfen bzw. Holzpantoffeln identifizieren, an der Heftigkeit, mit der sie die Wohnungstür zuknallen und die Häusltür aufreißen, an ihrem Reiz- oder Raucherhusten und am Knattern, Bullern oder Trompeten ihrer Darmwinde.
    Jetzt haben wir kurz nach halb zehn, ich hab, wenn’s hoch kommt, zweieinhalb Stunden wirklich geschlafen und sollte frohen Mutes auf der Baustelle stehen, um meinen beiden Mitarbeitern als leuchtendes Beispiel voranzugehen. Aber ich fühle mich wie erschlagen und gerädert. Und die beiden Dinge, die zumindest ein wenig Linderung bringen könnten, sind nicht verfügbar.
    Keine warme Dusche. Kein heißer Kaffee.
    Dann unterbricht das Hupen des Chevy den trüben Fluß meiner Gedanken. Das Telefon parkt auf der Umzugskiste mit den Trinkgläsern und dem Kaffeegeschirr, weil sein Dauerparkplatz auf dem Beistelltischchen neben der Bettbank vollgeräumt ist mit Abflußreiniger, Insektenspray, Spülmittel und anderen hochgradig umweltfeindlichen Haushaltschemikalien.
    „Ostbahn“, sage ich in das Dach des Chevy, und weil diesmal der Hustenanfall ausbleibt, auch noch: „Was gibt’s?“ „Morgen, Kurtl.“ Es ist der junge Herr Axel, die verläßlichere Hälfte meines Bautrupps. „Bist eh schon auf?“ „Frisch und munter. Und selbst?“
    „Naja. Mein Handy spinnt“, sagt Axel und macht dann eine längere Pause. Im Hintergrund rollen Autobusse, Sattelschlepper oder Panzer vorbei. „Ich bin jetzt in der Telefonzelle. Am Hietzinger Kai. Bei der Auhofstraße. Weil wir haben ein Problem, der Ronnie und ich.“
    „Klingt so“, sage ich. „NATO-Manöver, oder was?“ „Glaubst, könntest du vorbeikommen?“ sagt Axel.
    „Ich vorbeikommen?“ frage ich, weil doch eigentlich die Herren Ronnie und Axel seit gut einer Stunde bei mir sein sollten, um den Linoleumboden aus der Kaltenbeck-Küche zu reißen.
    „Das wär echt super, Kurtl, weil wir stecken da ganz

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